Warum werden manche Personen am Arbeitsplatz öfters gemobbt als andere

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  • Hallo Bündnerbieter

    Gespräche und Kommunikation zwischen Mitarbeitern/Kollegen aufzuzeichnen ist aber alles andere als legal, vorallem wenn man deren Einverständnis nicht hat. Du weisst ja wie es ist, wenn Du eine Supportnummer anrufst "Dieses Gespräch kann zu Ausbildungszwecken aufgezeichnet werden ..."

    Denn Du verletzt hier klar das Schweizerische Arbeitsgesetz.

    Meine Erfahrungen haben gezeigt, dass die meisten Gemoppten (die ich kannte) meist eben nicht einfach unschuldig an ihrer Situation waren. Klar sind es dann Kommunikationsprobleme im Team oder ein führungsschwacher Chef.

    Mobbing ist eben genauso wie Stress zur Modeerscheinung geworden.

  • @ jazz65

    habe deinen beitrag mit interesse gelesen und fand - so lächerlich es klingt - trost dabei. es tut gut zu wissen, dass es auch viele andere unser system so menschenfremd empfinden wie ich.

    ich fühle mich je länger desto akuter gefangen in einer modernen sklaverei. arbeite als kfm. angestellte/ass. in einem dienstleistungsbetrieb. hänge mich tagtäglich rein, habe ein sehr vielfältiges arbeitsspektrum und bin tagtäglich gezwungen sehr flexibel zwischen einem notfall (support IT-probleme bis hin zu "es hat keinen kaffee mehr oder es hat keinen toilettenduft mehr" etc.) und dringendes termingebundenes tagesgeschäft zu switchen. ich arbeite für 3 vorgesetzte und soll auch die anderen berater in den projekten unterstützen. die anderen aufgaben die ich betreue, lasse ich mal beiseite. angefangen habe ich zu einem vergleichsweise sehr niedrigen lohn. zu stellenantritt war ich 49, empfand es als glück, in dem alter einen job zu kriegen. kämpfte anfangs nicht so um das salär. hoffte natürlich, mit der zeit und qualifikation wenigstens ein den anforderungen entsprechendes salär zu bekommen. der firma gehts gut, aufträge brummen, sie kann sich so einiges an luxus leisten wie beste ***restaurants zum weihnachtsessen, weekendausflüge erster klasse. klar, ziel ist, die auf provisionsbasis angestellten berater bei laune zu halten, was auch legitim ist. 1 tag vor weihnachten hatte ich das qualigespräch. bis anhin war jedes gespräch ok, ich kriegt sehr gute qualis. doch das salär für sie - wiederum kein thema. zitiere: "bei uns gibts keine lohnerhöhungen. ausgenommen jemand steigt hierarchisch auf" was in meiner position gar nicht möglich ist. dann "....aber wir kommen dir entgegen und geben dir kulanterweise soviel (den betrag will ich nicht nennen, er ist so lächerlich tief, dass es mir zu denken gibt) mehr im neuen jahr - im selben zuge teilte man mir mit, dass der 3. boss der neulich dazugestossen ist, mich mehr in seine projekte einbinden will - sprich noch mehr arbeit zu einem miserablen lohn. für mich ist glasklar - die wissen sehr genau, dass ich mit 50 nicht einfach so eine neue anstellung finde und nutzen dies ganz unverblümt und offen aus. ich würde so gern kündigen - kann aber nicht, denn sonst lande ich nach dem RAV beim sozialamt und ende nach 35 jahren arbeit auf meinem beruf vom mittelstand in die absolute armut.

    man traut sich nicht mehr zu bewerben, fast jedes inserat hat die altersgrenzen festgelegt: wie z.b. von 24 bis max. 32. für mich ist das gefühl, in dem system gefangen zu sein. ich bin nicht mehr frei, mich nach etwas anderem umzusehen, das system erlaubt das nicht. freiheit? demokratie? sozialstaat? denkste --- für mich ist das deskriminierung auf wirtschaftsniveau.

    der staat futiert sich. ganz gewiss ich bin nicht die einzige in dieser situation. ab einem gewissen alter bist du bezüglich der altersvorsorge für einen betrieb nicht mehr tragbar. aber gleichzeitig schnellt das rentenalter hoch, wird es in zukunft noch viel mehr. woher nimmt sich dieser staat die frechheit zu behaupten, er sei sozial? wem gegenüber?

