Prämienzuschlag für verspäteten Eintritt Krankenkasse

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  • Guten Tag


    Mein Freund ist Franzose, lebt aber seit September 2013 in der Schweiz (seit einem Jahr hat er den C-Ausweis). Er war bisher bei einer Krankenversicherung für ausländische Studierende (Advisor) versichert, wusste aber nicht , dass diese nicht KVG-anerkannt ist. Dazu kommt, dass er seit Herbst 2016 das Studium abgeschlossen hat und arbeitstätig ist und er daher seither sowieso nicht mehr über die Advisor hätte versichert sein dürfen, der Wechsel auf eine "richtige" Versicherung ist aber die letzten 3 Jahre untergegangen. Er hat nun ab Januar 2020 eine Versicherung bei der Assura abgeschlossen, welche ihm für den verspäteten Beitritt 50% Prämienzuschlag verrechnet. Ich habe an verschiedenen Orten gelesen, dass der Prämienzuschlag zwischen 30% und 50% betragen darf, je nach finanzieller Situation. Mein Freund verdient knapp CHF 40 0000.- im Jahr, daher frage ich mich, ob die 50% Prämienzuschlag berechtigt sind oder ob es eine Möglichkeit gäbe, die Senkung auf 40% oder 30% zu beantragen.


    Wenn ja, wie müsste er dabei vorgehen?


    Vielen Dank für Ihre Hilfe und freundliche Grüsse

  • @kivo


    Hat Ihr Freund bereits eine "Verfügung" erhalten, in welcher die Höhe des Prämienzuschlags und die Dauer des Prämienzuschlags festgelegt wurde? Man erkennt eine Verfügung daran, dass auf dieser "Verfügung" oder "wir verfügen" bzw. "verfügt" darauf steht und diese eine Rechtsmittelbelehrung enthält bei welcher Stelle innerhalb welcher Frist man eine Einsprache gegen die Verfügung einreichen kann, wenn man mit der Verfügung nicht einverstanden ist. Es ist wichtig, dass man die Frist für eine Einsprache gegen eine Verfügung nicht verpasst.


    Ihr Freund kann sich kostenlos durch die Ombudsstelle für die Krankenversicherung beraten lassen. Er kann fragen, ob es Erläuterungen des Bundesamts für Gesundheit zu Artikel 5 KVG und zur Änderung vom 9. November 2005 von Artikel 8 KVV gibt (zum Beispiel in einer "Botschaft" oder im Rahmen eines Vernehmlassungsverfahrens zum Entwurf der Änderung) oder Urteile von Gerichten zu den Begriffen "nicht entschuldbar", "finanzielle Lage" und "Notlage" gibt. Diese Auskunft kann helfen wie man seinen Antrag begründen muss und welche Beweismittel man mit dem Antrag einreichen sollte.



    Ombudsstelle für die Krankenversicherung (Grundversicherung gemäss KVG):


    https://www.om-kv.ch/


    Gemäss Artikel 5 Absatz 2 KVG muss ein Prämienzuschlag nur bezahlt werden, wenn die Verspätung zum Beitritt zur Krankenversicherung "nicht entschuldbar" ist. Gemäss Artikel 8 Absatz 1 KVV setzt der Versicherer den Zuschlag nach der finanziellen Lage der Versicherten fest. Hat die Zahlung des Prämienzuschlages eine Notlage für die Versicherten zur Folge, setzt der Versicherer einen Zuschlag von weniger als 30 Prozent fest und trägt dabei der Lage der Versicherten und den Umständen der Verspätung angemessen Rechnung.


