Firma gründen als IV-Rentner?,IV Rente und Firmengründung

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  • Hallo!

    Ich beziehe seit ein paar Jahren eine volle Rente der IV aufgrund einer Angststörung und habe extreme Mühe, mich einem festen Arbeitspensum anzupassen. Nebenbei beziehe ich Ergänzungsleistungen.


    Da ich mir seit einigen Jahren im Selbststudium beigebracht habe, zu programmieren, kam mir die Idee eine eigene App zu entwickeln und natürlich dann auch ein eigenes (Online-)Geschäft zu eröffnen.


    Da ich mir die Arbeit je nach psychischer Gesundheit frei einteilen könnte, wäre dies für mich der ideale Weg irgendwann nicht mehr von der IV abhängig sein zu müssen. Jetzt stelle ich mir aber die Frage, ob ich als 100% Rentenbezüger und EL-Bezüger überhaupt eine Firma gründen darf, da bei Apps ja vor allem in der Anfangsphase bis sie bekannter wird sehr wenig Umsatz entsteht.



    Mir ist bekannt, dass man als 100% Rentner ja nur als 80% invalid gilt und deswegen eigentlich 20% arbeiten darf. Wie würde dies von der IV bei einer selbständigen Tätigkeit kontrolliert bzw. reguliert werden? Gibt es ein Limit wie viel Umsatz eine eigene Firma machen darf ohne dass man direkt seine Rente + die EL verliert?



    Vielen Dank für Ihre Antworten!

  • Hallo orca


    Zuerst einmal eine Gratulation dazu, dass sie versuchen, aus der gegeben Situation, das Beste zu machen. Bravo und weitermachen! Ob ich ihnen dabei jetzt wirklich viel helfen kann, weiss ich nicht. Betreffend ihrer Situation (Angststörung) erscheint es mir aber sehr sinnvoll, wenn sie von zu Hause aus, einem Erwerb nachgehen könnten! Dies kann dabei auch hilfreich sein, die Angststörung in den Griff zu bekommen. Damit möchte ich sagen, dass sie den therapeutischen Wert, dieser Tätigkeit vielleicht noch etwas höher schätzen sollten, als den finanziellen Wert. Ein solches Projekt kann ihr Selbst-bewusstsein / Selbstsicherheit nachhaltig stärken. Und wirkt damit der Angststörung entgegen. Haben sie schon einmal mit Vertrauensarzt / IV darüber gesprochen?


    Ich denke es wäre gut, wenn man ihr Vorhaben in die "Therapie" einbeziehen würde. Nach dem Motto: Integration vor Rente. Aus einer gewissen Erfahrung heraus, weiss ich, dass es seitens der IV, hier einen gewissen Spielraum gibt, um sie hier zu unterstützen. Ich würde dieses Gespräch unbedingt mal suchen.

  • Es stimmt nicht, dass man als Bezüger eine ganzen Rente der IV pauschal nur als 80 Prozent invalid "gilt". Gemäss Artikel 28 Absatz 2 IV erhält man ab einem Invaliditätsgrad von mindestens 70 Prozent eine ganze Rente der IV. Der Invaliditätsgrad einer Person, welche eine ganze Rente der IV bezieht, kann also zwischen 70 Prozent und 100 Prozent sein.


    In der Verfügung, mit welcher die Höhe Ihrer Invalidenrente festgelegt wurde, können Sie nachlesen, wie hoch Ihr Invaliditätsgrad in Prozent ist und mit welcher Methode dieser Invaliditätsgrad berechnet wurde. Wenn Ihre Rente nach der Methode des Einkommensvergleichs festgelegt wurde, sehen Sie dort wie hoch das Invalideneinkommen ist und wie hoch das Valideneinkommen ist. Invaliditätsgrad = (Valideneinkommen - Invalideneinkommen) / Valideneinkommen


    Bei einer selbständigen Erwerbstätigkeit ist der Gewinn (Bruttoerwerbseinkommen abzüglich Gewinnungskosten) das Invalideneinkommen. Wenn sich dadurch ein Betrag unter 70 Prozent ergibt, müssen Sie das melden, da dies dann einen Einfluss auf die Höhe der Rente hat.


