Wie hat man sich als deutscher zu benehmen?

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  • Guten Abend,

    Ich hab mich hier mal angemeldet, da mich ein Schweizer darauf aufmerksam gemacht hat und habe gleich mehrere Fragen, ich hoffe es ist hier richtig wenn nein entschuldigt bitte :)

    Ich arbeite seit diesem Sommer in der Schweiz für ein großes Unternehmen und werde im Dezember in die Schweiz ziehen, jetzt denken leider viele deutsche, dass die Schweiz ein weiteres "Bundesland" von Deutschland wäre und bedenken nicht das Es dennoch ein anderes Land mit anderen Sitten usw. ist, das ist der Fehler und diesen habe ich noch nie begangen, aber ein hier Arbeiten und hier Leben sind zweierlei.

    Ein paar Dinge wie sonntags nicht wäschen oder Staubsaugen sind mir schon bekannt, auch das die Schweizer gerne die Motivation sehen ihre Sprache zumindest teilweise zusprechen, ob das alles schon stimmt weiß ich nicht!? Ich komme ausnahmsweise mal nicht des Geldes wegen her, sondern weil Deutschland immer mehr den Bach runter geht und ich die Schweiz sehr mag und hier gut aufgenommen wurde, einwenig Angst wegen des ständig im Internet lesenden "Deutschhass", habe ich allerdings schon, deswegen will ich mich so gut migrieren wie möglich.

    Was also muss man tun, um sich von der Masse nicht abzuheben und aufzufallen? Mir wäre es sehr wichtig mit den anderen Bewohnern trotz meiner Deutschen wurzeln in Ruhe und Frieden zusammen unter einem Dach zu wohnen. Daher meine eigentliche Frage, wie verhält man sich am besten als Ausländer und was sollte man tunlichst vermeiden?

    Ich bedanke mich schon einmal im vorraus für die hoffentlich eintreffende Hilfe :)

    Freundliche Grüsse,

    Patrick1990



  • ;) die Schreibe kommt mir so bekannt vor ;)

    PS:

    ich staune, wie Du Schreibfehler in Schweizerdeutsch machen kannst wo Du doch angeblich die Schweizer nicht kennst...



    Und woher woher wenn man fragen darf?

    Selbst nach dem 5. mal des durchlesens werde ich aus deiner Antwort nicht schlau?! Ich wohne schon immer in Nähe der Grenze weswegen die Schweizer kein Neuland sind aber ein dort wohnen nicht vergleichbar ist mit den Erkenntnissen die man sonst so sammelt.

  • Hallo Patrick,

    die Tatsache, dass Sie sich hier im Forum bereits im Vorfeld ihrer Ansiedelung in der Schweiz Gedanken machen über den Umgang mit Schweizern und deren Eigenheiten spricht sehr für Sie. Wenn Sie so offen in die Schweiz einreisen, werden Sie kaum anecken. Es gibt leider genug Deutsche, welche die Schweiz als 18. Bundesland von Deutschland betrachten und dann mit Schwung in jeden bereitgestellten Fettnapf treten.

    Es gibt in jedem Land genügend Eigenheiten, die kann man ja gar nicht alle wissen, aber eines habe ich auf meinen diversen Auslandreisen immer beherzigt: Mit dem Hute in der Hand kommt man durch das ganze Land, d.h. wenn man sich nicht sicher ist, wie diese oder jenes in einem anderen Land gehandhabt wird, dann fragt man halt und gibt ganz offen zu, (noch) nicht Bescheid zu wissen.

    Was sicher nicht funktionieren wird, sich Mühe zu geben, ein 150%-Schweizer zu werden, das können Sie gleich vergessen. Bleiben Sie sich selber treu.

    Eventuell hat das Auswärtige Amt in Deutschland Broschüren für Auswanderer, in welchen örtliche Eigenheiten behandelt werden. Möglicherweise bietet auch die Schweizer Vertretung in Deutschland so etwas an.

    Der Ärger fängt nämlich meist bei Kleinkram an wie z.B. die anders gehandhabte Mülltrennung oder die Waschküchenordnung im Wohnblock.

    Integration kann auch über das in der Schweiz sehr ausgeprägte Vereinsleben erfolgen. Ich kenne ihr berufliches Umfeld nicht, aber gerade in ländlicher Umgebung kann eine Mitgliedschaft z.B. in der freiwilligen Feuerwehr oder in einem Sportverein sehr integrativ wirken.

    Schaffen Sie sich auf jeden Fall einen Bekanntenkreis, der nicht nur aus ebenfalls ausgewanderten Deutschen besteht, sondern sorgen Sie für Kontakte, welche ihnen nicht übelnehmen, wenn Sie mal eine "seltsame" Frage stellen. Man wird ihnen sicher viel nützliche Tips geben können. Ich denke da zum Beispiel an das legendäre berühmt-berüchtigte Beispiel, wo der Deutsche in der Bäckerei am Tresen erklärt: "Ich kriege noch ein Brötchen" und zur Antwort kriegt: "Sie kriegen hier gar nichts!" Woher sollte der gute Mann auch wissen, dass das hierzulande heisst: "Ich hätte gerne noch ein Brötchen" oder noch verklausulierter: "Könnten Sie mir noch ein Brötchen geben." Bei der deutschen Variante stellt es jedem Schweizer die Haare auf, aber ich habe das mit dem "ich kriege noch.." in Deutschland selber ausprobiert, da regt sich niemand auf, das ist dort Standardsprech. Fragt man hingegen "Könnten Sie mir...", wird man wie ein Depp angeschaut. Andere Länder, andere Sitten...

    Auf jeden Fall wünsche ich viel Erfolg bei der Migration.

