Vorgehen gegen unabhängigen IV Gutachter

Dieses Forum wird bald eingestellt

Am 17. Dezember 2023 werden wir das Beobachter-Forum abstellen und alle Beiträge unwiderruflich löschen.

Die Details zum Entscheid und den entsprechenden Thread finden Sie hier.

  • Hallo


    Ich war am 28. Februar bei einem "unabhängigen" Psychiater zwecks eines Gutachtens für die IV.


    Am Freitag konnte ich diesen Bericht einsehen und musste feststellen, dass dieser Arzt kompletten Schwachsinn geschrieben hat.


    Ich bin seit etwa 12 Jahren nachweislich in Therapie. Die vielen verschiedenen Ärzte und Psychologen waren sich mehr oder weniger einig, dass ich an Depressionen mit kombinierten Persönlichkeitsstörungen leide. Diese ganzen Berichte konnte auch dieser Arzt einsehen.


    In seinem Bericht hat dieser nun die ganzen vorangegangenen Berichte für ungültig erklärt, meine Diagnose dementiert und eine komplett neue aufgestellt.


    Er schrieb, ich sei lediglich narzisstisch veranlagt... In Wahrheit bin ich das absolute Gegenteil von narzisstisch.


    Auch einer meiner früheren Psychologen, mit dem ich den Bericht kurz anschauen konnte, fand das total lächerlich.


    Kann ich gegen diesen Bericht irgendwie vorgehen? Vielleicht den Arzt wegen Verleumdung anzeigen?

  • Die Polizei und die Staatsanwaltschaft werden wahrscheinlich nichts unternehmen.


    Die IV wird Ihnen wahrscheinlich einen Vorbescheid zustellen, in dem Ihnen die IV den voraussichtlichen Entscheid der IV mitteilen wird und Ihnen eine Frist setzen wird, innerhalb welcher Sie Einwände zu diesem Vorbescheid einreichen können. Ich empfehle Ihnen, dass ein Facharzt für Psychiatrie (nicht bloss ein Psychologe) eine ausführliche Stellungnahme zu diesem Bericht des von der IV beauftragen Psychiaters verfasst. Ich empfehle Ihnen sich durch einen auf Sozialversicherungsrecht spezialisierten Rechtsbeistand beraten zu lassen, sobald Sie den Vorbescheid erhalten haben damit dieser Ihnen bei der Einreichung von Einwänden innerhalb der Frist helfen kann. Haben Sie das Gespräch mit dem von der IV beauftragten Psychiater mit einem Aufnahmegerät aufgenommen? Das erleichtert es ihrem Psychiater zu begründen, ob diese Art der Fragen und Ihre Antworten überhaupt geeignet sind um zu einer solchen Diagnose zu kommen.


    Anbei ein Link auf einen Artikel in der Zeitschrift Plaedoyer, in der die Ansicht vertreten wird, dass es nicht strafbar ist Gespräche mit von der IV beauftragten Gutachtern aufzuzeichnen:



    https://www.anwaltluzern.ch/_d…tschaft-nicht-illegal.pdf

  • Hallo zusammen


    Zuerst moechte ich mich dem Votum von Sozialversicherungsberater anschliessen.


    Mit einer Ausnahme! Sie duerfen Gespraeche nur mit Einwilligung aller Beteiligten aufnehmen! Ohne Einwilligung ist dies strafbar. Bitte hier aufpassen.


    @ Sozialversicherungsberater Moeglicherweise irre ich mich hier. Ich kann das gegenwaertig nicht nachpruefen. Doch meines Wissens, hat sich hier die Gesetzgebung noch nicht geaendert. Lasse mich gerne eines Besseren belehren. Und werde dem, von Ihnen genannten, Link baldmoeglichst nachgehen. Meines Wissens gibt es dazu aber keinen Entscheid des Bundesgerichtes. Und sie beschreiben hier einen Ausnahmefall. Denn grundsaetzlich gilt meines Wissens immer noch.... Ohne Einwilligung, dann strafbar. Gesetz von Postgeheimniss... etc.


    Persoenlich bin ich der Meinung, dass es gestattet sein muss, mit einem sogenannten "Vertrauensarzt" Gespraeche aufzuzeichnen. Zu eigenem Nutzen und aufgrund der eigenen Persoenlichkeitsrechte. Darf ich so etwas nicht, dann habe ich hier gar kein Vertrauen. Wie vertrauenswuerdig die sogenannten Vertrauensaerzte der IV sind, ist allerdings noch eine offene Frage!


    Hier habe ich ganz deutliche Zweifel!

  • @marikowari


    Ich belehre Sie gerne eines Besseren. Ich bin auf Grund von Urteilen des Bundesgerichts nicht der Ansicht, dass es strafbar ist ein Gespräch mit einem von der IV beauftragten Gutachter auch ohne dessen Einwilligung aufzunehmen.