    Da bei der Berechnung der Höhe der Ergänzungsleistungen gemäss Artikel 10 Absatz 3 Buchtstabe a ELG Gewinnungskosten nur bis zur Höhe des Bruttoerwerbseinkommens als Ausgabe anerkannt werden, werden Verluste aus einer selbständigen Tätigkeit nicht durch die Ergänzungsleistungen finanziert und Sie müssen diese selbst finanzieren.


    Im Nationalrat und im Ständerat wird derzeit eine Änderung des Bundesgesetzes über die Ergänzungsleistungen beschlossen. Wenn dagegen kein Referendum ergriffen wird oder die Änderung in einer Volksabstimmung angenommen wird, sollten Sie sich bei der Durchführungsstelle für Ergänzungsleistungen erkundigen, welche Auswirkungen die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit hat und ob Ausgaben für die Finanzierung von Verlust dazu führen könnten, dass das ausgegebene Geld angerechnet wird, wie wenn es noch vorhanden wäre.


    Art. 281Grundsatz

    1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:

    a.
    ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können;
    b.
    während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG) gewesen sind; und
    c.
    nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind.


    2 Die Rente wird nach dem Grad der Invalidität wie folgt abgestuft:InvaliditätsgradRentenanspruch in Bruchteilen einer ganzen Rentemindestens 40 Prozentein Viertelmindestens 50 Prozentein Zweitelmindestens 60 Prozentdrei Viertelmindestens 70 Prozentganze Rente

    Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG):



    https://www.admin.ch/opc/de/cl…ation/19590131/index.html



    Art. 10 Anerkannte Ausgaben



    3 Bei allen Personen werden zudem als Ausgaben anerkannt:

    a.
    Gewinnungskosten bis zur Höhe des Bruttoerwerbseinkommens;


    Art. 11 Anrechenbare Einnahmen


    1 Als Einnahmen werden angerechnet:

    a.
    zwei Drittel der Erwerbseinkünfte in Geld oder Naturalien, soweit sie bei alleinstehenden Personen jährlich 1000 Franken und bei Ehepaaren und Personen mit rentenberechtigten Waisen oder mit Kindern, die einen Anspruch auf eine Kinderrente der AHV oder IV begründen, 1500 Franken übersteigen; bei invaliden Personen mit einem Anspruch auf ein Taggeld der IV wird das Erwerbseinkommen voll angerechnet;

    Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur AHV/IV (ELG):



    https://www.admin.ch/opc/de/cl…ation/20051695/index.html



    Art. 11a1Erwerbseinkommen


    Das jährliche Erwerbseinkommen wird ermittelt, indem vom Bruttoerwerbseinkommen die ausgewiesenen Gewinnungskosten sowie die einkommensabhängigen obligatorischen Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden.


    Verordnung über die Ergänzungsleistungen zur AHV/IV (ELV):



    https://www.admin.ch/opc/de/cl…ation/19710014/index.html

  • Hallo orca


    Jetzt noch etwas zu den rechtlichen Fragen:


    >Mir ist bekannt, dass man als 100% Rentner ja nur als 80% invalid gilt und deswegen eigentlich 20% arbeiten darf. Wie würde dies von der IV bei einer selbständigen Tätigkeit kontrolliert bzw. reguliert werden? Gibt es ein Limit wie viel Umsatz eine eigene Firma machen darf ohne dass man direkt seine Rente + die EL verliert?<


    Welchen "Umsatz" sie mit ihrer Tätigkeit verursachen spielt hier gar keine Rolle. Die Frage ist hier, welchen "Gewinn" sie damit erwirtschaften. Aus dem, was sie sagten/fragten ist der folgerichtige Schluss: Falls ihr Reingewinn aus dem Geschäft grösser als 20% ihrer gegenwärtigen Rente ist, dann muss ihr Rentenanspruch angepasst werden. Also nach unten korrigiert werden.