Auszug unumgänglich?!

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  • Hallo zusammen,


    ich bin ganz neu hier, obwohl mich das Thema Depression schon sehr sehr lange begleitet.


    Seit mehr als 6 Jahren bin ich mit meinem Freund zusammen, welcher noch viel länger an Depression leidet.


    Er ging bereits Jahre lang zu einem Psychiater, welcher trotz ausbleibendem Erfolg, die Depressionen mit Ritalin und Mirtazapin über Jahre versucht hat, zu bekämpfen.


    Gesprächstherapie fand nie statt. Es wurde lediglich alle paar Monate ein Besuch verlangt, um das Rezept neu auszustellen.


    Mittlerweile ist mein Freund bei einer neuen Psychologin. Sie meinte, sie möchte komplett neue Ansetze nutzen, stopft ihn aber auch wieder mit Ritalin und Mirtazapin voll.


    Er war bereits 4 Mal bei ihr. In dieser Zeit, die ich für sehr wenig halte, sagt sie, dass ich nicht der Auslöser für seine Depressionen bin, durch meine Anwesenheit in unserer gemeinsamen Wohnung, würde er aber nie von den Depressionen geheilt werden können und sie sieht als einzige Lösung meinen Auszug.


    Ich weiß nicht, wie ich das alles einzuschätzen habe. Mein Partner wird von mir unterstützt und ich nehme seine Krankheit ernst. Ich bin immer da für ihn und versuche auch ihm den nötigen Freiraum zu geben.


    Mich macht ihre Aussage sehr traurig, gleichzeitig wütend und doch weiß ich nicht, ob sie nicht vielleicht Recht hat.


    Ich dachte bisher, dass man Depressionen auch heilen können, wenn Partner und Familie bleibt. Und von diesem Gedanken komme ich auch nicht los.


    Was meint ihr dazu? Kann jemand der an Depressionen leidet, nur dann gesund werden, wenn er ganz alleine ist?


    Ich hatte gehofft, dass er jetzt mit anständiger Therapie, "gesund" wird bzw einen Weg findet, glücklich zu sein, klar zu kommen usw und ich ihn dabei begleite, ohne eine Last zu sein, aber ihm stützend zur Seite stehe.


    Ich möchte das Beste für ihn und ich werde auch gehen, wenn es die einzige Lösung für ihn ist, um gesund zu werden.


    Trotzdem würde ich gerne wissen, wie ihr die Aussage der Therapeutin einschätzt. Ist es richtig auszuziehen? Oder ist das einfach nur Beseitigung einer Variablen um zu sehen, was sonst noch für seinen Zustand verantwortlich ist?


    Ich danke euch für eure Antworten! Und bitte seid lieb, die Situation ist auch für mich alles andere als leicht.

  • Keine seriöse Therapeutin würde sich je auf den Standpunkt stellen, dass sich die blosse Anwesenheit einer Person in demselben Haushalt per se negativ auf den Krankheitsverlauf auswirken würde. So gesehen müsste ja jede verheiratete Person, die an einer Depression leidet, sich sogleich scheiden lassen oder zumindest eine separate Bleibe beziehen. Selbstverständlich sind im Rahmen einer psychiatrischen Behandlung die Lebensumstände des Patienten zu thematisieren und mögliche Veränderungen in Betracht zu ziehen. Wenn Sie und Ihr Freund aber eine gute Partnerschaft leben, ist die Vorstellung, dass sich Ihr Auszug günstig auf die Psyche Ihres Freundes auswirken könnte, geradezu absurd. Fazit aus meiner Sicht: Entweder hat Ihr Freund die Psychologin falsch verstanden, oder diese hat sich auf spezielle Umstände bezogen, die Sie hier nicht erwähnt haben, oder der Rat der Psychologin ist nicht wirklich ernst zu nehmen.

  • Vielen Dank sirio für die Antwort.


    Den einzige Umstand, den ich sehe ist, dass man Freund sich extrem leicht triggern lässt - Ursache und genaue Triggerpunkte sind nicht bekannt. Es kann ihm aber alles und jeder triggern, weshalb ich denke, dass man eher die Ursache herausfinden sollte, er lernen muss damit anders umzugehen und ich dann Entsprechendes auch nicht anspreche/mache.


    Denke aber, dass das auch viel mit seinem sehr niedrigen Selbstwert (versteht vieles anders als gemeint/fühlt sich angesprochen obwohl nicht gemeint/viele Selbstzweifel/...) und Ängsten zutun hat und er dann entsprechend fühlt und reagiert was die negative Gesamtsituation verstärkt.

  • Natürlich weiss ich nur wenig von Eure Situation, aber diese Sätze fiele mir auf:


    Du schriebst:


    "Mein Partner wird von mir unterstützt und ich nehme seine Krankheit ernst. Ich bin immer da für ihn und versuche auch ihm den nötigen Freiraum zu geben."


    Vielleicht könnte die Psychologin gemeint haben, dass dein Partner herausfinden müsste, wie es wäre, selber ohne tägliche Unterstützungen seinen Alltag zu meistern.


    Dazu, was Du schreibst: dein "Freund sich extrem leicht triggern lässt". Was auch immer die äussere Reize sind, die in ihm etwas negatives auslösen... je weniger es davon hätte, desto höher wäre die Chance, dass er zur Ruhe kommen könnte.


    Das sind aber nur dünne Ahnungen, meinerseits, und vielleicht nicht passend.

  • Mir scheint, dass es auch einen Unterschied macht, wie alt Ihr seid. Wenn Ihr z.B. direkt aus den Elternhäusern mit 18 zusammengezogen seid, und er nun mit 24 noch nie gelernt hat alleine zu leben, ist es natürlich eine ganz andere Situation, als wenn Ihr Euch mit 38 kennen lernten, und davor je ein etabliertes, erwachsenes Leben selber geschmiedet hatten.


    Falls dein Partner in Betracht zieht, den Rat seiner Psychologin zu befolgen und für eine Weile alleine zu leben, wäre es vielleicht klärend und hilfreich, wenn Du und er gemeinsam mit ihr sprechen könntet, wenigstens ein Mal. Dann könntest Du selber von ihr hören, wie sie es sieht, und was nach ihrer Meinung Du am Besten tun könntest, um ihn weiterhin so gut es geht zu helfen.