    Andy

  • Hallo Andy Capp,

    Danke für deinen informativen Text :)

    Man sollte sich immer seine Gedanken machen, wenn man ins Ausland zieht und nichts anderes ist die Schweiz, auch wenn ich zugeben muss, das es sich natürlich nicht mehr so anfühlt wie, wenn man jetzt nach Spanien oder sonst wo hingehen würde, aber das der Umgang anders ist und die Sitten das muss einem natürlich klar sein. Eine Kundin hat mir letztens einen Tipp gegeben, man solle sich beim Umzug bei jedem persönlich vorstellen um eventuelle Vorurteile oder sonstig Negatives aus dem Weg zu räumen, das hätten die Schweizer gerne, ist das so weit korrekt? Hier in Deutschland ist das eher ungewöhnlich. Das Beispiel mit dem Bäcker verstehe ich gut, auch wenn ich das als deutscher respektlos finde, so was zu sagen, da "ich kriege noch" eher ein Satz ist den Kinder anwenden und da ist es auch in Ordnung aber sonst, hat da irgentwo die Erziehung versagt.

    Diese Broschüren habe ich mir schon vor längerer Zeit besorgt und hatte auch mehrere Gespräche bei der Grenzgängerinfo, die sehr gut waren, es sind eben die Kleinigkeiten, worauf es ankommt und diese werden natürlich nirgends wirklich behandelt, da es sicher unendlich viele von ihnen gibt und diese würde ich gerne herausfinden, einfach auch schon deshalb um mir selbst treu zu bleiben, da ich "unsere" Ausländer auch nicht verstehen kann, wenn sie nach 20 Jahren immer noch nicht richtig deutsch können und sich wie auf dem türkischen Basar benehmen, aber das ist wieder ein anderes Thema

  • hallo patrick,

    mein mann kam vor 13 jahren aus norddeutschland hierher und wurde bisher noch nie mit diesem angeblichen hass der deutschen konfrontiert. meine beste freundin, auch eine deutsche, die seit 20 jahren hier lebt, weiss von negativen erfahrungen zu berichten. wie so oft ist es wohl auch in diesem fall so, dass nur schlechte nachrichten in die schlagzeilen kommen und über die vielen guten beispiele keiner spricht.

    was die schweizer wohl einfach nicht abkönnen, ist genau diese haltung: "hoppla, jetzt komm ich" :)

    aber du gehst mit soviel sorgfalt und fingerspitzengefühl an die sache heran, dass ich dir fast garantieren würde, dass du genauso wie mein mann und meine freundin hier keine probleme haben wirst.

  • Grüezi Patrick

    gratuliere zu deiner Haltung, und den wohlwollenden Fragen. Ich finde es immer schön, wenn jemand sich Gedanken macht, wie er Schwierigkeiten vermeiden und die Freundlichkeit pflegen kann.

    Falls Du Englisch kannst, empfehle ich Dir das Buch "Living and Working in Switzerland". Es erklärt Administratives aber auch Alltägliches im Umgang. Ebenfalls gibt http://www.ch.ch gute Auskunft.

    Manche politische Gemeinden bieten Neuzugezogenen ein Büchlein an, oder einen Rundgang, oder einen Informationsabend an… wo vorhanden, würde ich davon Gebrauch machen.

    Ja, eine Grüezi-Runde (bei jede einzelne Nachbarwohnung läuten, und sich kurz vorstellen) ist eine gute Idee. Dort kurz erklären wie Du heisst, seit wann Du da bist, wo Du arbeitest, und dass Du froh bist zu wissen, wer die Nachbarinnen sind. Bei der Gelegenheit, die Bitte aussprechen, dass die Nachbarinnen direkt mit Dir sprechen würden, falls Du, eben weil Du neu aus dem Ausland kommst, irgendwann mal versehentlich etwas störendes machen würdest.

    Hier ist es wichtig, dieses erste Kennenlernen auf einigen wenigen Sätzen und Minuten zu beschränken, da in der Schweizer Kultur es als unangenehm aufdringlich empfunden werden kann, wenn jemand beginnt, offen über alle Aspekten seines Lebens zu erzählen, und viele bohrende Fragen zu stellen. Für eine Grüezi-Runde sind gute Fragen: „Wohnen Sie schon lange hier?“ oder: „Sind hier im Haus viele Familien?“

    Erschrick nicht, falls deine neue NachbarInnen Dich nicht gleich in ihrer Wohnung hineinbitten, und das ganze Gespräch im Treppenhaus stattfindet. In manche Länder wäre das vielleicht ein deutliches Zeichen der Unfreundlichkeit, hier bedeutet es diskrete, respektvolle Zurückhaltung.

    Liess die Hausordnung und die Waschküchenordnung ganz genau durch. Respektiert, können sie Instrumente des Friedens sein.

    Sag ungeniert, grosszügig, von Dir aus, überall "Guten Tag" und "Guten Abend", wann auch immer Du jemanden im Treppenhaus oder im Gang in der Firma siehst. Dasselbe wenn Du einem Laden oder einem Restaurant betrittst. Ansonsten könntest Du als unhöflich gelten. Bitte eine mundartsprechende Person des Vertrauens Dir beizubringen, wie um einigermassen gut "Grüezi" und "Grüezi Mitenand" [regionalkorrekt] auszusprechen, und schalte dann wenigstens für diese Wörter um.

    Merke Dir, dass Tschüss in der Schweiz ein Du-Form ist, und somit unhöflich gegenüber alle Personen, mit denen Du per Sie bist. Eselsbrücke könnte akustisch sein: Ttsscchhuss ist wie Ttsscchhau (Ciao).

