Fürsorglicher Freiheitsentzug

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  • Im Pflegeheim, wo ich arbeite, ist eine stark demente Bewohnerin Covid positiv getestet worden. Sie hat leichte Symptome, ist aber genug fit und geht pausenlos auf der Abteilung umher. Es heisst, man dürfe sie nicht im Zimmer einschliessen und sie der Freiheit berauben. Gibt es keine Möglichkeit, dies trotzdem zu tun? Schliesslich gefährdet sie die anderen noch gesunden auch dementen Bewohner wie auch das Personal. Dringend!

  • Brigitte68


    Vielen Dank für ihre Frage. Bei uns ist gerade eine sehr ähnliche Diskussion aufgekommen. Der Hintergrund ist etwas anders.


    Vielleicht gibt es im Forum User, welche hier über fundierte Kenntnisse der Rechtslage verfügen.


    In unserer Diskussionsrunde sind die Rechtskenntnisse nicht ausreichend. Allerdings herrscht die Meinung vor, dass man die Person nicht einsperren dürfe. Das Recht auf Freiheit geht dem Recht auf Schutz vor. Als Grundsatz.


    Dies ist aber nicht mehr der Fall, wenn eine akute Gefahr in Verzug ist.


    Hier abzuschätzen, wenn eine solche Gefahr tatsächlich gegeben ist und wann nicht, ist für Laien kaum möglich.


    Uns ist in der Diskussion aufgefallen, dass medizinisches Personal und Ordnungskräfte (Inkl.Polizei) offenbar verschiedene Masstäbe ansetzen.

  • Die fürsorgerische Freiheitsentziehung (FFE) ist etwas anderes:

    Um eine Person vor einer Gefahr zu schützen, kann sie die zuständige Behörde gegen ihren Willen in eine spezialisierte Institution (Klinik, sozialmedizinische Einrichtung usw.) einweisen. Um diese Massnahme durchzusetzen, kann die öffentliche Gewalt (Polizei) in Anspruch genommen werden. Da die fürsorgerische Freiheitsentziehung eine sehr einschränkende Massnahme ist, darf sie nur unter äusserst strengen Bedingungen erfolgen.

  • @Lapidar


    Wenn sie die Frage von @Brigitte68 genau lesen, zeigt sich, dass die Frage knifflig ist. Es bewegt sich hier etwas in einer "juristischen Grauzone".


    Deshalb würden wir begrüssen, wenn hier UserInnen mit einschlägigen juristischen Kenntnissen auf die Frage antworten.


    Ein Pflegeheim ist ja eine sozialmedizinische Einrichtung. Nun ist es aber so, dass die meisten BewohnerInnen eines solchen Heimes freiwillig dort sind. Nur Wenige wurden durch zuständige Behörden dort eingewiesen.


    Solche Pflegeheime haben oft eine "Geschlossene Abteilung" für Demenzkranke. Das heisst die Patienten können die Abteilung nur mit Wissen des medizinischen Personals und in entsprechender Begleitung verlassen. Die persönliche Freiheit ist hier bereits eingeschränkt. Aber eben meistens freiwillig so vereinbart, oder aber auf Anordnung.


    Ist eine Person freiwillig in eine Solche Einrichtung eingetreten, dann darf das Pflegepersonal die Freiheit der Patienten nicht "ohne Weiteres" einschränken. Also in einem Zimmer einsperren.


    Dafür müsste wohl zuerst eine entsprechende Anordnung der zuständigen Behörden eingeholt werden.


    Im konkreten Fall und im Zusammenhang mit Corona ist hier die Frage, ob nicht eine akute Gefärdung vorliegt, welche dazu führt, dass das Personal sofort einschreiten darf und muss.


    Auch die Polizei kann jemanden in "Gewahrsam nehmen" um die Person vor sich selbst oder Andere zu schützen. Dies im Sinne einer vorübergehenden Massnahme. Also zeitlich sehr eingeschränkt.


