Ich bezog im 2015 Sozialhilfe, nun sollte ich gemäss Abmachung ab diesem Monat Sozialhilfe zürückzuzahlen, soweit so gut. Da mir die Stelle per Ende April dieses Jahres gekündigt wurde, habe ich dies dem Sozialdienst mitgeteilt, die bestehen trotzdem darauf dass ich zurückzahlen muss egal ob gekündigt oder nicht, heute erhielt ich ein Brief dass wenn ich die 1. Rate nicht bis Mitte nächste Woche zurückzahle, der gesamte betrag von über 16'000 fällig würde. Ich brauche das Geld, und kann mir nicht leisten in dieser Situation noch Geld zurückzuzahlen, ich bin genug gestraft von der Kündigung, ich habe dies dem verantwortlichen mitgeteilt, aber ist denen egal, Abmachung sei Abmachung..Das kann doch nicht sein? Zudem wiesen sie mich darauf hin, sollte ich nicht "mitmachen" würde ich von der Gemeinde nicht weiter unterstützt. Was soll ich tun?
Rückzahlung Sozialhilfe
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Ich bezog im 2015 Sozialhilfe, nun sollte ich gemäss Abmachung ab diesem Monat Sozialhilfe zürückzuzahlen, soweit so gut.
Daran ist gar nichts gut. Man sollte keine "Abmachungen" mit dem Sozialamt der Gemeinde über die Rückerstattung von Sozialhilfe unterschreiben. Man sollte sich vorher bei anderen Personen über das für die Rückerstattung von Sozialhilfe anwendbare Recht erkundigen, bevor man irgendwelche "Abmachungen" unterschreibt.
Selbst wenn diese "Abmachung" rechtlich verbindlich sein sollte (was nicht sicher ist, wenn diese den Vorschriften über die Plicht zur Rückerstattung widerspricht), so haben Sie gemäss Artikel 29 Absatz 1 der Bundesverfassung einen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, dass diese "Abmachung" nicht mehr gilt und abgeändert werden muss wenn sich Ihr Einkommen oder Vermögen seit der Abmachung wesentlich geändert haben (Urteil des Bundesgerichts 1P.563/2002 vom 18. Dezember 2002; BGE 120 Ib 42 Erw. 2b S. 46 f.).
Schicken Sie der Gemeinde ein Wiedererwägungsgesuch und begründen Sie dies damit, dass sich ihr Einkommen bzw. Vermögen seit der Vereinbarung mit der Gemeinde über die Rückerstattung geändert haben bzw. sich durch die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ändern werden und, dass gemäss den im Kanton Bern anwendbaren Vorschriften keine Pflicht zur Rückerstattung der Sozialhilfe besteht (Art. 40 Abs. 1 SHG i.V.m. Art. 11b Abs. 1 SHV und Kapitel H.9 und Kapitel E.3.1 der SKOS-Richtlinien).
Erstellen Sie ein erweitertes Sozialhilfebudget gemäss Kapitel H.9 der SKOS-Richtlinien und schauen Sie ob Ihr Einkommen jetzt und ihr neues Einkommen nach dem Ende der Kündigungsfrist (wahrscheinlich Null Einkommen) die Beträge überschreitet, ab denen man die Sozialhilfe zurückerstatten muss.
Da mir die Stelle per Ende April dieses Jahres gekündigt wurde, habe ich dies dem Sozialdienst mitgeteilt, die bestehen trotzdem darauf dass ich zurückzahlen muss egal ob gekündigt oder nicht, heute erhielt ich ein Brief dass wenn ich die 1. Rate nicht bis Mitte nächste Woche zurückzahle, der gesamte betrag von über 16'000 fällig würde. Ich brauche das Geld, und kann mir nicht leisten in dieser Situation noch Geld zurückzuzahlen, ich bin genug gestraft von der Kündigung, ich habe dies dem verantwortlichen mitgeteilt, aber ist denen egal, Abmachung sei Abmachung. Das kann doch nicht sein? Zudem wiesen sie mich darauf hin, sollte ich nicht "mitmachen" würde ich von der Gemeinde nicht weiter unterstützt. Was soll ich tun?
Informieren Sie sich darüber, ab welchem Einkommen und bei welchem Vermögen man im Kanton Bern verpflichtet ist einen Tel der erhaltenen Sozialhilfe zurückzubezahlen und wie hoch der monatlich zurückzubezahlende Betrag sein darf.
Artikel 40 Sozialhilfegesetz des Kantons Bern (SHG):
Absatz 1: Personen, die wirtschaftliche Hilfe bezogen haben, sind zu deren Rückerstattung verpflichtet, sobald sich ihre wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verbessert haben.
Absatz 2: Personen, die wirtschaftliche Hilfe bei vorhandenem Vermögen beziehen, sind zu deren Rückerstattung verpflichtet, sobald die Vermögenswerte realisierbar oder realisiert werden.