    Lerne die Namen aller Personen in deinem Umfeld. Während in manche Länder es ganz in Ordnung wäre etwa im Tennisclub über Monaten hinweg den inzwischen bekannten Gesichte "Hallo Jungs!" zu zu rufen, ist es hier unerlässlich jede Person (d.h. alle Nachbarinnen, auch die Kinder, alle BürokollegInnen, die Empfangsperson, der Hauswart, usw.) direkt per Name anzusprechen. Also: "Grüezi Frau Müller." Und zu ihrer Tochter: "Sali Angelina." Dasselbe am Abend beim Verlassen des Arbeitsplatzes. Hierfür kann es helfen, selber eine Skizze jeder Person zu machen, mit Wohnungs- bzw. Büronummern, usw.

    An einem Abendessen oder Fest bei jemanden privat, zu Hause, kann es sein, dass jede Person jede andere Person individuell die Hand gibt, und sich vorstellt. Meistens vergessen die Leute dann den Namen der anderen. Wenn es Dir gelingt, sie zu merken, machst Du den Menschen eine Freude. Am Tisch, beim Wein, schaut jede Person um die Reihe nach jede anderen beim Anstossen in den Augen und sagt dabei deren Namen.

    Beim Telefonieren, reicht es nicht, ohne Begrüssung direkt deine Anliegen zu formulieren, z.B. "Hallo, wann schliessen Sie bitte?"

    Hier hat ein Telefongespräch ein ganz bestimmter Ablauf, und wer dieser nicht einhält, kann sein Gegenüber verärgern oder kränken.

    Z.B. Du rufst, den Supermarkt an.

    Die Telefonistin antwortet: "Migros Winterthur Marktgasse, Marthaler, Grüezi."

    Du: "Grüezi Frau Marthaler, hier ist Schmidt (dein Name)."

    Du schweigst nun, damit sie Gelegenheit hat Dich höflich zu begrüssen: "Grüezi Herr Schmidt."

    Am besten notierst Du ihren Namen, denn Du brauchst ihn später wieder. Die schöne Gedanke hier ist, dass weder Du noch sie aus nur Eure Rollen bestehen: sie ist nicht eine namenslose Telefonistin/Auskunftsautomaten, und Du bist nicht ein anonyme Kunde. Ihr seid je jemand.

    Du: "Würden Sie mir bitte sagen, bis wie spät Ihre Filiale heute offen hat?"

    Sie: "Heute bis 19h. Eigentlich Montag bis Freitag jeweils bis 19h."

    Du: "Danke. Und samstags, bitte?"

    Sie: "Samstags bis 16h, sonntags geschlossen."

    Du: "Vielen Dank.”

    Und jetzt kommt das Erstaunliche: Sie: „Gern geschehen, Herr Schmidt.“ (Sie hat sich deinen Name gemerkt, oder auch am Anfang aufgeschrieben.)

    Höfflich ist, wenn Du auch antwortest: „Danke, Frau Marthalter, und schönen Abend.“

    Sie: „Danke, gleichfalls. Adieu, Herr Schmidt.“

    Du: „Adieu, Frau Marthaler.“

    Natürlich wird nicht immer jedes Gespräch genauso ablaufen, aber diese generelle formale Höflichkeit wird geschätzt.

    Entsprechend kann eine Interaktion bei der Kasse, an einem Auskunftsschalter, beim Kauf eines Bahnbillets, an der Käsetheke ablaufen. Sie beginnt stets zuerst mit Grüezi. Und „darf ich bitte“ oder „ich hätte gern“ oder „würden Sie mir bitte erklären,“ oder Ähnlichem.

    Wo mehrere Personen auf Auskunft oder Bedienung warten, aber keine eindeutige Warteschlange gebildet haben, wissen die Menschen in der anscheinend strukturlosen Gruppe meistens genau, wer vor ihnen da war. Wenn Du auch ankommst und mit-wartest, gehört es dazu, dass Du merkst, dass die Frau in Grün, der Teenager, die zwei Geschäftsfrauen, der Sportler und der alter Mann vor Dir da waren. Während Du wartest, merkst Du Dir auch, wer nach Dir ankommt. Nach Ablauf jeder Kassentransaktion wird die Verkäuferin aufblicken und fragen: „Wer ist dran?“ . Hier missverstehen mache Deutschen die Frage als eine Einladung, dass die nächste Person, die jetzt bereit ist, die weiss was sie bestellen will, und nun bedient werden will, sich melden darf/soll. Nein! Die Frage bezieht sich auf die Reihenfolge, und fast alle KundInnen haben sich diese gemerkt, und die gilt beinahe so genau wie eine strikte Warteschlange ein England.

    (Eine seltsame Ausnahme hierzu bilden Ski-Lifte, in der es leider allzu oft mittels Ellenbogen vorwärts geht sowie, etwas weniger energisch, das Einsteigen in einem Zug.)

    Was Geld betrifft, heisst es in der Schweiz: „Über Geld spricht man nicht, man hat’s.“ Während es in anderen Länder als freundliche, wohlwollende Interesse gelten kann, jemanden zu fragen, wie viel er verdient, ist das in der Schweiz ein totales Tabu. Sogar jemanden zu fragen, was er oder sie für das neue Auto, oder Sofa, oder Jeans ausgegeben hat, wird meistens nicht geschätzt... ausser Ihr seit schon gute Freunde.

    Eine löbliche Ausnahme hierzu bilden wunderbar ausländerfreundliche SchweizerInnen die, sofern sie Dich als höflich, fleissig und sauber einschätzen, bereit sein werden, Dir viele Tipps und Erklärungen zu geben, über wie Du finanziell zurechtkommen könntest, z.B. mit diversen Läden, oder Versicherungsberater empfehlen, Abonnemente des öffentlichen Verkehrs erklären, usw.