  • Hallo Cerisa

    So wie sie es beschreiben verhält es sich und genau diese Ängste von wegen Arbeitslosigkeit sind es, die den Nährboden für gezieltes Mobbing ausmachen. Man muss schon stark sein und alle Ängste in den Wind schissen, damit man so agieren kann, wie ich es beschreibe. Wenn man sich jedoch mobben lässt bis zum absoluten Selbstzweifel oder gar bis zu Depressionen, dann kann es schon zu spät sein, um in ein neues Arbeitsverhältnis eizusteigen zu können und sich dort ordentlich zu bewähren. Offensichtlich angeschlagene Leute mit längerer Ausfallzeit im alten Job will ja auch niemand mehr einstellen.

    Natürlich kann man nicht jeden Zwist am Arbeitsplatz gleich als Mobbing bezeichnen, es gibt sicher auch Leute, die fast überempfindlich auf alles reagieren, oft wird reine Information schon als Kritik an der Person wahrgenommen. Das hat aber auch damit zu tun, dass nirgends mehr Fehler als menschliches Verhalten akzeptiert werden, doch wir sind nun mal Menschen und daher ist keiner ohne Fehler. Und genau diese Fehler sind in so manchem Bereich auch bloss subjektiv. Nicht immer ist es so einfach wie beim Rechnen, wo 2 + 2 immer 4 ergibt. So hatte ich mal eine Stelle, wo je nachdem welche Chefin im Haus war, unterschiedlich gearbeitet werden musste. Irgendwann hatte ich die Nase voll davon, weil das nicht meinem Charakter entspricht, wie ein Fähnchen im Winde arbeiten zu müssen und die Zwei darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie sich doch mal auf eine Arbeitsweise einigen sollen. Ansonsten würde ich künftig so arbeiten, wie ich es für richtig halte.

    Meinen Erfahrungen zufolge ist ein schlechtes Arbeitsklima immer das Armutszeugnis der Geschäftsleitung.

    Hi jeykey

    Sozial – wem gegenüber, denen die eh schon zu viel haben…..

    In unseren Breitengraden ist das Geschäft mit der Angst ein richtig lukratives geworden, das sieht man schon an der Vielfalt an Versicherungen, die wir uns aufschwatzen lassen.

    Ich bekam einen ziemlichen Knoten im Magen, als ich ihre Geschichte las. Wo früher mehrere Leute für einen Chef arbeiteten, müssen heute einzelne Springer für mehrere Chefs hetzen.

    Mein erster Gedanke dazu war: ihnen ist halt auch keiner gewachsen…. Womöglich will man das Gleichstellungsgesetz damit umgehen, dass man dann für Männer einfach weitere Chefposten kreiert. Die machen dann Karriere und sie machen die Arbeit!

    Es verhält sich natürlich nicht immer und überall so, in unserem System kommen auch viele Männer unter die Räder der Unbarmherzigkeit. Schon seit jeher waren die Gutmütigen und Bescheidenen auch die Unterdrückten.

    Ja, und auch wenn sie eine andere Stelle finden, die Chance dass es besser wird ist klein, zu klein, als dass sie das Risiko auf sich nehmen möchten, ich verstehe das sehr gut.

    Ich gehe auch schon steil auf die 50 zu und weiss, dass mein Job nicht bis zur Pensionierung sicher für mich sein wird, ich kenne die Pläne meines Chefs. Soll ich jetzt schon wechseln oder warten? Und natürlich warte ich vorerst mal ab, denn eigentlich bin auch ich froh um diese Arbeit. Als rechte und linke Hand des Chefs, mit total flexiblem Aufgabengebiet und Arbeitszeiten habe ich auch paar hundert Stutz weniger im Lohnbeutel, als unser total unflexibler Analphabet, der nur seine paar Handgriffe macht und kennt. Sozusagen als Mitgliederbeitrag, so verstehe ich das!