    Eine dauerhafte Massnahme muss aber von entsprechenden Behörden genehmigt werden. Und das sind oft lang dauernde "Prozesse".


    Die "Gretchenfrage" ist hier, ob das Personal vorsorglich wegen Corona und der daraus resultierenden Ansteckungsgefahr als eine akute Notlage einen Freiheitsentzug vornehmen darf, oder gar muss. Oder eben nicht darf.


    Wir können diese Frage nicht beantworten.

  • Das ist natürlich eine knifflige Frage. Umso mehr, als auch eine Fürsorgepflicht gegenüber anderen Patienten wie Dienstleistenden besteht. Ich würde unbedingt das Gespräch suchen mit der infiszierten Person und an Goodwill/Vernunft appelieren.

  • @Mustermann


    Das wäre auch unsere erste Idee. Bei einer Person, welche bei Verstand ist. Doch mit demenzkranken Personen können sie im Allgemeinen nicht mehr auf einer logischen oder vernünftigen Basis diskutieren. Selbst dann nicht, wenn noch Goodwill seitens dieser Person durchaus erkennbar ist.

  • Wie geschrieben, ich bin selber ratlos. Bei einer Selbstgefährdung wäre der Fall klar, Sie müssten die Person schützen, mit den Möglichkeiten, die Ihnen zur Verfügung stehen. Ich halte dies auch bei einer Fremdgefährdung für notwendig. Aber solange kein Richter seinen Segen dazu gegeben hat... würde ich mit dem Arzt sprechen, ob ein Spitalaufenthalt möglich ist... Das Problem einfach abschieben? Ja, solange kein Urteil Einschränkungen im Altersheim erlaubt...

  • @Mustermann


    Damit verschiebt man doch einfach das eigentliche Problem vom Pflegeheim ins Spital.


    Auch in Pflegeheimen sind üblicherweise Ärzte zuständig, um Akutmassnahmen zu ergreifen. Bei einer akuten Gefärdungslage kann ein Arzt eine "Fixierung" anordnen. Das müsste auch in einem Spital so gemacht werden, wenn Patienten nicht mehr "zugänglich" sind.


    Die Frage ist hier, unter welchen Umständen und für wie lange kann eine solche "Fixierung" durch einen Arzt angeordnet werden. Und wann muss sie dann durch eine "Behörde" bestätigt werden.


    Wir ( Transmitter) wissen hier nicht Bescheid und würden es wirklich begrüssen, wenn sich hier noch Personen mit einschlägigen juristischen Kenntnissen zu Wort melden würden.


    Von Sozialversicher wissen wir aus anderen Threads, dass er jeweils eine gute Quelle für solche Informationen ist. Doch diese Frage ist wohl etwas ausserhalb seines üblichen beruflichen Umfelds. (Oder hat gerade keine Zeit für Freiwilligendienste).


    In unserem erweiterten Umfeld gibt es noch einen Juristen den wir dazu anfragen könnten. Allerdings ist die Verbindung hier hauptsächlich beruflicher Art. Wir können das Thema also nicht so "ohne Weiteres" am Stammtisch vorbringen.


    Wir haben auf die Frage von @Brigitte68 auch deshalb reagiert, weil Personen aus unserem Kreis sehr konkret mit einem recht ähnlichen Problem konfrontiert sind. Die Fälle können hier nicht verglichen werden. Da sich die Fälle in anderen Ländern und mit anderen Rechtsgrundlagen abspielen. Letztlich geht es hier um ethische Fragen.

  • Brigitte68


    Jetzt einmal etwas losgelöst von der juristischen Debatte:


    Was macht das Pflegepersonal in einem Pflegeheim, wenn bei einem Bewohner ein multiresistentes Bakterium festgestellt wird?


    Welche Massnahmen ergreift das Pflegepersonal?


    Was haben sie dazu in ihrer Ausbildung gelernt? Wie man in einer solchen Situation vorgehen muss?