    Wenn Ihr Freund noch keine Verfügung erhalten hat, sollte Ihr Freund von der Krankenversicherung mit einem eingeschriebenen Brief eine Verfügung über Pflicht einen Prämienzuschlag zu bezahlen und die Dauer des Prämienzuschlags verlangen. Ihr Freund sollte sich die Artikel im KVG und in der KVV durchlesen, in denen es darum geht wer ab wann verpflichtet ist eine Krankenversicherung zu haben und wer unter welchen Umständen von der Pflicht befreit ist eine Krankenversicherung zu haben. Ihr Freund kann in diesem Brief einen Antrag stellen, dass er nicht zur Zahlung eines Prämienzuschlags verpflichtet ist oder dass der Prämienzuschlag einen tieferen Prozentsatz betragen soll und begründen, warum das so sein sollte. Wenn Ihr Freund mit seiner finanziellen Lage oder mit einer Notlage für ihn argumentiert, sollte ihr Freund Kopien von Belegen für seine wichtigsten fixen Ausgaben (Miete und Nebenkosten, Versicherungsprämien, Steuern), seine Einnahmen (hat Ihr Freund beim kantonalen Amt eine Prämienverbilligung beantragt?), sein Vermögen und seine Schulden (auch unbezahlte Rechnungen zählen als Schulden) mit dem Brief einreichen. Wenn Ihr Freund dann eine Verfügung erhalten hat und mit der Verfügung nicht einverstanden ist, kann er innerhalb von 30 Tagen nach dem Erhalt der Verfügung eine von ihm unterschriebene Einsprache gegen die Verfügung einreichen und in der Einsprache beantragen, wie die Verfügung geändert werden soll und begründen warum diese so geändert werden soll. Wenn er bereits eine Verfügung erhalten hat und die Frist für die Einsprache verpasst hat, kann er bei der Krankenversicherung ein Gesuch um Wiedererwägung einreichen. Die Krankenversicherung muss aber nicht auf das Gesuch eintreten, weil in Artikel 53 Absatz 2 ATSG "kann" steht.


    Ihr Freund kann übrigens, wenn er mit den Links auf der Seite des Gesetzes bzw. der Verordnung ist, rechts oben auf "FR" klicken um zur französischsprachigen Fassung des Gesetzes bzw. der Verordnung zu wechseln.



    Art. 8 Prämienzuschlag bei verspätetem Beitritt


    1 Die Erhebungsdauer für den Prämienzuschlag bei verspätetem Beitritt nach Artikel 5 Absatz 2 des Gesetzes entspricht der doppelten Dauer der Verspätung, höchstens jedoch fünf Jahren. Der Prämienzuschlag beträgt 30 bis 50 Prozent der Prämie. Der Versicherer setzt den Zuschlag nach der finanziellen Lage der Versicherten fest. Hat die Zahlung des Prämienzuschlages eine Notlage für die Versicherten zur Folge, setzt der Versicherer einen Zuschlag von weniger als 30 Prozent fest und trägt dabei der Lage der Versicherten und den Umständen der Verspätung angemessen Rechnung.



    2 Wenn eine Sozialhilfebehörde für die Prämien aufkommt, wird kein Prämienzuschlag erhoben.


    3 Wechselt die versicherte Person den Versicherer, hat der bisherige Versicherer dem neuen Versicherer den Prämienzuschlag im Rahmen der Mitteilung gemäss Artikel 7 Absatz 5 des Gesetzes anzugeben. Ein einmal festgelegter Prämienzuschlag bleibt auch für spätere Versicherer verbindlich.


    Verordnung über die Krankenversicherung (KVV):



    https://www.admin.ch/opc/de/cl…ation/19950219/index.html



    Art. 5 Beginn und Ende der Versicherung


    1 Bei rechtzeitigem Beitritt (Art. 3 Abs. 1) beginnt die Versicherung im Zeitpunkt der Geburt oder der Wohnsitznahme in der Schweiz. Der Bundesrat setzt den Versicherungsbeginn für die Personen nach Artikel 3 Absatz 3 fest.


    2 Bei verspätetem Beitritt beginnt die Versicherung im Zeitpunkt des Beitritts. Bei nicht entschuldbarer Verspätung entrichtet die versicherte Person einen Prämienzuschlag. Der Bundesrat legt dafür die Richtsätze fest und berücksichtigt dabei die Höhe der Prämien am Wohnort der versicherten Person und die Dauer der Verspätung. Für Versicherte, bei denen die Entrichtung des Beitragszuschlages eine Notlage zur Folge hätte, setzt der Versicherer den Beitragszuschlag herab, wobei er der Lage der Versicherten und den Umständen der Verspätung angemessen Rechnung trägt.


