Ausstieg aus Hypothekarvertrag: Kostet mehr als alle Zinszahlungen bis Ende Vertrag?

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  • Auf meine Anfrage hin, hat meine Bank (ZKB) die Kosten errechnet (sog. Vorfälligkeitsentschädigung), die anfallen, sollte ich aus mein Hypothekarvertrag vorzeitig (3 Jahre vor Ende einer 10-jährigen Festhypotheke) kündigen wollen. Die bis zum ordentlichen Ende des Vertrags geschuldete Hypo-Zinsen betragen ca. CHF 76'200 bei einem Zinssatz von 3.1%. Für diesen vorzeitigen Ausstieg verlangt die Bank aber CHF 83'700 (!!!) - also mehr als die geschuldeten Zinsen bis zum Vertragsende.


    Das Thema "Negativzinsen" ist mir bekannt - scheint mir aber für eine Grossbank eine billige Ausrede zu sein, denn:


    1. Die Rückzahlung eines Darlehens inkl. aller damit geschuldeten Zinsen 3 Jahre im Voraus verdient diskontiert zu werden.

    2. Ich glaube nicht, dass eine Bank dieses Geld nicht gewinnbringend anlegen könnte; das ist doch genau die Kernkompetenz der Banken!


    3. Durch den Wegfall des Risikos müsste die im Hypozins eingerechnete Risikoprämie auch berücksichtigt werden.


    4. Eine 3-jährige Festhypotheke kostet derzeit bei der ZKB 1.1%!


    Gibt's für den Darlehensnehmer in einem solchen Fall überhaupt Verhandlungsspielraum?

  • Massgebend sind nicht die heutige Hypozinsen sondern Geldmarkt-Renditen, die ja stark negativ sind. SNB/ECB sei dank. So steht ganz klar in meinem ZKB Vertrag:


    "Bei ZKB Hypotheken mit fester Laufzeit errechnet sich die Entschädigung in Prozenten die gesamte Darlehensrestlaufzeit pro rata temporis. Der massgebende Prozentsatz pro Jahr entspricht dabei der Differenz zwischen dem im Zeitpunkt der vorzeitigen Fälligkeit geltenden Darlehenszinssatz und dem auf den selben Zeitpunkt erzielbaren Zinssatz für eine Anlage am Geld- und Kapitalmarkt mit entsprechender Restlaufzeit."


    Ja, es ist eine ganz miesige Abzocke, aber Vertrag ist Vertrag.


    > Gibt's für den Darlehensnehmer in einem solchen Fall überhaupt Verhandlungsspielraum?


    Vielleicht könnten Sie die Hypothek auf Ihr neues Objekt mitnehmen oder den Käufer übernehmen lassen

  • Ich sage ja: Die "Negativzins-Thematik" ist mir durchaus bewusst.


    Die Ziffer 4 betr. "Spezielle Produktebestimmungen zu ZKB Festhypothek" ist mir geläufig.


    Diese lautet in meinem Vertrag wie folgt (entspricht letztlich Ihrer Version):


    " Die Vorfälligkeitsentschädigung errechnet sich in Prozenten des Darlehensbetrags für die ganze Restlaufzeit pro rata temporis. Der massgebende Prozentsatz pro Jahr (gegebenenfalls inkl. Vorlaufzeit) entspricht dabei der Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Zinssatz und dem zum Zeitpunkt der Kündigung für die Vertragslaufzeit gültigen Satz am Geld- und Kapitalmarkt."


    Die Frage scheint mir legitim, inwieweit eine solche Vertragsbestimmung in einer B2C Umgebung (d.h. in einem Retail- resp. Konsumentenverhältnis) überhaupt durchsetzbar ist, da diese (nicht verhandelbare) Vorschrift letztlich zu einer klaren Übervorteilung des Vertragspartners führt. Nicht nur das; die betreffende Bestimmung ist dermassen unklar und zugunsten der Bank formuliert, dass man sagen kann, dass die Bank bei solchen Geschäften sämtliche Risiken auf den Darlehensnehmer überwälzt.


    Ich gebe Ihnen Recht: Vertrag ist Vertrag. Nur: Solche "Feinheiten" bleiben dem Konsumenten nicht nur verborgen, sondern sind für diesen - absichtlich - überhaupt nicht erkennbar.

  • Einer Grossbank irgendwelche Konzessionen abzuringen, ist bekanntlich nicht ganz einfach. Hat irgend jemand eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen, das mir als Darlehensnehmer helfen könnte?


    Vielen Dank!


    O.

  • Bespreche mit dem Käufer ob er die Hypothek gegen eine Entschädigung übernehmen will (sonst erhöhe der Kaufpreis wenn er will nicht). Wahrscheinlich können sie eine beidseitig vorteilhafte Lösung finden!