    Ich habe eine Freundin, die schon längere Zeit keine Stelle mehr hat und sie sagt, dass sie kaum noch Bewerbungen schreiben kann, weil kaum ein Inserat mehr auf ihr Profil passt. Wir haben uns schon darüber unterhalten, ob wir nicht auswandern sollen um uns selbstständig zu machen, an einem Ort, wo die Gesetze nicht ganz so straff sind, sodass man für jeden Furz viel zu bezahlen hat für unsinnige Bewilligungen, so wie es hier der Fall ist. An einen Ort, wo unserer Ersparnisse noch etwas wert sind. Da wir uns sehr gut ergänzen ist diese Idee, zwar mit viel Risiko verbunden, aber trotzdem noch nicht verworfen, mal sehen…. Wir würden uns dann in der neuen Umgebung als Wirtschaftsflüchtlinge der Schweiz vorstellen. Haha – ist das nicht putzig!?

    Ach liebe jeykey, ich möchte nur noch sagen, dass es mir sehr leid tut, dass sie sich schon nicht mehr als Mensch sondern als Sklavin fühlen. So gerne hätte ich ein paar tröstende Worte für sie, aber die gibt es einfach nicht in ihrer Situation. Ich hoffe wirklich von ganzem Herzen, dass sie sich irgendwann ein Türchen aufstossen können, damit ihre Lebensqualität sich verbessert.

    Euch allen, Sandras, Mu, Velvet, Cerisa, Peter, Bündnerbieter und jeykey wünsche ich ein gutes neues Jahr – Die Hoffnung stirbt immer zuletzt.

    Jazz

  • @ Peter

    Wenn schon wäre Gesprächs- und Videoaufzeichnung ein Verstoss gegen das Datenschutzgesetz, sicher nicht gegen das Arbeitsgesetz, eher der Arbeitgeber verstösst dagegen wenn er Mobbing im Betrieb duldet.

    Wir haben schon ein sonderbares Rechtsempfinden, egal ob Opfer von physischer oder psychischer Gewalt, immer gibt es Leute die noch versuchen die Täter statt die Opfer zu verteidigen.

    Zu Mobbing am Arbeitsplatz gibt es beim SECO übrigens noch eine Broschüre die man hier erhält:

    http://www.seco.admin.ch/dokum…/01707/index.html?lang=de

  • peter_69

    *Meine Erfahrungen haben gezeigt, dass die meisten Gemoppten (die ich kannte) meist eben nicht einfach unschuldig an ihrer Situation waren.*

    Als ich diesen Satz las.... sorry Peter wurde mir kurz übel... Mobbing steht im tieferen Sinn für Psychoterror. Nachzulesen bei Wikipedia.

    Sie scheinen eine extrem starke Persönlichkeit mit einem grossen Gefühls Wissen zu sein, d.h. Sie merken wenn jemand Ihnen schlecht will und können sich schon bei einem *Scheinangriff* zur Wehr setzen. *Scheinangriff = ausloten wie weit man bei einem Kollegen gehen kann, im verbalen aber auch tätlichen Sinn.

    Nur bedenken Sie bitte, es gibt sehr viele Menschen welche diese Erfahrung, dieses Selbstgefühl nicht haben und solchen Menschen ausgeliefert sind. Es gibt auch noch dijenigen welche schnell realisieren was passiert, aber um des Jobs willen nicht klein beigeben wollen...

    Ich habe 3 Geschichten, welche ich hier nicht öffentlich machen werde, aber in jeder dieser Geschichten fing es mit *Kleinigkeiten* an und es ging bis zur verbalen Bedrohung.

    Quintessenz :)

  • Hallo Bünderbieter

    Doch doch - Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz

    Art. 26 Überwachung der Arbeitnehmer

    Datenschutzgesetz an sich greift hier kaum. Zudem denke ich, dass bei den meisten Firmen das Fotografieren und Filmen innerhalb des Firmengeländes ohne ausdrückliche Erlaubnis des Arbeitgebers nicht erlaubt ist.

