„Personenfreizügigkeit
bedeutet Rechtsanspruch auf Einwanderung
Immer und immer wieder wird – auch von Mitgliedern des Bundesrats –
argumentiert «zuwandern darf nur, wer über einen gültigen Arbeitsvertrag
verfügt». Das ist schlicht und einfach eine falsche Aussage. Der mit der EU
abgeschlossene Personenfreizügigkeits-Vertrag (offizieller Name
«Freizügigkeitsabkommen») bedeutet, dass jedermann aus der EU – potentiell also
mehr als 500 Millionen Menschen – einen verbrieften Rechtsanspruch erhält, in die
Schweiz zu kommen.
An dieser Stelle seien die folgenden Fakten aufgelistet (nur einige der vielen unterzeichneten Sachverhalte):
- Wer bis zu drei Monaten als Arbeitnehmer aus der EU in die Schweiz kommen will, braucht überhaupt keine Aufenthaltserlaubnis (Anhang I zum Freizügigkeitsabkommen (FZA) Anhang I, II, Art. 6 Abs. (2)).
- Jede EU-Bürgerin / jeder EU-Bürger kann in der Schweiz sechs Monate lang Arbeit suchen. Er «hat das Recht», sich in die Schweiz «zu begeben, um sich eine Beschäftigung zu suchen (…) und sich während sechs Monaten dort aufzuhalten» (FZA, Anhang I, I, Art 2 Abs. (1) zweiter Abschnitt).
- Wer eine Stelle findet, erhält eine Aufenthaltserlaubnis von mindestens fünf Jahren. Er kann selbst dann bleiben, wenn er die Stelle (z.B. wegen Krankheit) nicht antritt (FZA Anhang I, II, Art. 6 Abs. (6).
- «Grenzgänger benötigen keine Aufenthaltserlaubnis» (FZA, Anhang I, II, Art 7 (2). Grenzgänger ist, wer «einmal in der pro Woche an seinen Wohnort zurückkehrt». Soeben hat eine entsprechende Anfrage im Nationalrat gezeigt, dass diesbezüglich überhaupt keine Statistiken / Kontrollen existieren.
- Jede Person aus der EU «erhält – auch wenn sie nicht arbeitet / keinen Arbeitsvertrag hat – eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer von mindestens fünf Jahren, sofern sie den Nachweis dafür erbringt, dass sie ausreichende finanzielle Mittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfe in Anspruch nehmen muss» und krankenversichert ist. (FZA, Anhang I, V, Art 24).
- Die Bewilligung gilt auch für Ehegatten, Kinder, Enkel, Eltern, Grosseltern (auch des Ehepartners, selbst wenn dieser von ausserhalb der EU stammt); (FZA, Anhang I, I. Art 3 (2), a ⁄ b)
- Auch alle Studentinnen und Studenten aus der EU können ohne Arbeitsvertrag mit ihrem Ehegatten und ihren Kindern in die Schweiz kommen (FZA, Anhang I, I, Art. 3 Abs. (2) c).
- Jeder EU-Zuwanderer hat Anspruch auf die Schweizer Sozialleistungen; er erhält Arbeitslosengelder, Invalidenrenten, Krankentaggeld, Ergänzungsleistungen wie jeder Schweizer (Verbot der «Diskriminierung»). Jeder ist sofort nach Schweizer Standards krankenversichert, inklusive seine Familie in seiner Heimat – auch wenn er mit seinem Lohn die Krankenversicherungs-Prämien nicht bezahlen kann (!).
- Viele Befürworter der Personenfreizügigkeit erwecken den Eindruck, man müsse in der Schweiz ein Jahr gearbeitet haben, um Arbeitslosengeld zu erhalten. Auch das ist falsch. In Tat und Wahrheit können die Zuwanderer (gemäss dem «Totalitätsprinzip») ab dem ersten Tag Arbeitslosengeld beziehen; dies sogar berechnet auf dem Schweizer Lohn, auch wenn der / die Betreffende vorher in der Heimat zu einem Tiefst-Lohn gearbeitet hat (ab dem ersten Tag (!); Bedingung ist nur, dass er in seiner Heimat ein Jahr lang gearbeitet hat).