Absatz 3: Personen, die im Hinblick auf bevorstehende Leistungen Dritter wirtschaftliche Hilfe bezogen haben, sind zu deren Rückerstattung verpflichtet, sobald die Ansprüche realisiert werden können.
Absatz 4: Personen, die ihre Bedürftigkeit in grober Weise selbst verschuldet haben, müssen die wirtschaftliche Hilfe zurückerstatten, die ihnen deswegen ausgerichtet werden musste.
Absatz 5: Personen, die unrechtmässig wirtschaftliche Hilfe bezogen haben, sind zu deren Rückerstattung samt Zins verpflichtet
Artikel 11b Sozialhilfeverordnung des Kantons Bern (SHV):
Absatz 1: Eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Sinne von Artikel 40 Absatz 1 SHG liegt dann vor, wenn die Person, die wirtschaftliche Hilfe bezogen hat,
a ein Einkommen erzielt, das über dem erweiterten Bedarf gemäss Kapitel H. 9 der SKOS-Richtlinien liegt oder
b ein Vermögen aufweist, das über dem Betrag von Kapitel E. 3.1 der SKOS-Richtlinien liegt.
Kapitel H.9 der SKOS-Richtlinien: Berechnung der sozialhilferechtlichen Rückerstattungspflicht
Zur Berechnung des monatlichen Rückerstattungsbetrages ist ein erweitertes Budget nach SKOS-Richtlinien zu erstellen, das folgende Positionen umfasst:
■ doppelter Ansatz des Grundbedarfs gem. Kapitel B.2
■ Wohnkosten gem. Kapitel B.3
■ Medizinische Versorgung gem. Kapitel B.4
■ Erwerbsauslagen gem. Kapitel C.1.2
■ übrige Kosten: Steuern, Versicherungen, Unterhaltsbeiträge,
Krankheitskosten, Schuldzinsen und Schuldentilgung sowie weitere begründete Auslagen nach effektivem Aufwand.
Der errechnete Bedarf ist dem aktuellen Einkommen gegenüberzustellen. Als monatliche Rückerstattung ist höchstens die Hälfte der ermittelten Differenz zwischen dem aktuellen Einkommen und dem anrechenbaren Bedarf einzufordern. Die Rückerstattungszahlungen sollten bei mehrjähriger Unterstützungsdauer frühestens ein Jahr nach Unterstützungsende geltend gemacht werden, um die soziale und wirtschaftliche Integration nicht zu gefährden.
Weiter sollte die gesamte Rückzahlungsdauer vier Jahre nicht überschreiten und auf die Rückzahlung der nach diesem Zeitraum ungedeckten
Auslagen vollständig verzichtet werden.
Vermögen gemäss Kapitel E 3.1 der SKOS-Richtlinien:
Personen, die infolge eines erheblichen Vermögensanfalles keine Unterstützung mehr benötigen, ist ein angemessener Betrag zu belassen (Einzelperson Fr. 25000.–, Ehepaare Fr. 40000.–, zuzüglich pro minderjähriges Kind Fr. 15000.–.
Diese Freibeträge sollen auch zur Anwendung kommen, wenn nach Abschluss der Unterstützung innerhalb der kantonal geregelten Verjährungs- und Verwirkungsfristen bei späterem Vermögensanfall eine Pflicht zur Rückerstattung früher bezogener Leistungen besteht.
Artikel 11c SHV:
Absatz 1: Ein Härtefall im Sinne von Artikel 43 Absatz 3 SHG liegt namentlich dann vor, wenn die Rückerstattung
a die Erreichung der gemäss Artikel 27 Absatz 1 SHG vereinbarten Ziele verhindert,
b die Integration gefährdet,
c aufgrund der gesamten Umstände unbillig erscheint oder
d unter Berücksichtigung der finanziellen und persönlichen Situation unverhältnismässig erscheint.
Artikel 44 SHG:
Absatz 1: Der Sozialdienst, der die wirtschaftliche Hilfe gewährt hat, klärt regelmässig ab, ob die Voraussetzungen für eine Rückerstattung gegeben sind.
Absatz 2: Sind die Voraussetzungen für die Rückerstattung erfüllt, ist der Sozialdienst verpflichtet, den Rückerstattungsanspruch geltend zu machen. Er trifft mit der pflichtigen Person nach Möglichkeit eine Vereinbarung über die Rückerstattungsmodalitäten.
Absatz 3: Kommt keine Vereinbarung zu Stande, verfügt der Sozialdienst die Rückerstattung.
Absatz 4: Der Sozialdienst informiert andere Sozialdienste im Kanton Bern, die ebenfalls Anrecht auf eine Rückerstattung haben.