  • Hallo Nightwitch

    Ich kenne aus meiner Berufstätigkeit eben auch Leute die aufgrund Mobbing den Job gewechselt haben. Von all denen, von denen ich wieder etwas gehört habe, war es eigentlich dasselbe. Auch am neuen Arbeitsort bestanden bald auch schon wieder Probleme.

    Deswegen sage ich - für Mobbing braucht es immer mindestens zwei Parteien.

    Ich wollte jedoch keinesfalls den Eindruck erwecken, dass Mobbingopfer selbst schuld seien. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass jemand an einem Arbeitsplatz so unter die Räder kommt, ohne dass er direkt etwas dafür kann.

  • peter_69

    Was ist Mobbing?

    Ich definiers mal so, es ist eine gefährliche Kombination aus einem überzogenen Geltungsbedürfnis, Kontrollsucht, mit Erfolg nicht umgehen können, es kann auch Eifersucht, Egoismus, Angst und Besitzverlust hineinspielen. Kein Mobbing ist dasselbe, denn es kommt immer darauf an was derjenige der mobbt für Gründe hat bzw. welche Gefühle die Person dazu treiben.

    Das Wort Mobbing, wie das schon irgendjemand schrieb, wird sicher manchmal missbraucht, vor allem dann wenn einer seinen Job nicht macht und dafür vom Chef eine Abmahnung bekommt, weil die Kollegen sich nach der x-ten Wiederholung beschwert haben, dann ist dies sicher kein Mobbing, sondern einfach nur die eigene Dummheit des Kollegen.

    Aber richtiges Mobbing ist Hölle für jeden der es schon mal erlebt hat.

    Die Opfer sind meistens Menschen welche eigentlich nichts anderes als ihren Job richtig machen wollen. Es sind vielfach gutmütige, hilfsbereite, vielleicht auch eher ruhige Menschen. Das heisst aber nicht, dass sie nicht am Arbeitsleben teil nehmen. Konflikte sind für solche Menschen eher mühsam und belastend. Es gibt auch Menschen welche in *Angriffssituation* gar nicht wirklich reagieren können, nicht jeder ist die erprobte *Kampfsau* welche sich gegen alles wehren kann.

    Ich denke man sollte jeden Menschen so akzeptieren wie er ist und nie versuchen ihm seinen Willen aufzwingen zu wollen..

    aber *mobber* tun das... Diese Menschen spüren diese Schwäche, spüren auch eine gewisse Angt ...und suchen Gründe um den Kampf zu eröffnen, sie setzen dem Schwächeren solange zu bis er entweder kampflos aufgibt d.h. den Job hinschmeisst oder er steigt in den Ring, mit dem Risiko, dass er verletzt wird und dies auf der seelischen, aber auch der körperlichen Ebene ... Quintessenz, es wird zwar mit viel Erfahrungen aus dem Ring gehen, aber es wird einige Zeit benötigen um damit fertig zu werden. Meistens verlieren genau diese Menschen dann auch noch den Job ...

    Ich denke wenn schlussendlich jeder einfach vor seiner eigenen Türe wischen würde machen nicht in Nachbars Garten Salat pflanzen würde.. dann gäb es einige Probleme weniger.

    Aber der Mensch ist nun mal so.. manchmal ein grausames Raubtier ...

  • Es täte einigen Menschen ganz gut, manchmal nicht zu tief in psychologischen Jagdgründen zu schürfen. Offensichtlich ist die heutige Verhaltenskultur etwas fragil. So ganz unbegründet ist diese Entwicklung ja nicht: wir werden alle (die meisten) oftmals bis ans Limit gefordert. Diese Überforderung ist nicht nur am Arbeitsplatz auszumachen – sie findet in fast allen Lebenssituationen ihren Platz – auch in solchen, die wir nie vermuten würden respektive uns gar nicht bewusst werden. Die Freizeitgestaltung ist davon keineswegs ausgenommen.

