Wie eine demente Person drauf ansprechen?

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  • Hallo, meine Mutter wird 80ig. Schon länger hat sie Mühe mit dem Kurzzeitgedächtnis. Nun wird es aber schlimmer und es fällt auch allmählich im weiteren Umfeld/Bekanntenkreis auf. Mein Vater und ich getrauen uns nicht sie darauf anzusprechen. Sie ist eine sehr stolze Person und würde ziemlich sicher ungehalten reagieren. Hat jemand Erfahrung, wie da am besten vorzugehen ist? Mir geht es darum, rechtzeitig zu handeln. In der frühen Phase gibt es Medikamente, die die Situation etwas bessern können. Es ist auch für meinen Vater schwierig, vor allem im sozialen Umfeld.

    Vielen Dank und Gruss! Esmi

  • Hallo Esmi,

    Ich kann Dir nachfühlen. Mein Vater litt 6 Jahre an Alzheimer. Ich habe mich dann in einem Demenzzentrum beraten lassen. Es ist wichtig, dass man Hilfe erhält. z.B. sollte man diesen Menschen nie widersprechen - sonst werden sie unsicher. Am besten sagt man ja ja es ist schon in Ordnung.

    Mein Papa bekam vom Hausarzt gute Tabletten, damit konnte er ein FAST normales Leben führen. Diese Tabletten sind aber nur für etwa 2 Jahre nützlich. Nachher ging es dann rapid abwärts. Wir mussten Papa in ein Heim geben. (Demenzzentrum). Normale Altersheime nehmen keine Alzheimerpatienten. Mein Vater war 2 x in einem Altersheim in den Ferien, aber er lief immer weg und sie mussten ihn suchen gehen.

    Uebrigens der Hausarzt wollte mir nicht glauben, dass Papa Alzheimer hat. Er hat es nicht bemerkt. Papa konnte die Krankheit lange geheim halten. Aber er machte dann plötzlich komische Sachen. Er verwechselte Tag und Nacht. Wollte morgens um 01.00 Morgenessen einnehmen. Für die Angehörigen ist alles schwieriger als für den Patienten selber.

    Ich habe längere Zeit beim Forum http://www.alz.ch mitgemacht. Dort erhielt man gute Ratschläge auch von Fachleuten. Es gibt übrigens Treffen in jedem Kanton wo man mit oder ohne Alzheimerpatient hingehen kann. Sie organisieren auch Ferien in der ganzen Schweiz.

    Ich finde das eine gute Sache. Man ist dann nicht sooooo hilflos.

    Auch würde ich mit der Pro Senectute Kontakt aufnehmen. Die haben einen Entlastungsdienst.

    Vergesst nicht frühzeitig die Hilflosenentschädigung anzumelden. Das Formular gibt es auch bei der Pro Senectute oder beim Hausarzt.

    Mein Vater war beim Eintritt ins Heim auf Pflegestufe 3, innerhalt eines Jahres ging das auf Pflegestufe 12.

    Auf alle Fälle wünsche ich Euch viel Geduld. Liebe Grüsse Perrine



  • (....) Sie ist eine sehr stolze Person und würde ziemlich sicher ungehalten reagieren. Hat jemand Erfahrung, wie da am besten vorzugehen ist? (...)



    Hallo Esmi

    es gibt da einen hervorragenden "Erfahrungsroman" der dir sehr gut weiterhelfen dürfte: Arno Geiger – Der alte König in seinem Exil. Wohl ist es ein Mann, der an Alzheimer leidet und sein Sohn, der erzählt, was alles Sache war und wie sie damit umgingen. Aber ich bin mir sicher, du wirst vieles aus dem Buch ziehen und du wirst dich erst noch sehr gut unterhalten damit: Es ist ausserordentlich gut geschrieben.

    Alles Gute und viel Zuversicht wünsche ich dir!

