Nachtdienst ab Ü50

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  • Grüezi

    Seit mehr als 8 Jahren, arbeite ich Schicht und Nachtdienst in einem Call-Center.

    Die Nachtdienststunden werden mit +6.50 Frs pro Std "entschädigt"

    Nun bin ich über 55 Jahre alt und möchte keinen Nachtdienst mehr leisten: Ich erhole mich fast nicht mehr von dem unregelmässigen Schlaf-, Ess- und Arbeitsrythmus.

    Ich habe dies mit meinem Vorgesezten und mit meinem Chef besprochen. Nachdem sie beide zuerst Verständnis zeigten, sind sie doch zum Schluss gekommen, dass ich doch Nachtdienst machen MUSS.

    Gibt es ein Gesetzt, dass Leute ab 50, nicht mehr gezwungen werden Nachtdienst zu leisten?

    Eine andere Stelle zu finden, ist in diesem Alter fast unmöglich.

    Danke für Ihre Ratschläge und Ihre Antworten

  • Wenn Sie in der Schweiz arbeiten, sollten Sie zuerst in den Artikel 1 bis 4 des Arbeitsgesetzes (ArG) überprüfen, ob das Arbeitsgesetz überhaupt auf das Unternehmen bzw. die Funktion anwendbar ist, in der Sie arbeiten.

    Anschliessend sollten Sie in Artikel 10 ArG nachschauen, was als Nachtdienst gilt.

    Artikel 17 Absatz 6 ArG: Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer ohne dessen Einverständnis nicht zu Nachtarbeit heranziehen.

    http://www.admin.ch/opc/de/cla…ation/19640049/index.html

    Zudem sollten Sie sich Ihren Arbeitsvertrag und wenn darin auf einen Gesamtarbeitsvertag verwiesen wird, den Gesamtarbeitsvertrag anschauen. Überstundenarbeit ist in Artikel 321c OR geregelt.

    Artikel 328 Absatz 1 OR: Der Arbeitgeber hat im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen.

    Artikel 328 Absatz 2 OR: Er hat zum Schutz von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes oder Haushaltes angemessen sind, soweit es mit Rücksicht auf das einzelne Arbeitsverhältnis und die Natur der Arbeitsleistung2 ihm billigerweise zugemutet werden kann.

    http://www.admin.ch/opc/de/cla…ation/19110009/index.html

    Allerdings sollten Sie bedenken, dass Ihr Arbeitgeber Sie unter Einhaltung der Kündigungsfrist jederzeit ohne einen Grund haben zu müssen kündigen kann, wenn Sie Ihre Rechte einfordern. Wie Sie erwähnt haben, ist das Risiko hoch, dass Sie dann lange Zeit keine andere Stelle mehr finden.

    Das Arbeitsrecht in der Schweiz bietet keinen wirksamen Schutz gegen Rachekündigungen des Arbeitgeber, wenn ein Arbeitnehmer seine Rechte einfordert. Solange eine Mehrheit bürgerliche Parteien wählt, wird sich daran wohl auch nichts ändern.

  • Das Schweizer Arbeitsrecht bietet nicht nur, (wie Sozialversicherungsberater richtig schreibt) keinen Schutz gegen eine Rachekündigung, sondern generell gegen jede Art von Kündigungen. Jedem Arbeitnehmer kann jederzeit ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt werden. Ist der Arbeitnehmer krank, hat Unfall, oder ist im Militärdienst, verzögert sich einfach die Dauer nach hinten.

    Es ist schon klar, dass sich die bürgerlichen Parteien für diese Regelung einsetzen, aber jeder Arbeitnehmer hat das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren, das heisst einem Verband wie dem VPOD dem VHTL oder dem SKV beizutreten, dort würde ihm im Kündigungsfalle geholfen, oder einen Anwalt gestellt.

    ABER schaut mal wie viele Verkäuferinnen oder andere Niedriglohn Arbeitnehmerinnen organisiert sind, und es ist schon so, die Schwächsten trifft es immer zuerst.

    silberrugge

  • Ich denke, Sozialversicherungsberater und Silberrugge haben den Nagel auf den Kopf getroffen. Entscheidend ist nicht die Rechtslage sondern wer am längerem Hebel sitzt. Du schreibst ja selbst: Mit über 50 ist es verdammt schwer, einen anderen gleichwertigen Job zu finden.

    Ich mache auch (gelegentlich) Nachtdienste und das vereinbart sich ganz schlecht mit meinem Familienleben. Selbst wenn ich mich dagegen vielleicht rechtlich wehren könnte, kann ich es aufgrund der Machtverhältnisse nicht. Friss Vogel, oder stirb!

    conchita dixit



  • ...