    Oberstes Gebot in deinen Zahlungswesen ist: „Keine Betreibungen!“ Für einiges, insbesondere bei der Bewerbung für einen Mietvertrag für eine Wohnung, ist es unerlässlich eine sogenannte Betreibungsauskunft beizulegen. Dies attestiert, dass Du innerhalb der letzten zwei (?) Jahren keine Schulden verursacht hast für die Du mehrmals erfolglos gemahnt wurdest, und als solche gilt sie als Indiz, dass Du künftig wahrscheinlich pünktlich zahlen wirst. Und pünktlich zahlen lohnt sich sowieso, weil oft schon ab der ersten Mahnung satte Gebühren (Fr. 10, oder Fr. 20) anfallen können.

    Wie für jeder Einwanderer (egal in welchem Land) werden Dir manches in deinem neuen Wohnland eigenartig vorkommen, oder unsympathisch. Für deine eigene Psychohygiene rate ich Dir es zu meiden, mit anderen AusländerInnen herumzusitzen, und über die Kleinkariertheit (oder was auch immer) der Einheimischen zu meckern. Wer das macht vergiftet nur die eigene Seele, und steuert nicht gerade auf Freundschaften mit den lokalen Menschen. Manches, dass ich hier beschrieben habe wird inzwischen unter den jüngeren Leute, die oft schon selber einen Auslandaufenthalt gemacht haben, viel lockerer gehandhabt. Lasse Dich aber nicht verführen, nur in Ex-Pat Kreise zu verkehren, denn da würdest Du an den SchweizerInnen vorbei leben, was schade wäre.

    Wenn Du erst mal ein Bisschen deinen Weg gefunden hast, hier, und mit den ersten Kulturanpassungen zurechtgekommen bist, würde ich Dir empfehlen, eine lockere, wachsende Glossar anzulegen, von Formulierungen die hier in der Schweiz als besonders (und unangenehm) Deutsch-klingend gelten, z.B. „Fernmeldegespräch“ statt „Telefonat“, „Apfelsine“ statt „Orange“, „O-Saft“ statt „Orangensaft“ oder „Orangenjus“, „Fahrrad“ statt „Velo“, „Spülbecken“ statt „Lavabo“, Bürgersteig" statt "Trottoir", "Bahnsteig" statt "Perron". Diese entdeckst Du mit der Zeit, oft aus Missverständnisse oder im Gespräch. Wenn Du die Umschaltung davon mit der Zeit meisterst, lasse dann auch am besten das geschriebene „scharfes S“ weg: in der Schweiz wird durchgehend stattdessen „ss“ benutzt.

    Hoffe, diese Ideen helfen. Es ist gut, sich zu akkulturalisieren, Du brauchst aber deine eigene Art keine Gewalt anzutun. Ich bin übrigens mit den Anderen, die hier geschrieben haben, einverstanden: deine Gesinnung ist jetzt schon vorsichtig und höflich, und diese Haltung wird wahrscheinlich in deinem Umgang im Alltag auch gleich durchscheinen. Somit: herzlich willkommen!

  • Vielen Dank, Andy Capp!

    Ich hoffe, Patrick liest noch mit, denn ich dachte noch an einige weitere Punkte.

    Zum einen daran, dass wir hier in der Deutsch-Schweiz das Telefon mit unseren Namen abnehmen, z.B. "Migros Hauptbahnhof, Keller", und das auch privat: "Keller" ist üblich, manchmal nur "Patrick" oder auch "Keller, Grüezi" und bei Kindern höflich: "Angeline Müller, Grüezi".

    Also eher nicht das Telefon mit "Hoi!"oder "Hallo!" abnehmen, die als irgendwie faul, träge, sogar nicht vertrauenswürdig gedeutet werden könnte (er sagt nicht mal seinen Namen, er hat wohl etwas zu verbergen), und ja nicht mit "Ja?!" , was als ungeduldig und barsch empfunden werden kann. Auch nicht mit den Telefonnummer "null drei drei vier neun....," usw. wie es in manche anderen Länder Sitte ist.

    In Manchen Kulturen sprechen am Tisch oder in der Bar alle Anwesenden kunterbunt gleichzeitig; Schweizer hingegen lassen einander generell ausreden, und schätzen es, denselben Respekt entgegengebracht zu werden.

    Falls Du jemanden kennenlernen möchtest, lädst Du ihn oder sie am Besten zu einem Kaffee ein, und dann in einem Lokal, d.h. Café-Bar, Restaurant, usw. und nicht zu Dir nach Hause. Für eine erste (und zweite und dritte!) Begegnung wird das Privatsphäre von "dihei" als viel zu intim betrachtet, und eine Einladung dorthin kann abschrecken. Ein Café hingegen ist niederschwellig, damit jede sich frei fühlt, auch nach eine Stunde sich versabschieden zu können, falls er oder sie das will. Kleine Schritte auf den Weg. Falls Du später mit der gleichen Person wieder im Café sitzt, ist es wichtig, dass Du noch weisst, ob das letzte Mal Du für sie oder sie für Dich den Kaffee bezahlt hat. Es wird nämlich alternierend gemacht, d.h. beim nächsten Mal ist die andere Person dann dran. Ausnahme ist, wenn der Konsum klar sehr unterschiedlich war, wenn eine Person gegessen und die andere nur ein Tee getrunken hat. Dann bezahlt jede Person für sich.