    Also, die Bank will jetzt -0.3% Zins von dich und 1.1% vom Käufer zu haben, dann können sie sich irgendwo in die Mitte z.B. 0.4-0.5% treffen und eine entsprechende Kaufpreisminderung einkalkulieren. Steuern nicht vergessen

  • Sie haben anscheinend den Vertrag unterschrieben, in dem allenfalls über einen Verweis, dass die Speziellen Produktebestimmungen zur ZKB Festhypothek anwendbar sind diese Ziffer 4 steht. Aus dieser Ziffer 4 ist erkennbar wie die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird. Wenn dort steht, dass es die Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Zinssatz und dem zum Zeitpunkt der Kündigung für die Vertragslaufzeit gültigen Satz am Geld- und Kapitalmarkt ist und der zum Zeitpunkt der Kündigung für die Vertragslaufzeit gültige Satz am Geld- und Kapitalmarkt negativ ist, dann ist die Vorfälligkeitsentschädigung höher als der vertraglich vereinbarte Zinssatz für die ganze Restlaufzeit.


    Wenn eine Hypothek vorzeitig zurückbezahlt wird, muss die Bank damit rechnen, dass Sie dieses Geld inzwischen am Geld- bzw. Kapitalmarkt anlegen muss, da für die Bank nicht garantiert ist, dass sie dieses Geld sofort wieder als Hypothek an einen Schuldner vergeben kann, für den die Zahlung von angemessenen Hypothekarzinsen tragfähig ist. Die Bank ist nicht blöd und trägt allein das Risiko, dass sie bei einem negativen Zinssatz auf dem Geld- und Kapitalmarkt mit dem vorzeitig zurückbezahlen Geld nichts verdient und für die Anlage dieses Geldes auf dem Geld- und Kapitalmarkt noch Zinsen draufzahlen muss. Es ist klar, dass man als Kunde nicht den Foifer und das Weggli haben kann.

  • Ich beginne richtig Mitleid mit den Banken zu haben! Institutionen, die nota bene - nicht ohne Not - behaupten, in Sachen Geld und v.a. auch Investitionen die Spezialisten schlechthin zu sein.


    Aus dem Miet- und Arbeitsrecht (Obligationenrecht) kennt man das Institut der "Vorteilsan-rechnung"; diesem Prinzip gemäss (dem Mieter, Vermieter und Arbeitnehmer unterworfen sind) müsste die Bank nachweisen, dass sie den durch die vorzeitige Kündigung via Vorfälligkeitsentschädigung einkassierten Schaden auch tatsächlich erleidet hat. Diesen Nachweis dürfte - wie wir alle genau wissen - nie und nimmer gelingen.


    Aber trotzdem vielen Dank für Ihr bankenfreundliches Votum.

  • >Ich möchte mein Haus gar nicht verkaufen

    Dann wo genau ist dein Problem?! Einfach den Zins noch 3 Jahre lang zahle und kannst du ordentlich aussteigen. Fix ist fix. "Fix" mit einem vorzeitigen Ausstieg jederzeit ohne Strafe (a la amerikanisches Modell) ist ein ganz anderes Produkt und kostet deutlich mehr.

    > Aus dem Miet- und Arbeitsrecht (Obligationenrecht) kennt man das Institut der "Vorteilsan-rechnung"; diesem Prinzip gemäss (dem Mieter, Vermieter und Arbeitnehmer unterworfen sind) müsste die Bank nachweisen, dass sie den durch die vorzeitige Kündigung via Vorfälligkeitsentschädigung einkassierten Schaden auch tatsächlich erleidet hat. Diesen Nachweis dürfte - wie wir alle genau wissen - nie und nimmer gelingen.

    Nur wenn eine solche Klausel über Vorfälligkeitsentschädigung nicht vorhanden wäre, ist sie doch und du hast sie bewusst unterschrieben. Diese Entschädigung ist eine sogenannte Konventionalstrafe und darf vertraglich vereinbart werden, dann egal wie hoch die Schaden eingentlich sind: "Die Konventionalstrafe ist verfallen, auch wenn dem Gläubiger kein Schaden erwachsen ist." (Art 161 OR)


    Einzige Möglichkeit, vielleicht ist die Klausel nichtig nach Art. 8 UWG, aber soweit ich weiss gab es bisher noch keinen Präzedenzfall. Du muss also die Bank gerichtlich verklagen und volles Prozessrisiko tragen - lohnt es nicht! Die Bank normalerweise sollte dein Zins ursprünglich durch Swap-Vertrag o.ä. abgesichert haben und ja verliert viel Geld bei vorzeitiger Kündigung

  • schokolandra hat recht. Eine Konventionalstrafe muss nicht als fixer Betrag vereinbart werden, sie kann auch als Berechnungsformel vereinbart werden. Die Ziffer 4 der Speziellen Produktebestimmungen zur ZKB Festhypothek enthält eine Berechnungsformel.