    Da ist Stress und Unzufriedenheit schon fast ein ständiger Begleiter, der dann in der Folge oftmals als schlechter Berater figuriert. So kommt es, dass die einen kaum (mehr) etwas erdulden können (Dünnhäutig) und andere mit dem Gegenüber kaltherzig umgehen. Diese Kaltherzigkeit wird vielmals auch als Mobbing empfunden.

    Es ist keine Erscheinung unserer Moderne, dass Menschen versuchen andere mit unbeliebten Mächten zu beherrschen. Aber es scheint mir eine Erscheinung unserer Moderne zu sein, dass viele der irrigen Meinung sind, solches verhindern zu können.

    Velvet

  • Mobbing gabs in der Steinzeit schon :) klar nur damals wurden die Kämpfe wenigsten direkt und mit der Keule ausgetragen ...

    Hier ein paar interessante Links zu diesem Thema:

    http://www.viavia.ch/ratgebe/pmwiki.php?n=Mobbing.Definition

    http://de.wikipedia.org/wiki/Mobbing_in_der_Schule

    http://de.wikipedia.org/wiki/Mobbing

    Dieses Thema habe ich übrigens für meine Abschlussarbeit gewählt... es ist extrem interessant und hat mit der Realität und absolut nichts mit "psychologischen Jagdgründen* zu tun, aber so kann es jeder sehen wie er/ sie will....

  • Grüäzi mitänand

    Dass wir uns auch in der Freizeit gerne profilieren und gegenseitig messen wollen, finde ich auch ziemlich problematisch, ich tue das nicht. Viele suchen da genau diesen Ausgleich ihrer Gefühlswelt, den sie im Alltag oder in der Familie nicht finden, als gut oder wichtig - als besser oder wichtiger dastehen zu wollen, dann halt eben im Sport etc. die Hierarchieleiter emporklimmen müssen. Wir sind ja schon so weit, dass wir uns bereits an Festen mittels irgendwelcher Wettkämpfe messen wollen, alles ohne mich.

    Ihren Ausführungen zufolge, velvet, müsste ich aber die Entwicklung unserer Arbeitswelt genau gegenteilig empfinden, denn ich war als junger Mensch eher dünnhäutig, im Vergleich zu heute sowieso. Damals hätte ich wohl nie diese Leistungen erbringen können, hätte ich zu den vielen harten Arbeitsstunden zusätzlich noch schlechte Arbeitsklimas erfahren müssen.

    Ob es in der Steinzeit schon Mobber gegeben hat, das kann ich nicht beurteilen, damals lebte ich nicht. Nur dieses alle-auf-einen-Ding, das erlebte ich wirklich erst in der zweiten Hälfte meiner Berufszeit und es scheint sich tatsächlich zu häufen. Ich wage zu behaupten, dass es für die Jungen schon fast zur Normalität geworden ist. Was als normal betrachtet wird, das ist dann bald schon kein Missstand mehr, in diese Gefahr laufen wir mit offenen Augen und erkalteten Herzen.

    Velvet, ich weiss ja nicht, ob sie auch gelegentlich dieses Land verlassen, vielleicht auch mal etwas weiter weg reisen. Wenn ich mich in Afrika, Indonesien, Indien, Sri Lanka, Kuba oder wo auch immer aufhalte, wo die Menschen in ärmeren Verhältnissen leben, da kann ich Mobbing lange suchen, diese Art der Aggressionen am Arbeitsplatz finde ich nicht. Es ist schon das Verhalten unserer Moderne. Aber es ist auch klar, wenn der direkte Kampf ums Überleben besteht, dann hat man keine Lust und Energie dem Gegenüber das Leben noch schwerer zu machen und selber möchte man das ja auch nicht erfahren müssen. Ich finde es immer besonders erfrischend in diesen Ländern den Leuten bei der Arbeit zuzusehen, auch mitzumachen und denke dann oft, ach ja, das war bei uns mal ganz ähnlich. Ich neige auch nicht dazu, die Vergangenheit zu idealisieren, was man mir vielleicht noch unterstellen könnte.