    Wenn Du eine Auskunft von einer Schweizerin oder einen Schweizer erhältst, ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Informationen stimmt, sehr hoch. Ein Fehlerquote ist meist nur wirklich auf Irrtümer zurückzuführen. Wenn ein Passant nicht weiss, wo der Bahnhof ist, antwortet er ehrlich und ohne Würdeverlust: "Es tut mir leid, ich bin nicht von hier und weiss es nicht." Dasselbe solltest Du tun. Dies gilt auch bei Themen, über die ich teilweise etwas weiss, da ist es besser zu sagen: "Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es genau so abläuft. Ich meine aber, verstanden zu haben...." Findet jemand irgendwann raus, dass eine Person lauthals und bestimmt angeblichen Fakten erklärt hatte, und im Nachhinein stellt es sich heraus, dass diese nur ihre Meinung war, oder dass sie die Ideen erläuterte im Bewusstsein, dass die Quelle ihrer Informationen gar nicht sicher sei.... wird sie ihren Ruf verlieren. Und je lauter sie gesprochen hat, desto weniger Chance hat sie, je wieder ernst genommen zu werden.

    Und damit bin ich bei Lautstärke angekommen. Versuch's mal im Tram oder im Zug, zu zu hören: wer spricht am Lautesten? Natürlich gibt es laute und leise Menschen aus allen Länder, auch SchweizerInnen, aber es wird irgendwie den Deutschen besonders übel genommen, sprechen sie lauter als den anderen. Im Alltag ist es ratsam, nicht über den Umgebungsdezibel zu sprechen und keine iPod oder Ähnlichem zu tragen, die von deinen Sitznachbar gehört werden kann. Falls Du je in einem Konflikt gerätst, versuche ganz bewusst die Volume deine Stimme zu senken: damit umgehst Du negative Vorurteile über kämpferische, rechthaberische Deutschen.

    Ausserdem ist es in öffentlichen Situation ohnehin anzunehmen, dass die Auskunftsperson die Du mit einer Beanstandung näherst, wirklich zuhören wird, und ihr Bestes tun wird, deine Lage zu verbessern. Was aber nicht geht, ist irgendeine Verhandlungsversuch die als Herumschleichen oder drängen verstanden wird. Hast Du versäumt, die Kaufbedingung zu lesen, und findest Du sie im Nachhinein nicht in Ordnung, oder willst Du, dass der Verkäufer doch noch deine abgelaufene Rabattkarte (z.B. Studenten-Legi) anerkennt, oder Dir einen Preisnachschlag gibt, weil Du nun 3 Produkte kaufst... nee, keine Chance. Spricht sich das herum, dass Du je irgendetwas mit einem solchen Manöver zu tun hattest, ist das auch rufschädigend. Ich meine hier keineswegs nur klar Unehrliches, was wohl überall verpönt ist. Der Grundsatz ist: korrekt ist korrekt. Anderswo kann ein Kunde z.B. von der Kioskfrau, bei der er täglich seine Zeitung kauft, irgendwann durchaus erwarten, dass sie ihn an einem Tag seinen Kaffee einfach schenkt statt in der Kasse zu tippen... das habe ich in der Schweiz selten je erlebt, und meine, es vorzuschlagen oder gar dafür zu bitten würde als schlechte Manieren gelten, und die Beziehung trüben.

    Beginnst Du bei einer Reklamation jeweils mit: "Entschuldigen Sie bitte, ich habe da eine Frage...." wird der Kellner, dem Du erklärst, warum Du mit dem Essen nicht zufrieden bist (wenn das unbedingt sein muss), die Kassiererin, die sich vertippt hat, die Frau vom Kundendienst die einen mangelhaften Gegenstand zurücknehmen soll, die Beamtin auf der Gemeinde auf deren Dokumente Du wartest, usw., Dich kaum je abschneiden, abweisen, oder sonst barsch reagieren. Sie wirken nicht immer sofort herzlich-heiter freundlich, sind aber sehr wohl höflich und, sofern irgendwie möglich, entgegenkommend. Im Gegensatz zu manchen anderen Länder, in der der Kunde erst mal kräftig auf dem Tisch klopfen muss, um überhaupt gehört zu werden, oder wo er mit einer Reaktion von höchstens nur ein Schulterzücken oder "Pech gehabt!" oder "Da kann ich nichts dafür!" rechnen muss, ist es in der Schweiz ein Wohltat und wunderbar, wie hilfreich und lösungsorientiert dann gearbeitet wird... sofern die Person, die die Reklamation entgegennehmen muss, sich nicht persönlich angegriffen oder beleidigt fühlt. Auch wenn Du deine Sache klar bist, und dich präzis ausdruckst (ganz in Ordnung) kann ein sanften Ton gleich zur Beginn der Interaktion, und durchgehend, das ganze ermöglichen.

    Ein weitere Tipp: lerne einige gute spezifisch Schweizerische Witze. z.B. über den Kantonen, über den Ortsnamen oder den Bergen. Wenn Du das Schweizerische daran verstehst, tut es Dir und deinem Umgang gut.

    Hoffe das hilft, und alles Gute!



  • Guten Abend,

    Ich hab mich hier mal angemeldet, da mich ein Schweizer darauf aufmerksam gemacht hat und habe gleich mehrere Fragen, ich hoffe es ist hier richtig wenn nein entschuldigt bitte :)

    Ich arbeite seit diesem Sommer in der Schweiz für ein großes Unternehmen und werde im Dezember in die Schweiz ziehen, jetzt denken leider viele deutsche, dass die Schweiz ein weiteres "Bundesland" von Deutschland wäre und bedenken nicht das Es dennoch ein anderes Land mit anderen Sitten usw. ist, das ist der Fehler und diesen habe ich noch nie begangen, aber ein hier Arbeiten und hier Leben sind zweierlei.