    Es hat nichts mit Bankenfreundlichkeit oder nicht Bankenfreundlichkeit zu tun, Ihnen zu sagen, was die Rechtslage ist und warum es betriebswirtschaftlich nachvollziehbar ist, warum die Bank eine solche Ziffer 4 in die Produktebestimmungen aufgenommen hat.



    Art. 160 C. Konventionalstrafe / I. Recht des Gläubigers / 1. Verhältnis der Strafe zur Vertragserfüllung


    C. Konventionalstrafe


    I. Recht des Gläubigers


    1. Verhältnis der Strafe zur Vertragserfüllung


    1 Wenn für den Fall der Nichterfüllung oder der nicht richtigen Erfüllung eines Vertrages eine Konventionalstrafe versprochen ist, so ist der Gläubiger mangels anderer Abrede nur berechtigt, entweder die Erfüllung oder die Strafe zu fordern.


    2 Wurde die Strafe für Nichteinhaltung der Erfüllungszeit oder des Erfüllungsortes versprochen, so kann sie nebst der Erfüllung des Vertrages gefordert werden, solange der Gläubiger nicht ausdrücklich Verzicht leistet oder die Erfüllung vorbehaltlos annimmt.


    3 Dem Schuldner bleibt der Nachweis vorbehalten, dass ihm gegen Erlegung der Strafe der Rücktritt freistehen sollte.



    Art. 161 C. Konventionalstrafe / I. Recht des Gläubigers / 2. Verhältnis der Strafe zum Schaden


    2. Verhältnis der Strafe zum Schaden


    1 Die Konventionalstrafe ist verfallen, auch wenn dem Gläubiger kein Schaden erwachsen ist.


    2 Übersteigt der erlittene Schaden den Betrag der Strafe, so kann der Gläubiger den Mehrbetrag nur so weit einfordern, als er ein Verschulden nachweist.


    Obligationenrecht (OR):



    https://www.admin.ch/opc/de/cl…ation/19110009/index.html


    Vorfälligkeitsentschädigung und steuerliche Abzugsfähigkeit


    sui-generis.ch/article/download/sg.42/595

  • Haben Sie den Artikel gelesen, den ich in meiner Antwort angegeben habe? Haben Sie die Bundesgerichtsurteile gelesen, in denen es um die steuerliche Abzugsfähigkeit von Vorfälligkeitsentschädigungen ging und, dass dort die Qualifikation als Konventionalstrafe erwähnt wurde?


    "Vorfälligkeitsentschädigung



    1. Begriff



    Kredite mit fester Laufzeit, namentlich Festhypotheken oder Libor Hypotheken, können vor Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer aufgelöst werden, indem entweder einer der Ver-tragspartner gestützt auf eine Vertragsklausel den Vertrag kündigt oder - in Ermangelung einer entsprechenden vertraglichen Regelung - der Vertrag in gegenseitigem Einverneh-men aufgelöst wird. Der vorzeitige Ausstieg ist oft damit begründet, dass der Kreditnehmer von einem aktuell tieferen Zinsniveau profitieren will oder ein Verkauf des Grundstücks er-folgt.


    Im Falle der einseitigen Erklärung des Schuldners, er werde den Hypothekarvertrag nicht weiter erfüllen, wird regelmässig eine zum voraus vertraglich geregelte Vorfälligkeitsprämie (sog. "Penalty") geschuldet. Diese wird in der Praxis entweder durch einen prozentualen Satz bzw. fixen Ansatz pro Restlaufzeit oder als Zinsdifferenzbetrag zwischen dem alten Festhypothekensatz und dem aktuellen Satz für die Restlaufzeit berechnet.


    Die Kosten für den nicht geregelten Ausstieg aus dem Festhypothekarvertrag werden unter den Vertragsparteien nach der voraussichtlichen Zinsdifferenz festgelegt, wobei der Schuldner eher mit einer höheren Leistung rechnen muss, weil ihm kein rechtlicher An-spruch auf Ausstieg aus dem Vertrag zusteht. Bearbeitungsgebühren werden in der Zins-differenzberechnung berücksichtigt oder separat ausgewiesen."


    "2.2 (Streng-)Rechtliche Beurteilung



    Die Vorfälligkeitsprämie bei vertraglicher Vereinbarung der Nichterfüllungsfolgen stellt eine Konventionalstrafe im Sinn von Art. 160 OR dar. Als Konventionalstrafe qualifiziert sich eine Abrede, dass für den Fall der Nichterfüllung oder nicht richtigen Erfüllung einer Schuldpflicht der Schuldner eine bestimmte Leistung zu erbringen hat. Konventionalstrafen sind im Pri-vatbereich steuerlich nicht abziehbar.


    Die Ausstiegskosten bei Vertragsauflösung ohne Kündigungsklausel qualifizieren sich da-gegen als Schadenersatz im Sinn von Art. 97 ff. OR. Auch Schadenersatzleistungen sind im Privatbereich steuerlich nicht abziehbar."



    https://www.steuern.sg.ch/cont…45_5.pdf.ocFile/045_5.pdf


    Game over!