    Natürlich wird man Mobbing nicht gänzlich ausmerzen können, wenn man sich einmischt, so wie ich das schon getan habe, aber es liegt ja in jedem Bürger eigenen ermessen, ob man mitmacht oder nicht, ob man im Hintergrund stehend zuschaut, oder dagegen arbeitet. Ich arbeite dagegen, damit ich mich auch noch im Spiegel anschauen kann, egal ob es dann den Tropfen auf einen heissen Stein bedeutet oder das kämpft gegen Windmühlen. Die Welt oder eine Gesellschaft ändern kann ein Einzelner nicht, nur direkt in seinem Umfeld kann jeder etwas bewegen, diese Theorie habe ich mir selber schon oft bewiesen, resigniert habe ich bislang noch nicht.

    Und nun noch etwas Erfreuliches, kürzlich berichtete meine Freundin, dass die Zusammenarbeit mit dieser Frau heute total gut ist, ich habe es oben mal beschrieben, die nach längerem Auslandaufenthalt wieder in die Firma zurückkam. Ich kann mir gut vorstellen, dass es auch damit zu tun hat, weil sich nach unserem Gespräch meine Freundin anders mit ihr auseinandersetzte, mit mehr Geduld und weniger Vorurteilen auf sie zuging. Meine Freundin sagte klar, du hast wieder mal Recht gehabt, sie brauchte einfach noch etwas Zeit um wieder richtig in den Rhythmus zu kommen.

    Liebe Grüsse und schönen Tag

    Jazz

  • @Jazz,

    Warum sind Sie der Meinung, dass Sie meinen Ausführungen zufolge die Arbeitswelt anders empfinden müssten? Dünnhäutigkeit und Sensibilät muss nicht miteinander einhergehen.

    Problematisch wird ein Seilziehen oder Wettkampf erst, wenn man dem Gegenüber den Sieg nicht anerkennen kann, der Wettkampf unsportlich ausgetragen wird oder zu ungesundem Stress führt. Grundsätzlich finde ich das sich gegenseitig Messen als eine gesunde und gute Sache – sozusagen von der Natur uns in den Schoss gelegt. Wichtig dabei erscheint mir, wie bereits gesagt, die Fairness.

    In vielen Teilen decken sich Ihre Gedanken mit den meinen. Man könnte es als Widerspruch empfinden, ist es aber durchaus nicht.

    Wenn ich in andern Ländern weile, akzeptiere ich die Gepflogenheiten jenes Landes und geniesse die Vielfältigkeit auf unserer Erde. Neidlos geniesse ich die Einfachheit, die dort gelebt und gelacht wird; ohne Sehnsucht nach jenem Leben. Neidlos erlebe ich den Prunk in jenen Gesellschaften; ohne Sehnsucht nach jenem Luxus. Was aber nicht heissen will, dass ich „unsere“ Welt als eine bessere oder lebenswertere betrachte.

    Hingegen, was durchaus gesagt werden kann ist, dass in Länder mit übergeordneten Gefahren (Kriege, Katastrophen, Diktaturen u.ä.) der Zusammenhalt und das gegenseitige Helfen in den Gruppen grösser sind als in unseren Wohlfahrtsstaaten.

    Das „alle auf einen“ ist doch die Ausgeburt von Feigheit und versuchter Machtausübung, indes es lediglich die Schwäche oder Erbärmlichkeit des unreifen Charakters widerspiegelt. Dass Sie solches als sich häufend empfinden, hat wohl mehr mit Ihrer Lebenserfahrung denn mit der tatsächlichen Häufigkeit zu tun. Die Sensibilisierung verstärkt solche Wahrnehmungen zusätzlich.

    In diesem Sinne: Mobbing – oder was wir darunter verstehen – wird man nie ausmerzen können. Auch nicht mit allen Gesetzen dieser Welt. Aber wir können lernen, damit umzugehen – und die aus unserer Sicht fehlbaren Personen darauf hinzuweisen.

