"Gesunder Menschenverstand"

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  • Jetzt kommt dieser unsäglich dumme Ausdruck sogar in einem Titel vor. Für mich bedeutet IMMER: wer diesen Ausdruck braucht, ist von sich und seiner Meinung derart überzeugt, dass er sich allen anderen Argumenten verschliesst, also absolut unbelehrbar, stur und besserwisserisch ist. Wer diesen Ausdruck für sich braucht, den kann ich nicht ernst nehmen.

  • woraus ich jetzt automatisch schliesse, dass sie das thema gar nicht diskutieren möchten?

    weil mich das alles als mutter von 2 jungen erwachsenen mitte 20 interessiert, würde ich gerne weitere meinungen lesen. beim überfliegen des themas teilte es sich für mich in 2 teile auf. der erste teil ist die überwachung aus der luft, die mit den technischen hilfsmitteln erst seit kurzem möglich ist. als meine kinder vor ca. 10 jahren ihre ersten handys bekamen, fand ich es auch toll, sie jetzt fast jederzeit und überall erreichen zu können. beim anderen teil, der m.e. beim beobachter-artikel nicht genug zum tragen kommt, geht es um die förderung durch nachhilfe. in den deutschen artikeln zum buch wird davon gesprochen, dass mütter ihre halbtags-jobs aufgeben, um den kindern die "nötige" unterstützung zu geben. das ist der punkt, der mir fast noch wichtiger scheint als der erste. wenn kinder nur lernen, wenn sie dabei überwacht werden, finde ich persönlich das nicht gut. lernen soll das kind doch aus eigenem antrieb und eigener neugierde. vielleicht ist das schul-system in der schweiz ja auch noch "besser" als das deutsche. aber was glaubt ihr, wie und wann ist förderung sinnvoll?

  • Hallo just me,

    ich bin derselben Meinung wie du, dass lernen freiwillig erfolgen sollte und Hilfe zum Lernen nur dann gegeben werden sollte, wenn es das Kind auch wünscht. Leider ist der gesellschaftliche Druck auf die Eltern mittlerweile so hoch, dass viele meinen, nur mit einer Matura kommen die Kinder weiter und werden in der Gesellschaft bestehen und später auf eigenen Füssen stehen könnnen und ein angenehmes, finanziell sorgenfreies Leben führen können.Dementsprechend gross ist auch die Erwartungshaltung vieler Eltern und sofern man es sich irgendwie leisten kann, tut man alles, "um dem Kind ein besseres Leben" zu sichern oder jedenfalls den vermeintlichen Start dazu.

    Wir haben hier in der Schweiz eigentlich ein sehr gutes Schulsystem, das zwar sicher noch verbesserungswürdig und ausbaubar ist, aber hier haben im Gegensatz zu vielen europäischen Nachbarländern mehr Kinder Aussicht auf einen Abschluss auf Umwegen. So wird man auch Spätzündern gerecht oder Kindern, die einfach durch diverse andere Probleme mehr Zeit dafür brauchen, ihr persönliches Ziel zu finden.

    Förderung besteht für mich nicht darin, dass ich meinem Kind meine Erwartung aufdränge, sondern dass ich versuche, meinem Kind die Zeit zu ermöglichen, die es dazu braucht, um seinen Weg zu finden. Sollte es dabei auch andere Probleme geben, die z.B. das Lernen behindern, so gebe ich ihm die Zeit, vielleicht durchaus auch mit professioneller Hilfe, um das Manko aufzuarbeiten.

    Aber mir ist auch klar dabei, dass alle Hilfen nutzlos sind, sofern mein Kind kein Interesse daran hat, seine Situation zu verbessern. Das vergessen leider viele Eltern und übertragen den Druck der Umwelt oder ihre eigenen Erwartungen auf das Kind.

    Darum eine Gegenfrage: Wann oder ab wann, ab welchem Alter darf, soll oder kann das Kind selbst entscheiden, welche Hilfe es annehmen möchte?

    Ab wann ist eine Hilfe, z.B. Nachhilfe in Mathe eine "aufgedrängte" Hilfe?