    Ein paar Dinge wie sonntags nicht wäschen oder Staubsaugen sind mir schon bekannt, auch das die Schweizer gerne die Motivation sehen ihre Sprache zumindest teilweise zusprechen, ob das alles schon stimmt weiß ich nicht!? Ich komme ausnahmsweise mal nicht des Geldes wegen her, sondern weil Deutschland immer mehr den Bach runter geht und ich die Schweiz sehr mag und hier gut aufgenommen wurde, einwenig Angst wegen des ständig im Internet lesenden "Deutschhass", habe ich allerdings schon, deswegen will ich mich so gut migrieren wie möglich.

    Was also muss man tun, um sich von der Masse nicht abzuheben und aufzufallen? Mir wäre es sehr wichtig mit den anderen Bewohnern trotz meiner Deutschen wurzeln in Ruhe und Frieden zusammen unter einem Dach zu wohnen. Daher meine eigentliche Frage, wie verhält man sich am besten als Ausländer und was sollte man tunlichst vermeiden?

    Ich bedanke mich schon einmal im vorraus für die hoffentlich eintreffende Hilfe :)

    Freundliche Grüsse,

    Patrick1990



    Hallo Patrick,

    ich lebe jetzt seit fünf Jahren in der Schweiz. Dazu gekommen bin ich wie die Jungfrau zum Kind: Meine Firma ist wegen der niedrigeren Steuern in die Schweiz gegangen und uns Angestellte vor die Wahl gestellt "Schweiz oder kündigen" (so etwas kommt häufig vor, ich kenne Deutsche, Franzosen, Italiener und Briten denen allen in verschiedenen Branchen und Firmen Ähnliches widerfahren ist) . Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden, ich habe ein Kind bekommen (ein zweites ist unterwegs) und wir haben ein Haus gekauft. Wir werden hier wohl die nächsten Jahrzehnte bleiben. Direkten "Deutschenhass" habe ich nie erlebt und unsere direkten Nachbarn waren immer und sind zum ganz großen Teil wirklich sehr nette, freundliche und hilfsbereite Menschen. (Danke an euch alle, ihr habt uns unser Einleben hier sehr erleichtert!) Bescheidenes, freundliches und höfliches Auftreten hilft immer - allerdings nicht nur in der Schweiz.

    Für viele Deutsche ist die Schweiz so etwas wie "ein Deutschland wie es sein sollte" und versuchen sich vollständig zu assimilieren. Süddeutsche haben meistens auch keine Schwierigkeiten die Mundart zu verstehen.

    Ich bewundere wirklich Vieles in diesem Land und ich gebe mir alle Mühe, ein gutes Mitglied meiner Gemeinde zu sein. Es gibt allerdings nicht zu unterschätzende subtile kulturelle Differenzen, die es mir sehr schwer machen, mich heimisch zu fühlen. Vielleicht ist es bei dir anders (gerade wenn du aus dem Süden kommst, wie deine Sprache ja auch nahe legt).

    Solltest du Kinder haben (oder planen), ist die Schweiz ganz anders als Deutschland. Kinderbetreuung ist unglaublich teuer oder unzureichend - und in jedem Fall unflexibel. "Alternative" Bildungsangebote sind entweder nicht vorhanden oder (wie fast alles) unglaublich teuer. Der Zugang zu höherer Bildung ist stark reglementiert. Das Humboldtsche Bildungsideal ist unbekannt. Bildung wird als Mittel zum Zweck, nicht als Wert an sich gesehen.

    In der Schweiz hat alles ein Preisschild. Alles wird in Funktion seiner Nützlichkeit bewertet. Das macht die Schweizer ja auch wirtschaftlich so unglaublich erfolgreich. Für jemanden mit einer etwas "idealistischeren" Sozialisierung ist das manchmal schwer verdaulich.

    Der Umgang mit Wahrheit und Lüge ist komplett anders. Schweizer lügen selten ganz direkt. Sie sind allerdings Meister darin, Negatives auszublenden, Unvorteilhaftes zu ignorieren und das Blaue vom Himmel herab zu erzählen und dabei selbst davon völlig überzeugt zu sein (sic!). Ich habe Hunderte von Beispielen für absolut freche Lügen - und die Lügner würden dir ganz ehrlich sagen, sie hätten nicht gelogen weil sie selber davon überzeugt sind.

    Man kann sehr gut in diesem Land leben und die allermeisten Schweizer sind auch wirklich freundlich aber es ist nicht immer leicht.

  • Wir Schweizer mögen es nicht, wenn man uns einfach Du sagt. Das lernen wir in der Schule, dass diese Form nichts für Begegnungen ist, die man gerade erst gemacht hat. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Deutsche oft sehr forsch sind, vom Arzt bis zum Verkäufer am Kiosk. Oder das man das Gefühl hat, dass man sich ihnen anpassen muss und nicht umgekehrt. Ich kannte früher einen Mann, der auch aus DE in die Schweiz gezogen ist. Der machte sich lustig über die Rentner in der Migros, die man alle einsammeln sollte und am besten wegschliessen muss. Damit es mehr Platz hat zum einkaufen. Das ist vielleicht auch seiner schlechten Erziehung zu zuschreiben. Dann hatte ich einen deutschen Arzt im Unispital. Der sagte zu mir: Hatten Sie schon einmal Hautkrebs? Nein? Jetzt haben Sie es. Mag auch sein, dass der einfach mit dem D Zug durch die Kinderstube gefahren ist.

    Es fällt mir auf, dass wir Schweizer in DE eher willkommen geheissen werden als umgekehrt. Wenn ich nur daran denke wie nett die Verkäuferinnen in Waldshut sind, trotz dem Stress, den sie sicher oft haben. Diesen Sommer waren wir in München, ich liebe diese Stadt. Ich habe einen Rolatror und ich habe mich sehr gefreut, dass mir die Dame, die da bei der Toilette sitzt, mir die Türe zum Behinderten WC geöffnet hat. Andererseits war es interessant zu sehen, dass da überhaupt jemand ist und man dort auch ein kleines Trinkgeld gibt.