    Du schreibst ja selbst: Mit über 50 ist es verdammt schwer, einen anderen gleichwertigen Job zu finden.

    Ich mache auch (gelegentlich) Nachtdienste und das vereinbart sich ganz schlecht mit meinem Familienleben. Selbst wenn ich mich dagegen vielleicht rechtlich wehren könnte, kann ich es aufgrund der Machtverhältnisse nicht. Friss Vogel, oder stirb!

    conchita dixit



    Danke für Ihre Antworten.

    Es scheint so, als müsste ich in diesen recht sauren Apfel weiterhin beissen... und die Hoffnung an einen neuen Job nicht aufgeben.

    Von einem "Sozialleben" kann ich fast nur tröimen: meine Dienste sind mehrheitlich bis Mitternacht oder eben: Nachtdienst. Man lebt neben dem Leben vorbei, und hat gar keinen Rythmus meh... man vereinsamt fast und die Gesundheit, inkl die Psyche, leidet.

  • @SVB und silberrugge

    Jeder Arbeitnehmer hat einen Arbeitsvertrag abgeschlossen, mündlich oder schriftlich. Darin ist eine Kündigungsfrist explizit vereinbart oder es gilt das OR.

    Weshalb sollte ein Arbeitgeber nicht das gleiche Recht haben, einem Arbeitnehmer zu kündigen, wie der Arbeitnehmer umgekehrt das gleiche Recht für sich beansprucht. Wollen Sie Zustände wie in Deutschland, wo Menschen teilweise "unkündbar" sind?

    Und wenn Sie nun noch politisch argumentieren, so bitte ich Sie doch höflich, den Willen des Volkes zu respektieren.

  • Habt Ihr keinen GAV (Gesamtarbeitsvertrag) darin würde praktisch alles geregelt, so könnte darin stehen, dass Ü50 nur maximal 5 Tage Nachtschicht arbeiten müssten, und ab Ü60 gar keine Nachtschicht mehr geleistet werden darf..

    Oder, dass nach 5 Tagen Nachtschicht, zwingend 72 Stunden Ruhezeit einzuhalten sind.usw.

    Aber wo kein Kläger ist kein Richter, jeder der in einem solchen Betrieb arbeitet, denkt das mache ich nur kurze Zeit, was interessieren mich die Umstände, und für manchen ist das dann die einzige Arbeitsstelle, weil es nichts anderes mehr gibt.

    Sehe es auch so, dass Du am kürzeren Hebel sitzt, vielleicht bringt ein Gespräch mit dem Dienstplaner etwas, aber mache Dir keine zu grossen Hoffnungen..

  • Danke für Ihre Antworten.

    Es scheint so, als müsste ich in diesen recht sauren Apfel weiterhin beissen... und die Hoffnung an einen neuen Job nicht aufgeben.

    Von einem "Sozialleben" kann ich fast nur tröimen: meine Dienste sind mehrheitlich bis Mitternacht oder eben: Nachtdienst. Man lebt neben dem Leben vorbei, und hat gar keinen Rythmus meh... man vereinsamt fast und die Gesundheit, inkl die Psyche, leidet.

    Guten Abend Sunny,

    Ich arbeitete auch einige Jahre im Call Center (hier war ich um die 40) und zuvor im Versand ca. 5Jahre (war zwischen 29 und 34 Jahre alt). Es waren verschiedene Unternehmungen.

    Auch bei mir hiess es ähnlich, dass es nicht ginge. Allerdings fügten die Vorgesetzten und die „Einsatzplaner“ (bewusst oder unbewusst) mündlich folgendes hinzu. „Der Einsatzplan kann nicht geändert werden. Allerdings besteht die Möglichkeit zum Schichtentausch zwischen den Kolleginnen und Kollegen. Die „Tauschpartner“ müssen freiwillig damit einverstanden sein. Dann können Sie eine Mutation vornehmen lassen.“ Es gab allerdings einen Haken bei diesen Schichtmutationen: Der Arbeitnehmer welche die ihm zugeteilte Schicht nicht antreten wollte, musste jedes Mal einen Kollegen oder Kollegin suchen, der bereit war den Tausch umzusetzen.

    Ich weiss nicht wie es bei Ihrem Arbeitgeber bzw. in Ihrem Arbeitsvertrag geregelt ist, aber ich hatte das Glück, einerseits eben dass man den Schichttausch ausführen „durfte“ (tolerierte) und andrerseits waren sehr viele Kollegen und Kolleginnen im Betrieb, die NUR des Nachts arbeiten wollten, aber vielfach den Tagesschichten zugeteilt wurden.