    Ich denke einfach, man kann es weder pauschal beurteilen, noch pauschal verurteilen, sondern sollte den Einzelfall sehen. Für manche Kinder ist Nachhilfe oder eine gewisse Lernförderung nichts weiter wie Zwang, um eine bestimmte Rolle zu erfüllen, für andere ein Segen, denn ein Sitzenbleiben würde hätte auch soziale Folgen und eine weitere Stigmatisierung zur Folge.

    VG, Franzi

  • hallo franzi,

    danke sehr für deine antwort. meine kinder sind ja auch dem (grund) schulsystem jetzt schon ein paar jahre raus. aber irgendwie verstehe ich nicht, woher der druck auf die eltern kommt? als mein sohn damals eine lehrstelle suchte, waren absagen mit der aussage, dass mehr als 100 bewerbungen eingegangen seien an der tagesordnung. dieses jahr war nun das erste jahr in dem es mehr lehrstellen, als schulabgänger gab, was in meinen augen die aussicht eine gute lehrstelle zu finden enorm vergrössert. klar wünscht man als eltern, dass die kinder sorgenfrei leben können, aber warum um alles in der welt, soll das nur noch mit einer matur gehen? seit einigen jahren hat man ja nun mit der berufs-matur die möglichkeit, sich diese auch in einer lehre zu erwerben.

    den satz mit dem schweizer schulsystem lese ich immer wieder durch und frage mich, ob ich den wirklich richtig verstehe. mir sind im schweizer schulsystem leider absolut keine umwege bekannt. im gegensatz z.b. zu deutschland, wo sich der hauptschulabschluss und auch die mittlere reife problemlos nachholen lässt.

    mir ist immer noch nicht klar, woher der druck kommt. von jüngeren müttern höre ich z.b. von der lernzielbefreiung. es soll ja, zumindest im kanton aargau, keiner mehr "sitzen bleiben" können. ob ich das nun gut finde oder nicht, steht auf einem anderen blatt ...... mir geht es an dieser stelle um den druck. in meinen augen wird die schule immer mehr zur farce. es kann jeder machen wozu er lust hat, oder auch nicht. und trotzdem heulen alle, dass der druck so gross ist. wenn du mir das erklären könntest, wäre ich dir echt dankbar ;)

    in meinen augen ist die hauptaufgabe der eltern, den kindern die freude am lernen zu vermitteln. wenn das gelingt ergibt sich der rest eigentlich von selbst. und natürlich soll die freude am entdecken auch nicht erst im kindergarten oder in der schule beginnen.

  • Hallo just me,

    es ist nicht einfach, zu erklären, woher der Druck kommt, denn ich bin nicht persönlich betroffen, d.h., ich habe es ebenfalls nie ganz verstanden, warum sich viele Eltern so sehr unter Druck gesetzt fühlen. Ich versuche mal zu vermitteln, was ich oft aus Elterngespächen erfahre. Viele Eltern haben leider die Meinung, dass nur noch mit Matura und Unistudium ein "besseres" Leben erreicht wird. Bei uns gibt es eben auch die Berufsmatura, (die gibt es in vielen EU-Ländern z.B.nicht, ebenso gibt es in vielen Ländern keine richtige Lehrausbildungen mit Abschluss (in den USA z.B.), man kann hier auch von der Sek mittels einem Anschlussjahr noch auf die Matura aufspringen. Insgesamt also eine doch ganz komfortable Lage, oder? Was ich aber immer wieder feststelle: viele Eltern sind nur ungenügend über die verschiedenen Möglichkeiten informiert, so können sie den eigenen Druck und die eigenen Vorstellungen auch nicht ablegen.

    Ein anderer Druck ist der gesellschaftliche Druck. Es wertet Eltern auf, wenn ihre Kinder die Matura machen. Viele empfinden sich als keine gute Eltern, wenn das Kind "nur" eine Lehre macht oder die Matura nicht schafft.

    Es macht sich aber inzwischen auch eine andere Angst breit: dadurch, dass es soviele Integrationsmöglichkeiten auch für schwächere Schüler gibt, haben viele Eltern Angst, dass ihr vermeintlich kluges Kind auf der Strecke bleibt oder aber die Qualität der Ausbildung sich an einem allgemein tieferen Niveau orientiert. Das Harmos -Projekt, das sich jetzt schon über wieviele Jahre? hinzieht und zwischenzeitlich einfach nur verschiedene Methoden auf dem Rücken unserer Kinder ausprobiert wurden, trug sicher auch nicht zur Beruhigung der Eltern bei, sondern verunsicherte eher mehr.