    Bleibe einfach so, wie du erzogen wurdest. Freundlich und mit Anstand. Wenn du etwas nicht verstehst, dann frag einfach nach. Wir reden manchmal etwas schnell. ;)

  • Mein obenstehender Beitrag ist zu früh weg.

    Also:

    In Biel zum Beispiel lebt es sich ganz anders als in ZH oder im Säuliamt, ganz zu schweigen von der Romandie.

  • Cherry2, man kann nie alle Menschen über einen Kamm scheren. Deshalb beschrieb ich ganz bewusst meine freundlichen Nachbarn und sprach dann zwei kulturelle Unterschiede an, die mir persönlich das Leben immer wieder schwer machen und an denen ich mir seit fünf Jahren regelmäßig die Nase stoße.

    Kultur ist immer nur ein statistischer Mittelwert und ich wollte gewiss niemanden persönlich angreifen sondern nur klar machen, dass es trotz der augenscheinlichen Gemeinsamkeiten gewisse Mentalitätsunterschiede gibt, die sich nicht immer leicht überbrücken lassen. Bücher á la "Was uns an den Deutschen nervt" werden in der Schweiz ja auch regelmäßig zu Bestsellern.

    Bezeichnend ist auf jeden Fall auch, dass die erste konkrete Reaktion auf meinen Beitrag kein "Oh, eine interessante Beobachtung" oder "Moment mal, das hast du falsch interpretiert, die Sache ist nämlich die ..." sondern ein "das ist nicht so ..." war.

    Nichts für ungut und liebe Grüße. Ich freue mich ja sehr, dass Sie mit mir kommunizieren und nicht nur Kopf schüttelnd über meine kleinen und sicher sehr individuellen Beobachtungen hinweg gehen.

  • Was Conchita anscheinend noch nicht ganz begriffen hat ist das mit der Bildung

    Wir haben das Duale Bildungssystem. Bei uns machen viele Kinder eine Lehre. Nicht so wie in Deutschland und den vielen Ländern um uns herum wo jeder einfach mal das Abi machen muss und Studieren.

    Und bei uns ist man kein Idiot, nur weil man kein Abi hat.

    Im Gegenteil, als Handwerker hat man goldenen Boden in der Schweiz.

    Bei uns hat man auch die Möglichkeit, nach einer Berufausbildung verschiedene Wege einzuschlagen und sich weiter zu bilden. Man kann sogar den Doktor machen, auf diesem Weg.

    "Bildung wird als Mittel zum Zweck, nicht als Wert an sich gesehen."

    Auch da scheinst du nicht verstanden zu haben wir unser Bildungssystem funktioniert.

    Gut auch nicht gross ein Problem. Deine Kinder werden ja sowieso auf die International School gehen, da wir Schweizer ja so doof sind und unsere Kinder nicht richtig ausbilden können.

    Und was ich ja gar nicht verstehen kann. Wenn sie ja eine "idealistischeren" Sozialisierung hat, warum sie sich dann gezwungen sah, in die Schweiz zu kommen und hier zu leben. Gerade in den Kanton Zug. Muss ja wohl des Geldes wegen gewesen sein, oder??!!!! Und hey suppi, man konnte sich sogar ein eigenen Haus leisten. Was viele von uns Zugern genau wegen solchen Leuten wie euch nicht mehr können.

    Und ganz frech finde ich die Unterstellung wir Schweizer seien alles Lügner. Hey hallo, gaats no. Schau mal die Länder um uns an. Wird da nicht gelogen. Sind die alle so ehrlich, ha...

    Genau solche Leute mit solcher Einstellung sind dann diejenigen, die früher oder später finden, sie seien in der Schweiz nicht willkommen.

    Wen wunderts.

    Ich kenne viele Ausländer, naja als Zugerin lässt sich das ja nicht vermeiden. Und ich habe darunter viele gute Freunde. Aber eben. Niemand meinder Freunde müsste mir so kommen wie Cochita.

    Darum finde ich der TE macht das gut. Zuerst informieren, und wenn man was nicht vestehen, dann fragen und nicht einfach verurteilen.

  • Liebe PC, zunächst danke ich dir, dass du dich ausführlich mit meinem Posting auseinandergesetzt hast (wenn auch weniger mit den Teilen, in denen ich meiner Schweizer Umgebung meine Hochachtung und meinen Dank für ihre Freundlichkeit ausdrücke. Das fällt wohl unter "selektive Wahrnehmung").



    Was Conchita anscheinend noch nicht ganz begriffen hat ist das mit der Bildung



    so so, da lasse ich mich doch gerne belehren.



    Wir haben das Duale Bildungssystem. Bei uns machen viele Kinder eine Lehre. Nicht so wie in Deutschland und den vielen Ländern um uns herum wo jeder einfach mal das Abi machen muss und Studieren.

    Und bei uns ist man kein Idiot, nur weil man kein Abi hat.

    Im Gegenteil, als Handwerker hat man goldenen Boden in der Schweiz.



    Das duale Bildungssystem ist mir sehr wohl ein Begriff (wer hat's eigentlich erfunden?) und Handwerk hat nicht nur in der Schweiz sondern fast überall goldenen Boden. Wie gesagt: die wirtschaftliche Verwertbarkeit einer guten Berufsausbildung kann niemand bestreiten und ein Abi oder eine "Matura"(???) macht einen weder zu einem besseren Menschen und es gibt haufenweise Idioten mit akademischen Titeln.



    Bei uns hat man auch die Möglichkeit, nach einer Berufausbildung verschiedene Wege einzuschlagen und sich weiter zu bilden. Man kann sogar den Doktor machen, auf diesem Weg.



