Bei Krankheit Abzug eines Ferientages

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  • Seit kurzem habe ich einen neuen Arbeitgeber. Beim Vorstellungsgespräch wurde mir schon gesagt, dass wenn ich wegen Krankheit fehle, schon am ersten Krankheitstag ein Tag von meinem Ferienguthaben abgezogen wird, im Arbeitsvertrag ist das so geregelt. Der Arbeitgeber meinte zu mir, so wurde die Abwesenheiten wegen Krankheit massiv gesenkt. Kein Wunder so geht halt jeder krank arbeiten, was meiner Meinung nach dazu führt, dass man zusätzlich no seine Kollegen ansteckt.


    Nun frage ich mich aber, ob das rechtlich überhaupt zulässig ist. Ausserdem finde ich die Regelung schon sehr hart. Meine Freundin arbeitet in der Pflege und wurde von den Bewohner im Pflegheim auch schon angesteckt und mich danach auch. Eigentlich bin ich selten krank, jedoch hatte ich letztes Jahr den Norovirus, es war unmöglich so zu arbeiten. Ehrlich gesagt bin ich schon etwas sauer über diese Regelung. Trotzdem unterschrieb ich den Arbeitsvertrag, da es ansonsten eine gute und interessante Arbeitsstelle ist.

  • Sie können Ihrem Arbeitgeber sagen, dass Sie Ihre Arbeitsstelle für Sie gut und interessant ist (Kritik mit einer positiven Aussage einleiten). Sie können ihn dann ganze ruhig und neutral darauf hinweisen, dass die Regelung im Arbeitsvertrag, dass schon am ersten Krankheitstag ein Tag vom Ferienguthaben abgezogen wird gegen Artikel 329b des Obligationenrechts verstösst, wenn nicht in einem auf den Arbeitgeber anwendbaren Gesamtarbeitsvertrag oder Normalarbeitsvertrag eine für den Arbeitnehmer im Ganzen im Vergleich zu Artikel 329b Absatz 2 des Obligationenrechts mindestens gleichwertige Regelung enthalten ist. Sie können ihm sagen, dass diese Regelung im Arbeitsvertrag gemäss Artikel 362 Absatz 2 des Obligationenrechts nichtig ist, wenn nicht in einem auf den Arbeitgeber anwendbaren Gesamtarbeitsvertrag oder Normalarbeitsvertrag eine für den Arbeitnehmer im Ganzen im Vergleich zu Artikel 329b Absatz 2 des Obligationenrechts mindestens gleichwertige Regelung enthalten ist. Eine Regelung wird wahrscheinlich nur im Ganzen für den Arbeitgeber mindestens gleichwertig sein, wenn dafür bei einer um mehr als einen Monat dauernden Verhinderung an der Arbeitsleistung die Ferien (der Ferienanspruch pro Jahr) für jeden vollen Monat der Verhinderung um (deutlich) weniger als ein Zwölftel gekürzt werden.


    Ich empfehle Ihnen sich zu informieren, ob auf Ihren Arbeitgeber ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) oder Normalarbeitsvertrag (NAV) anwendbar ist und was in diesem GAV bzw. NAV bezüglich Krankheit steht. Ein GAV wird normalerweise zwischen einer Gewerkschaft bzw. Arbeitnehmerorganisation und einer Arbeitgeberorganisation ausgehandelt und kann von der Regierung als für alle Unternehmen in einer Branche in einem oder mehreren Kantonen oder in der gesamten Schweiz als allgemeinverbindlich erklärt werden.


    Der Artikel 356 OR definiert, was ein Gesamtarbeitsvertrag ist. Der Artikel 359 OR definiert, was ein Normalarbeitsvertrag ist.


    Wenn Ihr Arbeitgeber einen Arbeitnehmer kündigt, weil dieser sich gegen die Kürzung des Ferienanspruch wehrt und der Arbeitnehmer den Grund der Kündigung nachweisen kann, ist dies eine missbräuchliche Kündigung. Eine missbräuchliche Kündigung führt trotzdem zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf der Kündigungsfrist und ist trotzdem gültig. Bei einer missbräuchlichen Kündigung erhält der Arbeitnehmer aber eine Entschädigung. Zusätzlich kann der Arbeitnehmer den Wert des unrechtmässig gekürzten Ferienanspruchs einklagen.