  • Danke Perrine und skip intro. Es hat mich gefreut, dass ihr mir entsprechende Tipps und Mitgefühl gegeben habt. Meine wichtigste Frage bleibt aber, wie spricht man die betroffene Person darauf an?

    Lg, Esmi

  • Hallo Esmi,

    Das ist ein schwieriges Kapitel. Wir haben nie mit Papa darüber gesprochen. Er ging dann schon zum Arzt und bekam Tabletten.

    Einmal als wir ihn hüteten erklärte er mir dass diese Tablette für Vergesslichkeit sei und die andere für Parkinson etc. etc. Komischerweise konnte er noch recht lange jassen. Auch machte er selbständig Reisen mit dem GA. Wir waren zwar wie auf Nadeln. Aber anbinden konnten wir ihn nicht. Es ist eine schwierige Zeit. Wir haben wahrscheinlich alle mehr gelitten als er. Wir wollten ihn einmal in der Memoryklinik abklären lassen. Aber der Hausarzt riet uns davon ab. Eines Tages sagte er dass er in die Alzheimerferien gehe mit seiner Lebenspartnerin. Von diesen Ferien erzählte er aber nie. Am Schluss wollte er sogar selber ins Pflegeheim eintreten. Wir hatten das Gefühl, dass es ihm dort recht gut gefiel. Er musste nicht mehr Theater spielen. Auf alle Fälle würde ich Eure Mutter so bald wie möglich in einem Heim anmelden. Sie muss es ja nicht erfahren. Gruss Perrine

  • Hallo Esmi

    Warum denkst du an Demenz? Könnten es auch Altersdepressionen bzw. „Pseudodemenz“ sein?

    http://www.tagesanzeiger.ch/ku…erreagiert/story/26453234

    Unser Wissen über Demenz ist sehr rudimentär. Wenn aber jemand Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis hat, scheinen wir sofort zu wissen, dass es sich um Demenz handelt. Ärzte sind da viel vorsichtiger. Die selber betroffene Person – hier deine Mutter – ist dank den Medien wahrscheinlich auch annähernd auf unserem Wissensstand bezüglich dieser Krankheit. Wir machen eine Laien-Diagnose und sie macht eine Laien-Selbstdiagnose. Unsere Diagnose löst bei uns bereits ziemlich grosse Angst aus. Bei der selber betroffenen Person wird die Angst wahrscheinlich um ein Vielfaches grösser sein. Wenn wir aber vor etwas Angst haben, ist das Risiko gross, dass wir unweigerlich darauf zusteuern. Das ist wie wenn wir in einer Allee ins Schleudern geraten und uns auf die vielen Bäume konzentrieren anstatt auf die viel grösseren Lücken dazwischen. Wir treffen bestimmt einen Baum. So könnte es möglich sein, dass eine kranke Person alle ihr bekannte Symptome einer Demenz zeigt und wir alle uns bekannten erkennen. Und es liegt doch keine Demenz vor. Vielleicht eine heilbare „Pseudodemenz“?

    Deshalb:

    • Hütet euch vor diesem Teufelskreis

    • Versucht dass deine Mutter dem Hausarzt oder besser einem Facharzt (Psychiater oder Neurologen) vertraut! Wie alt ist dein Vater? Könnte er als gutes Beispiel vorangehen und sich selber abklären lassen?

    Siehe auch hier im Selbsthilfeforum:

    http://www.beobachter.ch/foren…mforum_pi1%5Btid%5D=22557

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    Ich freue mich auf jede konstruktive Meinung von dir.

    Insbesondere auf jene der ehrlich-witzigen und/oder kritisch-konstruktiven Art.

  • Liebe Perrine

    Danke nochmals. Ja, eben diesen Schritt zum Arzt wäre gut. Dann könnte auch genauer abgeklärt werden, ob es Behandlungsbedarf gibt, oder nicht. Aber eben, kann meiner Mutter nicht gut sagen, weshalb sie zum Arzt soll. Vielleicht muss ich einfach akzeptieren, dass es so kommt wie es kommt. Schliesslich ist sie ja schon bald 80ig und an irgendwas stirbt man dann halt mal.