    Urteil des Bundesgerichts 6B_925/2018 vom 7. März 2018. Ich empfehle sich oben den Sachverhalt und insbesondere die Erwägung 1.5 durchzulesen. Es ging um die Aufnahme eines Gesprächs mit einer Beraterin des Regionalen Arbeitsvermittlungszentrums (RAV) also mit einer für den Vollzug der Arbeitslosenversicherung zuständigen Behörde.



    https://www.bger.ch/ext/eurosp…&zoom=&type=show_document


    Bundesgerichtsentscheid BGE 108 IV 161



    https://www.bger.ch/ext/eurosp…number_of_ranks=0#page161

  • Jetzt noch etwas mehr zur eigentlichen Sache, welche von desyy gefragt wurde.


    In meinem letzten Beitrag habe ich deutliche Zweifel geauessert. Aufgrund meiner persoenlichen Erfahrung. Nicht weil ich selbst hier der Leidtragende war, aber Personen in meinem ganz nahen persoenlichen Umfeld waren es. Im speziell genannten Fall, wurde einem Kind ein POS diagnostiziert. Von mehreren Psychiatern einhellig bestaetigt. Und wurde entsprechend therapiert. Mit nachweisbarem Erfolg. Dann benoetigte das "Kind" eine adaequate Schulung, welche die Staatsschule so nicht bieten konnte. Um die private Schule finanzieren zu koennen, beantragte der Vater dann IV-Leistungen. Folge davon... endlose Abklaerung seitens der vertrauten IV-Aerzte..... Weitere Folge davon... nach der sogenannten Abklaerung... landete das Kind in der akuten Psychiatriestation. Weil dieser Vertrauensarzt, die gesamte bisher geleistete Therapiearbeit innert zwei Wochen komplett zunichte gemacht hatte. das betreffende Kind hatte sich nach Jahren der stationaeren Psychatrie dann erholen koennen. Und hat heute sein Leben im Griff. Bezahlt wurde die ganze Geschichte von Krankenkasse und Vater. Die Ausnahme? Der Vertrauensarzt wurde von der IV bezahlt!

  • @ Desyy


    Eine Anzeige wegen Verleumdung koennen sie wohl sofort vergessen. Diese Anzeige waere eine strafrechtliche Sache. Und hier koennen sie die Beweise wohl (noch) nicht beibringen. Also aussichtslos.


    Hier koennen sie wohl allenfalls eine zivilrechtliche Klage vor dem Versicherungsgericht vorbringen. Beachten sie hier noch, dass das Versicherungsgericht in der Schweiz praktisch fast auf den gleichen Rechtsniveau wie das Bundesgericht ist. Urteile des Versicherungsgerichts haben einen abschliessenden Charakter.


    Wie es Sozialversicherungsberater bereits erwaehnt hat, ist es wohl das einzig Richtige, gegen die Verfuegung der IV fristgerecht Einsprache zu erheben. Soviel mal zum juristischen. Narzissmus ist keine Krankheit. Jedenfalls nicht nach dem Katalog der Aerztegesellschaft. Depression hingegen schon. Und Depressionen gehen meist einher mit einer Persoen-lichkeitsstoerung. Wie auch immer diese geartet sein mag. Die IV vesucht hier immer wieder Faelle abzuschieben, weil sie ihre Finanzen sanieren muessen. Das ist teilweise verstaendlich. Nicht verstaendlich ist aber, wenn hier die sogenannten Vertrauensarzte anfangen Diagnosen zu vertauschen, um Finanzen zu sanieren.


    Ich monniere hier, dass es keine Instanz gibt, welche hier die sogenannten Vertrauensaerzte kontrolliert.

  • @desyy:


    Ich war vor kurzem beim selben Arzt (aufgrund Ihrer Google-Rezension rekonstruiert), zwecks Gutachtens für die Krankentaggeldversicherung – mit demselben Ergebnis (schluddriger Bericht, neue Diagnose). Bin ebenfalls seit vielen Jahren in Therapie und erhielt von verschiedenen unabhängigen Fachärzten inkl. psychiatrischer Klinik einhellig die Diagnose rezidivierende Depression sowie einige weitere DD, die besagter Arzt mit seinem Gutachten allesamt vom Tisch fegt.

    Die Anzeichen häufen sich, dass hier jemand systematisch und vorsätzlich Gefälligkeitsgutachten für Versicherungen schreibt, indem er neue Diagnosen in den Raum stellt, die als Ausschlusskriterium für die IV gelten (kenne persönlich eine weitere Betroffene, mein Anwalt gar mehrere).

    Es ist haarsträubend, dass ein solcher "Arzt" offenbar unbehelligt weiter praktizieren und als eiskalter Schreibtischtäter schlimmstenfalls Existenzen zerstören kann. Ein lukrativer Job (meines Wissens rund 10'000 Fr. pro Gutachten), wenn Gewissen und Berufsethos aus dem Spiel bleiben ...
    Noch haarsträubender ist es, dass die Missstände im medizinischen Gutachterwesen seit Jahren weitherum bekannt sind (vgl. zahllose Berichte im Netz) und von staatlicher/politischer Seite stillschweigend geduldet werden.