    Das ist ja auch gut.



    "Bildung wird als Mittel zum Zweck, nicht als Wert an sich gesehen."

    Auch da scheinst du nicht verstanden zu haben wir unser Bildungssystem funktioniert.



    Eigentlich hat deine Antwort genau diese Haltung eindrucksvoll belegt.



    Gut auch nicht gross ein Problem. Deine Kinder werden ja sowieso auf die International School gehen, da wir Schweizer ja so doof sind und unsere Kinder nicht richtig ausbilden können.



    Naja, mal abgesehen davon, dass das Schulgeld dort jedes normale Familienbudget (auch unseres) völlig sprengen würde, finde ich es auch nicht besonders erstrebenswert, dass sich meine Kinder hauptsächlich mit Snobs sozialisieren und die hohe Fluktuation unter den Schülern ist auch nicht hilfreich, um dauernde Freundschaften aufzubauen. (Ich kenne diverse Eltern, deren Kinder da waren oder sind.)

    Ich habe auch nicht gesagt, dass ihr zu doof seid, nur dass ihr gewisse Akzente ganz schön anders setzt.



    Und was ich ja gar nicht verstehen kann. Wenn sie ja eine "idealistischeren" Sozialisierung hat, warum sie sich dann gezwungen sah, in die Schweiz zu kommen und hier zu leben. Gerade in den Kanton Zug. Muss ja wohl des Geldes wegen gewesen sein, oder??!!!! Und hey suppi, man konnte sich sogar ein eigenen Haus leisten. Was viele von uns Zugern genau wegen solchen Leuten wie euch nicht mehr können.



    Ja ich habe eine sehr gute Arbeit (ziemlich alternativlos - bei meinem Alter und meiner Biographie), allerdings war es nicht meine Idee, in die Schweiz zu kommen sondern die meiner Chefs. Ein Haus in Zug könnten wir uns nie im Leben leisten, deshalb haben wir den Kanton auch (leider) verlassen.



    Und ganz frech finde ich die Unterstellung wir Schweizer seien alles Lügner. Hey hallo, gaats no. Schau mal die Länder um uns an. Wird da nicht gelogen. Sind die alle so ehrlich, ha...



    Gelogen wird überall, nur eben anders. Ich habe nur auf das hingewiesen was ich persönlich als "spezifisch Schweizerische" Lüge identifiziere, nämlich sich die Wahrheit so zu recht zu biegen, dass man auch noch selber daran glaubt.

    Genau solche Leute mit solcher Einstellung sind dann diejenigen, die früher oder später finden, sie seien in der Schweiz nicht willkommen.

    Wen wunderts.



    Mein überschwängliches Lob auf die freundlichen Schweizer meiner Umgebung ist dir aber entgangen, oder?

    Ich kenne viele Ausländer, naja als Zugerin lässt sich das ja nicht vermeiden. Und ich habe darunter viele gute Freunde. Aber eben. Niemand meinder Freunde müsste mir so kommen wie Cochita.

    Darum finde ich der TE macht das gut. Zuerst informieren, und wenn man was nicht vestehen, dann fragen und nicht einfach verurteilen.



    Habe ich verurteilt? Ich habe nur einem Landsmann, der sich mit dem Gedanken trägt hierher zu kommen, meine ganz persönlichen Stolpersteine geschildert. Die Schweiz ist ein gutes Land aber nicht das Paradies auf Erden.

    Noch einmal: Bezeichnend ist schon, dass jede konkrete Reaktion auf meinen Beitrag kein "Oh, eine interessante Beobachtung" oder "Moment mal, das hast du falsch interpretiert, die Sache ist nämlich die ..." sondern ein "das ist nicht so ..." und "du bist das Letzte" ist.

    Nichts für ungut und liebe Grüße nach Zug. Ich freue mich wirklich über jeden Beitrag, der mir hilft, meine Mitmenschen besser zu verstehen.

    An alle diejenigen, die es tatsächlich geschafft haben bis hierher zu lesen (Alle Achtung!):

    Ich habe im "Erziehungsforum" eine Frage gepostet und ich wäre sehr dankbar für Erfahrungsberichte und Tipps: Späterer Eintritt in den Kindergarten im Kanton Zürich. Wer hat Erfahrungen?.

  • Ich denke, Unterschiede zwischen Deutschschweizern und Deutschen sind gar nicht so gross wie sie bei uns, vor allem in rechtspopulistischen Medien, gern gemacht werden.

    Jedenfalls nicht grösser, als regionale Unterschiede es in Deutschland auch sind. Vieles im täglichen Leben läuft in Passau auch nicht gleich wie in Lübeck oder im Hunsrück.

    Ich sehe weder in den Verhaltensweisen der Durchschnittsbürger noch in den Abläufen und Regeln des täglichen Lebens gravierende Unterschiede.

    Es gibt auch nicht DIE Schweiz. Auch in der Schweiz gibt es die regionalen Unterschiede. Kantone und Gemeinden haben viel Autonomität.

    Behauptungen wie jene von Conchita betr. Kinderbetreuung sind mir da viel zu pauschal und realtitätsfremd. Es gibt da Städte, da trifft ihre Ansicht zu, Kinderbetreuung sei nicht gewährleistet und teuer. Es gibt aber ebensoviele Städte und Gemeinden, wo eine solche Betreuung problemlos ist und die Kosten dafür niemanden in finanzielle Bedrängnis bringen.

    Wie sich ein Deutscher zu benehmen hat? Ein wenig anmassend ist sie schon, die Frage.

    Ich meine, benimmt sich ein Deutscher wie in Deutschland, fällt er in der Schweiz mit Sicherheit niemandem auf.

    Und gut ist's!