    3 Die Versicherung endet, wenn die versicherte Person der Versicherungspflicht nicht mehr untersteht.


    Art. 1


    1 Die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) sind auf die Krankenversicherung anwendbar, soweit das vorliegende Gesetz oder das Krankenversicherungsaufsichtsgesetz vom 26. September 2014


    (KVAG) nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht.


    2 Sie finden keine Anwendung in folgenden Bereichen:

    a.
    Zulassung und Ausschluss von Leistungserbringern (Art. 35–40 und 59);
    b.
    Tarife, Preise und Globalbudget (Art. 43–55);
    c.

    Ausrichtung der Prämienverbilligung nach den Artikeln 65, 65a und 66a sowie Beiträge des Bundes an die Kantone nach Artikel 66;


    d.


    Streitigkeiten der Versicherer unter sich (Art. 87);


    e.


    Verfahren vor dem kantonalen Schiedsgericht (Art. 89).



    Art. 80 Formloses Verfahren1


    1 Versicherungsleistungen werden im formlosen Verfahren nach Artikel 51 ATSG gewährt. Dies gilt in Abweichung von Artikel 49 Absatz 1 ATSG auch für erhebliche Leistungen.



    3 Der Versicherer darf den Erlass einer Verfügung nicht von der Erschöpfung eines internen Instanzenzuges abhängig machen.


    Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG):



    https://www.admin.ch/opc/de/cl…ation/19940073/index.html



    Art. 49 Verfügung


    1 Über Leistungen, Forderungen und Anordnungen, die erheblich sind oder mit denen die betroffene Person nicht einverstanden ist, hat der Versicherungsträger schriftlich Verfügungen zu erlassen.


    2 Dem Begehren um Erlass einer Feststellungsverfügung ist zu entsprechen, wenn die gesuchstellende Person ein schützenswertes Interesse glaubhaft macht.


    3 Die Verfügungen werden mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen. Sie sind zu begründen, wenn sie den Begehren der Parteien nicht voll entsprechen. Aus einer mangelhaften Eröffnung einer Verfügung darf der betroffenen Person kein Nachteil erwachsen.


    4 Erlässt ein Versicherungsträger eine Verfügung, welche die Leistungspflicht eines anderen Trägers berührt, so hat er auch ihm die Verfügung zu eröffnen. Dieser kann die gleichen Rechtsmittel ergreifen wie die versicherte Person.



    Art. 51 Formloses Verfahren


    1 Leistungen, Forderungen und Anordnungen, die nicht unter Artikel 49 Absatz 1 fallen, können in einem formlosen Verfahren behandelt werden.


    2 Die betroffene Person kann den Erlass einer Verfügung verlangen.



    Art. 52 Einsprache


    1 Gegen Verfügungen kann innerhalb von 30 Tagen bei der verfügenden Stelle Einsprache erhoben werden; davon ausgenommen sind prozess- und verfahrensleitende Verfügungen.


    2 Die Einspracheentscheide sind innert angemessener Frist zu erlassen. Sie werden begründet und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen.


    3 Das Einspracheverfahren ist kostenlos. Parteientschädigungen werden in der Regel nicht ausgerichtet.



    Art. 53 Revision und Wiedererwägung


    1 Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war.


    2 Der Versicherungsträger kann auf formell rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist.


    3 Der Versicherungsträger kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid, gegen die Beschwerde erhoben wurde, so lange wiedererwägen, bis er gegenüber der Beschwerdebehörde Stellung nimmt.


    Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG):



    https://www.admin.ch/opc/de/cl…ation/20002163/index.html


    Informationen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Krankenkassenverbands Santésuisse zu Prämienzuschlägen:



    https://www.monsieur-sante.ch/…ch-mich-nicht-versichere/

  • Vielen herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort! Er hat bisher keine Verfügung erhalten und die Ktannenkasse, die ich heute telefonisch darauf angesprochen habe, wusste nicht, was ich mit einer Verfügnug meine. Wir werden Ihrem Rat folgenund die Ombudsstelle kontaktieren.


    Freundliche Grüsse