    Vielleicht hat der Beobachter Interesse daran, diese Geschichte weiterzuverfolgen? Ich stelle mich in diesem Fall gerne für weitere Informationen zur Verfügung.

  • Falls Sie Sie Informationen haben, die Sie an unsere Redaktion weitergeben möchten, können Sie diese gerne an redaktion@beobachter.ch schreiben.

  • Es ist stimmt mich traurig, dass so viele das gleiche erleben.


    Ich war letztens in einem Gruppengespräch mit anderen Psychiatriepatienten. Mit mir waren es 6 Leute. Fünf haben genau das gleiche erlebt.


    Wir können uns einfach nicht wehren und sind dieser Willkür machtlos ausgesetzt.


    Ich hoffe, dass sich irgendwann jemand für die Schwächsten einsetzt und der IV Einhalt gebietet.

  • Entschuldigung.


    Aber ich muss hier auch noch eine dumme Frage stellen:


    Welche unabhaengige Instanz begutachtet unabhaengige (IV) Gutachter?


    Eigentlich musste ich hier ein Smile anfuegen. Doch ich meine die Frage eigentlich schon noch etwas ernst.

  • @marikowari


    Es gibt keine unabhängige Instanz, welche IV-Gutachter "begutachtet". Wenn eine versicherte Person mit einer Verfügung betreffend die Verweigerung von oder die Höhe von Leistungen der IV nicht einverstanden ist, kann diese innerhalb der 30-tägigen Beschwerdefrist beim kantonalen Versicherungsgericht eine Beschwerde einreichen und dann liest das kantonale Versicherungsgericht die Berichte des behandelnden Arztes und des unabhängigen Gutachters und entscheidet, ob es diese für nachvollziehbar hält und wem es mehr glaubt und ob das Gericht es für notwendig hält ein drittes Gutachten in Auftrag zu geben oder Ergänzungsfragen an einen Gutachter zu stellen. Leider gehen die Gerichte davon aus, dass den von der IV beauftragten Gutachtern in der Regel mehr zu glauben ist, da die behandelnden Ärzte als weniger "unabhängig" angesehen werden, weil vermutet wird, dass die behandelnden Ärzte das Vertrauensverhältnis zum Patienten nicht durch einen negativen Bericht zuungunsten Ihres Patienten stören wollen und weiterhin Zahlungen von der Krankenkasse für weitere Besuche ihres Patienten haben wollen. Es ist deshalb empfehlenswert Gespräche mit von der IV beauftragten Gutachtern aufzuzeichnen (z.B. mit einem Mobiltelefon) und dieses Gespräch dann dem eigenen behandelnden Arzt mit dem gleichen Facharzttitel vorzuspielen, damit dieser eine Stellungnahme verfassen kann, ob diese Art der Untersuchung überhaupt sorgfältig war und überhaupt geeignet war zu den im Gutachten des von der IV beauftragen Arztes enthaltenen Diagnosen zu kommen. Ohne Tonaufnahmen lässt sich kaum nachvollziehen, das bei der Untersuchung tatsächlich passiert ist und was nicht.

  • Sozialversicherungsberater


    Danke fuer ihre ausfuehrliche Antwort. Sie haben hier eigentlich das bestaetigt, was mir so ganz grob betrachtet schon bekannt war. Meine etwas ironisch, aber auch eben etwas ernst gemeinte Frage, geht im Grunde genommen dahin, ob es eigentlich eine Instanz gibt, welche die Unabhaengigkeit und nicht die medizinische Faehigkeit als Gutachter zu fungieren, kontrolliert. Es ist wohl klar, dass es eben keine solche Instanz gibt. Der Usus der Gerichte, hier den IV Gutachtern mehr Glauben zu schenken.... zeigt das eigentliche Problem ja auf.


    Grundsatzlich muesste im Streitfall eben immer auch noch ein Gutachten von dritter Seite erstellt werden. Die Anzeichen von Gefaelligkeitsgutachten zu Gunsten der IV haeufen sich zu sehr.


    Die von ihnen genannten Vorschlaege zum Vorgehen sind wertvoll!

  • Interessant. Ich war auch gerade bei einem IV Gutachter. Obwohl ein halbes Dutzend Kliniken und Psychiater und ich mich für arbeitsunfähig diagnostizierten, der IV Gutachter verdrehte alles. Richtig bösartig. Ich übertreibe hat er gesagt. Da bleibt Dior irgendwann nur noch der Sprung.

  • @desyy:


    Hinweis auf diverse kürzlich erschienene "Blick"-Artikel, u.a. ausführlich zu Dr. K. aus Bern (wenn ich deine Google-Rezension richtig gedeutet habe, warst du bei ihm, so wie ich).
    https://www.blick.ch/news/schw…millionen-id15608481.html

  • @desyy:


    Darf man erfahren, ob/weshalb Sie Ihre Rezension bei Dr. K. gelöscht haben? In den letzten Wochen, nach kritischen Medienberichten, sind dort mehrere Rezensionen negative "verschwunden" – das erstaunt mich.