UnlösbaresProblem der selbständig
Erwerbenden Bei Leuten, welche unter diesem Titel einwandern, kann
es gar keine Lohnkontrolle geben (auch nicht bei denjenigen, die sich auf
die verbriefte «Dienstleistungsfreiheit» berufen). Dass die Probleme der
Personenfreizügigkeit angeblich durch «flankierende Massnahmen» gelöst werden
können, stimmt ganz einfach nicht, auch wenn viele Gewerkschafter dies
behaupten. Man halte ich das folgende Beispiel vor Augen: Ein
Dachdecker aus der EU übernimmt den Auftrag, für einen Schweizer Hausbesitzer
zu einen Fix-Preis von 30‘000 Franken einen Dachstock zu bauen. Niemand kann
wissen (geschweige denn kontrollieren), ob für diesen Dachdecker nach getaner
Arbeit ein Stundenlohn von 100 Franken oder 10 Franken resultiert. Systematischer Missbrauch ermöglicht Möglich – und völlig legal – ist z.B. auch, via eine
eben gegründete GmbH einen 64-jährigen Mann oder eine 63-jährige Frau
anzustellen, um diesen nach wenigen Monaten (Eintritt ins Pensionsalter am 65.
resp. 64. Geburtstag) genau dieselben lebenslangen Ergänzungsleistungen zu
verschaffen, wie sie Schweizerinnen und Schweizer erhalten, die 40 Jahre hier
gearbeitet haben. Wer dieses System ausnützt, kann – wie erwähnt völlig legal –
lebenslang das Zehnfache an Rente beziehen, als er je mit seiner Arbeit in
seinem Herkunftsland verdient hat (z.B. in Rumänien oder Bulgarien liegt das
Lohn-Niveau an vielen Orten zehnmal tiefer als bei uns; oder sogar noch
tiefer). Der Bundesrat weiss, dass es Lohn-Nivellierung nach unten geben wird Auch die Vertreter des Bundesrats wissen das
selbstverständlich. Ich habe im Nationalrat miterlebt, wie der Bundesrat am
Mikrofon wörtlich gesagt hat, das «schleckt keine Geiss weg. Das ist klar,
das gibt eine Nivellierung nach unten (…). Tendenziell wird die
Arbeitslosigkeit steigen.» Solche Aussagen habe ich in den letzten Wochen aus
bundesrätlichem Mund nie vernommen!“ (a. NR Luzi Stamm in Aarauer
Woche KW 28, 7. Juli 2020) Alex Schneider, Küttigen
Das weitaus grösste Problem besteht – neben all den aufgeführten Punkten –
darin, dass jedermann als selbständig-Erwerbender in unser Land einwandern
kann, vom «Unternehmer im Rotlicht-Milieu» bis zum «Kebab-Stand-Betreiber». Auch
Selbständige haben selbstverständlich keinen Arbeitsvertrag. Gemäss der
Definition im unterzeichneten Abkommen erhält jedermann aus der EU eine «Aufenthaltserlaubnis
von mindestens fünf Jahren, sofern er den Behörden nachweist, dass er sich zu
diesem Zweck (gemeint ist als «selbständig-Erwerbender») niederlassen will»
(FZA, Anhang I, Art. 12 Abs. (1)).
Der «Missbrauch» ist rechtlich gesehen gar kein Missbrauch, sondern er ist Teil
des Systems. Es ist z.B. bei der Personenfreizügigkeit auch auf einfachste Art
und Weise möglich, in der Schweiz eine juristische Person (z.B. eine GmbH) zu
gründen, womit es faktisch verunmöglicht wird, zu regeln, zu welchen
Bedingungen die Leute arbeiten.
Niemand auf dieser Welt kann die Grund-Prinzipien der Ökonomie und der Logik
ausser Kraft setzen. Personenfreizügigkeit ist immer und überall zu Ungunsten
des Landes, welches das Glück hat, wohlhabend(er) zu sein. Wer etwas anderes
sagt, könnte gerade so gut behaupten, Wasser fliesse aufwärts.