    Du schreibst, bei deinem Sohn waren 100 oder mehr Lehrstellenbewerber auf eine Lehrstelle an der Tagesordnung, ich denke, genau das ist aber auch einer der massgebenden Hauptgründe für die Angst der Eltern und den Druck, den sie sich selbst deswegen aufbauen. Wenn du dich rückversetzt in deine Anfangszeit, hast du da auch schon über 100 Bewerbungen für eine 1. Arbeitsstelle schreiben müssen?

    Die Eltern können immer nur von eigenen Erfahrungen ausgehen und zu ihrer Zeit war es wesentlich einfacher, eine Lehrstelle oder einen Arbeitsplatz zu bekommen. Der heutige Konkurrenzkampf, der schon in der Schule anfängt, macht vielen Zukunftsängste für die spätere Sicherheit ihrer Kinder.

    Einen anderen Aspekt möchte ich noch erwähnen: es gibt immer mehr Eltern, die ihren Kindern nicht mehr erlauben oder ermöglichen können, krank zu sein. Ich bin um Himmelswillen kein Impfgegner oder Medikamentenhasser, wir haben immer versucht, den "gesunden Menschenverstand" walten zu lassen (auch wenn Luethi Ernst den Begriff nicht mehr hören kann;) Da heute oft und mehr Eltern beide arbeiten müssen, es auch mehr Alleinerziehende gibt, wirft eine Erkrankung des Kindes oft den gesamten Familienplan durcheinander. Ein krankes Kind zu Hause braucht Betreuung, aber wie die gewährleisten, wenn beide Eltern trotzdem arbeiten müssen? Auch das macht den Familien Druck.

    Ich gehe davon aus, dass die meisten Eltern Kinder aus Freude am Nachwuchs bekommen. Aber der eigene oft tägliche Konkurrenzkampf erzeugt auch in den Familien Stress und oft wird er leider weitergegeben.

    Man könnte sicher noch andere Gründe dafür finden, warum sich viele Eltern so unter Druck gesetzt fühlen, aber ich denke, es reicht fürs erste.

    VG, Franzi

  • Der Artikel über die Helikoptereltern spricht mir, einer Mutter zweier wilder, lebhafter und neugieriger Kinder, sehr aus dem Herzen! Wie sollen Kinder den korrekten Gebrauch von Messer und Schere lernen, wenn sie dies nicht dürfen und ihnen ständig und überall Verantwortung, Aufgaben und Entscheide abgenommen, ihnen Steine, Hürden und Hindernisse aus dem Weg geräumt werden? Das Zusammenleben mit Kindern ist ein ständiges Loslassen, immer mehr und immer weiter - bis die lieben Kleinen dann mal ausziehen werden. Das erste Mal loslassen und ablösen tun wir übrigens unmittelbar nach der Geburt mit dem Durchtrennen der Nabelschnur… Überbeschützende Eltern erweisen ihren in Watte gepackten und dauerüberwachten Kindern einen Bärendienst und bremsen sie in der gesunden Entwicklung. Zu einem normalen Kinderleben gehören Stürze, aufgeschlagene Knies, blaue Flecken und Schürfwunden dazu wie Siege und Niederlagen, Erfolge und Misserfolge. Kinder sollen doch noch Kinder sein dürfen, unbeschwert rumtoben, spielen, streiten, sich versöhnen etc, ohne dass wir Eltern uns dauernd einmischen! Was gibt es Schöneres, als strahlende, lachende, zufriedene Kinder, welche abends nach Spiel und Spass draussen total verzaust, verdreckt, verschwitzt, mit geröteten Wangen, überglücklich und hundemüde nach Hause kommen? Eltern müssen sich unbedingt einen Ruck geben, über ihren Schatten springen und ihren Kindern mehr zutrauen. Denn diese können oft tatsächlich viel mehr als vermutet. Mehr Vertrauen in die Kinder stärkt deren Selbstvertrauen! So und mit der nötigen Vorsicht/Kontrolle (Medikamente/Alkohol wegsperren, Helm auf im Strassenverkehr) wachsen die Kinder zu mutigen, starken, glücklichen, selbstständigen und selbstbewussten Mitmenschen heran!