    Beim Versand war es im Wochenrythmus (das ging ja noch) und im Call Center änderte es täglich (mal nachts, nächster Tag früh, dann Spätschicht, dann morgens normal, etc.) Im Call Center waren keine zwei Wochen gleich geplant! Muss noch hinzufügen, dass nicht Call Center Vorgesetzten selbst, sondern die Einsatzplaner (keine Call Center Mitarbeitende!) von ihrem Bürojob (!) aus, im Hauptsitz von einem anderen Kanton, die Schichtzeiten einteilten. Dies hat sich mittlerweile geändert, denn es ist seit längerem so, dass tatsächlich ehemalige Call Center Mitarbeitende oder –Erfahrene die Einsatzpläne aufsetzen. :o)

    Weder das Eine noch das Andere ist gesundheits- und sozialfördernd. Jedenfalls habe ich noch heute hauptsächlich Probleme mit dem Ein- und Durchschlafen. Die Gesundheit geht wieder bergauf :o) und die Psyche, naja, das ist ein anderes Thema und darauf gehe ich hier nicht ein.

    Es stimmt, dass das soziale Umfeld darunter leidet. Gott sei Dank hatte ich in dieser Zeit verständnisvolle Freunde und Familie. Meiner Familie und meinen Freunden verdanke ich viel, denn sie gaben mir den Rückhalt den ich brauchte um mich auf eine andere Stele erfolgreich zu bewerben. Vom Versand wechselte ich intern, dauerte allerdings knapp drei Jahre bis ich überhaupt die Change bekam! Und vom Call Center wechselte ich gleich den Arbeitgeber, weil es intern keine geeignete Stelle gab. Wäre gern geblieben, aber in einem anderen Bereich, Abteilung. Tja, so spielt das Leben. :o)

    Besteht bei Ihnen dann die Möglichkeit, dass Sie intern wechseln können, vorausgesetzt die Firma ist gross genug? Die Kündigung muss nicht gleich sein, jedoch kann es durchaus sein, dass man andere Einbussen hinnehmen muss. Bsp. keine Lohnerhöhung, keine Beförderung etc. Ich glaube es kommt auf den jeweiligen Arbeitgeber darauf an, wie dieser mit der Beharrlichkeit eines Mitarbeitenden umgeht.

    Ich kann nur aus meiner beruflichen Laufbahn und meinen persönlich gemachten Erfahrungen berichten.

    Auf alle Fälle wünsche ich Ihnen viel Glück und Erfolg, dass eine Sie eine für Sie geeignete Lösung finden.

  • Jetzt komme ich doch kurz auf die Psyche zu sprechen: Während der fünf Jahre im Versand Schichtbetrieb (Heben, Tragen, Stossen etc.) absolvierte ich eine Erstausbildung. Es gab einen einzelnen Schichtleiter der in periodischen Abständen ständig etwas gegen meine Ausbildung einzuwenden hatte. „Warum machst du das?“ „Du brauchst keine Ausbildung und wozu soll das hier drin gut sein. “ „Du hast einen Job bis zur Pensionierung.“

    Meiner Meinung nach war er (ca. 56Jahre alt) selbst, mit seiner eigenen Arbeitssituation unzufrieden, frustriert und hatte wohl Angst um seinen Job. Dabei machte ich die Ausbildung in erster Linie für mich selbst und seine Stelle hätte ich sowieso nie gewollt. Und zwar aus dem einfachen Grund: Ich wollte keine Schichtarbeit mehr machen, aus gesundheitlichen Gründen! Allerdings erwähnte ich diesen Punkt nie gegenüber den Schichtleitern. Wozu? Ging die nichts an.

    Was ich eigentlich damit sagen will, dass es nicht auf das Alter ankommt, auch jüngere MA’s erfahren psychische „Zermürbung“. Ausserdem kenne ich einige ehemaligen Arbeitskollegen aus anderen Branchen, die über 50 Jahre alt sind und doch noch einen neuen Job gefunden haben. Wahrscheinlich hat es auch damit zu tun, dass ein Wandel in der Unternehmensmentalität stattfindet. Immer mehr Firmen entdecken das Potenzial der älteren Mitarbeitenden über 50 und kommen ihnen wegen den Arbeitszeiten und-Tätigkeiten entgegen. So hörte ich zumindest schon von einigen Kollegen bei denen dies der Fall ist.

    Nun wünsche ich allen ein schönes Wochenende.

    Freundliche Grüsse

    Reticulus