Artikel 8 SHV:
Absatz 1: Die Richtlinien für die Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien) in der Fassung der vierten überarbeiteten Ausgabe vom April 2005 mit den Ergänzungen 12/05, 12/07, 12/08, 12/10, 12/12 und 12/14 sind für den Vollzug der individuellen Sozialhilfe verbindlich, soweit das Sozialhilfegesetz und diese Verordnung keine andere Regelung vorsehen. *
Absatz 2: Der Betrag für den Grundbedarf des Lebensunterhalts richtet sich nach Ziffer B.2.2 der SKOS-Richtlinien in der Fassung der vierten überarbeiteten Ausgabe vom April 2005 mit den Ergänzungen 12/05, 12/07, 12/08 und 12/10.
Anbei ein Link auf das Sozialamt des Kantons Bern mit Links auf die im Kanton Bern anwendbaren Vorschriften für die Sozialhilfe:
http://www.gef.be.ch/gef/de/in…soziales/sozialhilfe.html
Sozialhilfegesetz des Kantons Bern (SHG):
https://www.belex.sites.be.ch/…nd/versions/767?locale=de
Sozialhilfeverordnung des Kantons Bern (SHV):
https://www.belex.sites.be.ch/…nd/versions/970?locale=de
Richtlinien für die Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien) in der Fassung der vierten überarbeiteten Ausgabe vom April 2005 mit den Ergänzungen 12/05, 12/07, 12/08, 12/10, 12/12 und 12/14:
http://skos.ch/uploads/media/2…ichtlinien-komplett-d.pdf
Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Bern (VRPG):
https://www.belex.sites.be.ch/frontend/versions/469 -
Legen Sie dem Wiedererwägungsgesuch Beweise dafür bei, dass sich Ihr Einkommen oder Ihr Vermögen seit dieser Abmachung geändert haben oder ändern werden (Kopie des Kündigungsschreibens und Kopie der Seite des Arbeitsvertrags auf welcher die Kündigungsfrist steht, Kopie von aktuellen Bankauszügen, auf denen man das aktuelle Einkommen und Vermögen sieht, Kopie von Belegen über Schulden also zum Beispiel Kopien von noch nicht bezahlten Rechnungen).
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Ich habe Ihnen damals, als Sie sich in Ihrem Beitrag vom 25.08.2015 – 19:14 wegen der Pflicht zur Rückerstattung der Sozialhilfe gefragt haben, in meiner Antwort vom 26.08.2015 – 09:00 die anwendbaren Rechtsvorschriften angegeben und Ihnen geraten nichts zu unterschreiben ("Ich rate Ihnen nichts zu unterschreiben" bzw. "Wenn das Sozialamt trotzdem eine Rückerstattung von Ihnen möchte, empfehle ich vom Sozialamt eine Verfügung zu verlangen, in welcher das Sozialamt mit einer Berechnung gemäss H.9 der SKOS-Richtlinien nachweist, dass Ihr Einkommen über dem erweiterten Bedarf gemäss Kapitel H.9 der SKOS-Richtlinien liegt.").
Die Antwort auf Ihre Frage in Ihrem Beitrag vom 07.09.2015 – 19:17, ob die Berechnung vom Bruttolohn ausgeht, hätten Sie ganz einfach durch das Lesen des von mir zuvor angegebenen Kapitels H.9 der SKOS-Richtlinien herausfinden können. Das erweiterte SKOS-Budget gemäss Kapitel H.9 der SKOS-Richtlinien umfasst auch die Versicherungen. Somit sind auch die Sozialversicherungsbeiträge, welche der Arbeitgeber vom Bruttoeinkommen abzieht und welche Sie selbst bezahlen müssen bei den Ausgaben (Bedarf) zu berücksichtigen ("Zur Berechnung des monatlichen Rückerstattungsbetrages ist ein erweitertes Budget nach SKOS-Richtlinien zu erstellen, das folgende Positionen umfasst: ... übrige Kosten: Steuern, Versicherungen, Unterhaltsbeiträge, Krankheitskosten, Schuldzinsen und Schuldentilgung sowie weitere begründete Auslagen nach effektivem Aufwand.).
http://www.beobachter.ch/foren…eckzahlung-sozialhilfe-1/ -
Chapeau Herr Sozialversicherungsberater,
wie immer genial, fehlerlos, und perfekt auf den Punkt gebracht. Andere würden mit dieser Arbeit viel Geld verdienen, und Sie stellen sich der
Allgemeinheit gratis zur Verfügung, und werden deswegen noch oft belächelt, oder sogar angefeindet.
Aber eigentlich ist es ja zum verrücktwerden, dass in der heutigen Schweiz, mit dem heutigen Wissen noch soviele Menschen von den Ämtern, den
Versicherungen etc. über den Tisch gezogen, oder sogar grausam verarscht werden.
Danke für Ihre sehr grosse Hilfe.
silberrugge -
Silberrugge hat alles gesagt bzw. geschrieben, ich kann mich dem nur anschliessen.
Barbara_Mustermann