    Gruss, Esmi

  • Danke C-O-R-A. Ja klar, weiss ich das nicht wirklich. Darum wäre ich froh, wenn sich meine Mutter ärztlich abklären liesse. Aber wie ich vorhin schon Perrine geschrieben habe, vielleicht einfach akzeptieren, dass der Verfall halt mal kommt.

    Gruss, Esmi

  • Hallo Esmi,

    Sprecht auf jeden Fall mit dem Hausarzt. Euer Vater sollte auch am gleichen Strick ziehen. Vielleicht kann euer Vater einmal den Arzt aufsuchen in nächster Zeit. Die Mutter sollte ihn dann begleiten. So ergibt sich vielleicht ein Gespräch mit der Mutter.

    Viele demente Personen haben das Gefühl sie seien nicht krank. Alle andern "sind vergesslich oder haben nicht mehr alle Tassen im Schrank".

    Es ist sicher schwierig mit der Mutter zum Arzt zu gehen "ohne Grund" Ihr fehlt ja nichts! Für eine Grippeimpfung ist es noch zu früh. Wichtig ist einfach dass die Mutter die nötigen Medikamente bekommt. Diese würden Euch helfen die nächsten 2 Jahre zu überstehen ohne dass sie ein Heim muss.

    Gruss Perrine

  • Hallo

    Sind Sie sicher, dass es sich bereits um Demenz handelt? Ich erlebe im Moment Ähnliches mit einer guten Freundin (77) von mir. Bei ihr wurde ein akuter Natriummangel diagnostiziert, der ebenfalls solche Symptome hervorrufen kann.

    Liebe Grüsse

    Hela

  • Es gibt keine Formel die für alle PatientientInnen gilt. Zu empfehlen ist, mit dem "Hausarzt" einmal darüber zu sprechen und zwar ohne dass die Mutter dabei ist. Der geriatrisch erfahrene Arzt wird die Mutter dann wahrscheinlich direkt darauf ansprechen, z.B. Fragt er: Frau X haben Sie Probleme mit der Vergesslichkeit? PatientInnen, die ihre geistigen Defizite schon erkannt haben, sind im allgemeinen sehr dankbar, wenn sie sich nicht mehr "verstecken" müssen. Es ist ihnen schließich ja unangenehm, dass die anderen merken könnten, dass etwas nicht ganz stimmt. Ich kann Sie einladen bei meinem blog www.aelterwerden.eu vorbeizuschauen, dort finden Sie bestimmt interessante Infos.

  • Lieber "Echterdoc"

    Die Realität ist, dass der Hausarzt ohne Einverständnis und freiwilliges Erscheinen der betroffenen Person, nicht wirklich was machen kann. Klar, kann er anlässlich eines anderen Termins danach fragen. Aber wenn der Patient nicht drauf eingeht, dann sind auch ihm die Hände gebunden. Falls Sie ein echter Doc sind, dann wissen Sie sicher, wie bei einem Arzt geflunkert wird. Wenn er den Patienten sogar mit Nachfragen nerven sollte, dann schwupps, wird ein anderer Arzt gesucht. Kurz und gut: es geht nur über einfühlsames Vorgehen als direkte Angehörige. Unschöne Details lieber weglassen. Motivieren, dass dies in einem entsprechenden Alter normal sein kann und die doch relativ teueren Ginkopräparate, vom Arzt verschrieben werden können. So habe ich es gottlob doch noch geschafft. Hat mich aber viel Zeit und Nerven gekostet. Lieben Dank nochmals allen für die geschätzten Meldungen. Esmi

  • WER GINKOPRÄPARATE EINNIMMT IST NICHT DEMENT!

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