    Der berühmte Tropfen auf den heissen Stein kann so wichtig sein wie der Regen in der Dürre.

    velvet

  • velvet, danke.

    Die Sensibilität Missverhalten zu erkennen wenn sie mir begegnen, hatte ich schon immer, nur kann ich jetzt besser damit umgehen. Dünnhäutigkeit kann ich mir heute nicht mehr leisten.

    Fairplay wäre ja schon eine gute Sache, wenn es dann auch einen Stellenwert hätte. Aber seien wir mal ehrlich, wer besser bescheissen und lügen kann, der zieht auch meist die besseren Karten im Spiel des Lebens. Mal ein Beispiel, werde ich arbeitslos und erhalte 70% meines Einkommens, dann kriege ich bestimmt nach paar Monaten ziemliche Bauchschmerzen, weil ich gerade mal knapp meine Rechnungen damit bezahlen kann und ich meine Ersparnisse zum Leben aufbrauche. Ist mein Nachbar in der gleichen Situation und er verkauft daneben noch irgendwelche illegale Artikel oder arbeitet schwarz, dann wird ihm seine Arbeitslosigkeit nicht das Geringste ausmachen. Er fühlt sich sogar ganz wohl in seiner Haut.

    Ich weiss, dass viele dieses gegenseitige Messen als gesund betrachten, vielleicht hat das auch zum Teil mit den unterschiedlichen Geschlechtern zu tun. Es ist wohl ein wenig mehr im Programm der Männer, als der Frauen. Obwohl dieses sich gegenseitig permanent Messen müssen heute auch zunehmend das allgemeine Frauenverhalten prägt. Aber wie ist es denn für die Leute, ob Frau oder Mann, die das nicht so empfinden, also diesbezüglich einen Programmierfehler haben? So wie ich. Wo ich als weiteres Beispiel immer zuerst das Gute sehen möchte, also was mein Gegenüber gut macht und kann, bevor ich seine Mängel suche. Und, dass sich dieses ewige Konkurrenzdenken auch in Partnerschaften immer mehr zeigt, das haben mir die letzten 3-4 erlebten auch bestätigt. Aber nirgends steht ein Schiedsrichter, der über die Fairness wacht.

    Oder, dass man jemanden kennenlernt und beim zweiten Zusammentreffen glaubt, dass man bei einem Vorstellungsgespräch sitzt, oder bei „wer wird Millionär“. Das habe ich auch schon erlebt, da hätte ich Fragen beantworten sollen, die mir so zuwider waren, dass ich mich absichtlich blöder stellte, als ich eigentlich bin. Da wird Wissen getestet, ohne den Menschen zu betrachten oder die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass noch ganz andere Ding in ihm stecken, als auswendig Gelerntes aufzuzählen.

    Die Oberflächlichkeit in unserem System kennt keine Grenzen mehr, so las ich kürzlich über eine Studie, der zufolge schon die Namensgebung bei den Bewerbungen eine grosse Rolle spielt. Bei gleicher Qualifikation hat eine Cindy die schlechteren Karten, als eine Elisabeth. Alles ganz normal bei uns.

    Ich bin Gefühlen wie Neid auch nicht unterworfen, aber ein bisschen Sehnsucht nach mehr Einigkeit unter dem Volk, das fühl ich schon. Ich frage mich, ob die reiche Schweiz wirklich so reich ist, wenn sich die Menschen gegenseitig aufhetzen lassen. Den Prunk kann ich hier gar nicht mehr so deutlich erkennen, machen wir uns doch zusehends zu Sklaven des Materiellen.

    Eigentlich bräuchte der Mensch nur wenig, um überleben zu können, dazu gehören jedoch auch Nicht-Materielle Dinge, denen wir uns immer mehr beschneiden: Liebe – Fürsorglichkeit – Empathie und Toleranz.

    Wo sind sie geblieben?

    Ich wünsche allen ein schönes Wochenende

    Jazz

    Und jetzt noch etwas für die Ohren....

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