    Art. 329b C. Pflichten des Arbeitgebers / VIII. Freizeit, Ferien, Urlaub für Jugendarbeit und Mutterschaftsurlaub / 2. Ferien / b. Kürzung



    1 Ist der Arbeitnehmer durch sein Verschulden während eines Dienstjahres insgesamt um mehr als einen Monat an der Arbeitsleistung verhindert, so kann der Arbeitgeber die Ferien für jeden vollen Monat der Verhinderung um einen Zwölftel kürzen



    2 Beträgt die Verhinderung insgesamt nicht mehr als einen Monat im Dienstjahr und ist sie durch Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten, Ausübung eines öffentlichen Amtes oder Jugendurlaub, ohne Verschulden des Arbeitnehmers verursacht, so dürfen die Ferien vom Arbeitgeber nicht gekürzt werden



    3 Die Ferien dürfen vom Arbeitgeber auch nicht gekürzt werden, wenn eine Arbeitnehmerin wegen Schwangerschaft bis zu zwei Monate an der Arbeitsleistung verhindert ist oder weil sie die Mutterschaftsentschädigung im Sinne des Erwerbsersatzgesetzes vom 25. September 1952 (EOG) bezogen hat.



    4 Durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag kann eine von den Absätzen 2 und 3 abweichende Regelung getroffen werden, wenn sie für den Arbeitnehmer im Ganzen mindestens gleichwertig ist.



    Art. 362 B. Unabänderlichkeit zuungunsten des Arbeitnehmers


    B. Unabänderlichkeit zuungunsten des Arbeitnehmers



    1 Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag darf von den folgenden Vorschriften zuungunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers nicht abgewichen werden:





    Artikel 329b:Absätze 2 und 3 (Kürzung der Ferien)



    2 Abreden sowie Bestimmungen von Normalarbeitsverträgen und Gesamtarbeitsverträgen, die von den vorstehend angeführten Vorschriften zuungunsten des Arbeitnehmers abweichen, sind nichtig.



    Art. 341 H. Unverzichtbarkeit und Verjährung


    H. Unverzichtbarkeit und Verjährung



    1 Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und eines Monats nach dessen Beendigung kann der Arbeitnehmer auf Forderungen, die sich aus unabdingbaren Vorschriften des Gesetzes oder aus unabdingbaren Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrages ergeben, nicht verzichten.



    2 Die allgemeinen Vorschriften über die Verjährung sind auf Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis anwendbar.



    Art. 3361G. Beendigung des Arbeitsverhältnisses / III. Kündigungsschutz / 1. Missbräuchliche Kündigung / a. Grundsatz


    III. Kündigungsschutz


    1. Missbräuchliche Kündigung


    a. Grundsatz



    1 Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht:


    d.
    weil die andere Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht;


    Art. 336a1G. Beendigung des Arbeitsverhältnisses / III. Kündigungsschutz / 1. Missbräuchliche Kündigung / b. Sanktionen


    b. Sanktionen


    1 Die Partei, die das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der anderen Partei eine Entschädigung auszurichten.



    2 Die Entschädigung wird vom Richter unter Würdigung aller Umstände festgesetzt, darf aber den Betrag nicht übersteigen, der dem Lohn des Arbeitnehmers für sechs Monate entspricht. Schadenersatzansprüche aus einem anderen Rechtstitel sind vorbehalten.



    Art. 336b1G. Beendigung des Arbeitsverhältnisses / III. Kündigungsschutz / 1. Missbräuchliche Kündigung / c. Verfahren


    c. Verfahren


    1 Wer gestützt auf Artikel 336 und 336a eine Entschädigung geltend machen will, muss gegen die Kündigung längstens bis zum Ende der Kündigungsfrist beim Kündigenden schriftlich Einsprache erheben.


    2 Ist die Einsprache gültig erfolgt und einigen sich die Parteien nicht über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, so kann die Partei, der gekündigt worden ist, ihren Anspruch auf Entschädigung geltend machen. Wird nicht innert 180 Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Klage anhängig gemacht, ist der Anspruch verwirkt.


    Obligationenrecht (OR):


    https://www.admin.ch/opc/de/cl…ation/19110009/index.html