Wieso sind die grossen Schweizer Pumpspeicher-Kraftwerke so unrentabel ?

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  • Oft gibt es ja sehr hohe Einspeisungen aus PV und WKA ins Europ. Verbundnetz, dann zu niedrigen Preisen am Strom-Markt.
    Andererseits gibt es Zeiten in denen kaum Sonne scheint und kaum Wind weht. Die Preise am Strommarkt steigen.
    Nachts wird weniger el.Energie gebraucht,als am Tag, aber die 4 CH-AKW laufen ständig voll.
    Wenn die Braun- u. Stein-Kohlekraftwerke in Deutschland u. Polen weniger billige el.Energie einspeisen würden, incl. CO2 produzieren, würden Pumpspeicher-Kraftwerke dann eher rentieren ?
    Oder braucht man im grossen (sich sebst ausgleichenden) Europ. Verbundsystem nur 'selten" hohe Spitzenleistungen aus grossen (Pump-) Speicher-Kraftwerken ?

  • @oytenkratos


    Pumpspeicherkraftwerke haben einen Systemverlust bei der Rezyklierung des ursprünglichen Energiegehalts von Wasser, welches direkt im Staudamm gespeichert werden kann. (Primäre Energiequelle wegen potentieller Energie. Müsste ihnen ja geläufig sein).


    Fakt ist, dass ohne Einpreisung der CO2-Emmision die Kohlekraftwerke, welche mehrheitlich schon lange abgeschrieben sind, immer noch günstiger produzieren können, als die meisten Schweizer Wasserkraftwerke, sogar wenn sie nur die primäre Quelle anzapfen.

  • oytenkratos


    Wir müssen hier zuerst mal zwei Dinge unterscheiden. Obwohl die zwei Dinge bei der ursprünglichen Frage natürlich Hand in Hand gehen.


    Von der physikalischen Seite her betrachtet, müssen wir aufgrund der empirischen Daten davon ausgehen, dass wir aus einem Pumpspeicherwerk nur noch etwa 65% an den Verbraucher liefern können, im Vergleich zur ursprünglich mal vorhanden potentiellen Energie in einem Staudamm. Welcher ohne menschliches Zutun gefüllt wurde.


    Nach aktuellen Zahlen der Kraftwerkbetreiber liegen hier die Gestehungskosten bei ca 7-8 Cent. Die Kohlekraftwerke liefern aber mit 5-6 Cent Gestehungskosten. Ohne CO2-Einpreisung.


    Ich mache jetzt keinen sauberen Dreisatz... sondern überschlage hier mal etwas die Dimension:


    Bei einem Systemverlust von einem Drittel bei der Rezyklierung von billigem Strom aus der EU kommen die Schweizer Wasserkraftwerke auf Gestehungskosten von ca 10 Cent oder auch noch mehr.


    Und das ist dann in der Grössenordnung etwa das Doppelte an Kosten, was die Kohlenkraftwerke direkt an den Verbraucher liefern können.


    Aktuell rechnen sich Pumpspeicherkraftwerke nicht.

  • @Transmitter


    Der Gesamtwirkungsgrad von Pumpspeicherkraftwerken liegt bei 75-80% abzüglich der eher geringen Übertragungsverlust der elektrischen Energie.
    Wenn für 2-3 Cent eine KWh bezogen wird und für 5-6 Cent 0,75 KWh ins Netz eingespeist werden ergibt sich doch ein Überschuss von 0,75-2,5 Cent.
    Die kleineren Pumpspeicherkraftwerke rentieren eher.
    Weil die ganz hohen Leistungen auch noch viel seltener voll benötigt werden ?

  • @oytenkratos


    Woher haben sie diese Zahlen?


    Ich habe andere Zahlen. Will aber nicht behaupten, dass meine Zahlen richtig sind.

  • oytenkratos


    Ich hatte mir vor längerer Zeit mal Gedanken zu den Pumpspeicherwerken gemacht. Ging dabei mehr um Physik, als um Wirtschaft. Und es waren rein hypothetische Überlegungen. Stimmt also nicht mit der Realität von Schweizer Pumpspeicherkraftwerken überein.


    Und das ist genau der Haken an der Sache. Die Realität.


    Hypothetisch kann man man sagen wir haben im Stausee 100% potentielle Energie. Lassen wir das Wasser durch das Kraftwerk nach unten laufen, können wir ca. 90% davon in elektrische Energie wandeln. Pumpen wir dieses Wasser wieder zurück, dann wird das etwa gleich viel Energie wieder kosten, wie zuvor gewonnen. Also plus/minus ein Nullsummenspiel.


    Hier wird aber vorausgesetzt, dass das Wasser auf gleicher Höhe des Kraftwerks verbleibt, bevor es dann wieder zurückgepumpt werden kann. Ist das in der Realität der Fall?


    So weit es mir bekannt ist, ist das kaum der Fall. Nach meinen Kenntnissen sind die sogenannten Ausgleichsbecken im Verhältnis zur durchlaufenden Wassermenge klein. Entsprechend grosse Wasserspeicher liegen meist viel tiefer, als die Kraftwerke. Und damit ist der Energieaufwand um das Wasser wieder in die hochgelegenen Speicher zu transportieren deutlich höher, als was man danach im zweiten Durchgang wieder herausholen kann.


    Das Fazit aus diesen Überlegungen lautet: Pumpspeicherkraftwerke sind eigentlich ein Blödsinn und können gar nicht wirtschaftlich sein. Grob gesagt.


    Es gibt aber noch einen anderen Faktor den man berücksichtigen muss. Die Pumpspeicherwerke können dazu beitragen den Wasserhaushalt zu regulieren. Und das könnte in Zukunft immer wichtiger werden. Nach den Klimamodellen für die Schweiz werden wir damit rechnen müssen, häufiger auch lange Hitze- und Trockenperioden zu haben.

  • @oytenkratos


    Ich habe noch etwas davon gehört, dass auf dem Spotmarkt Strom mit 2-3 cent verkauft wird.


    Was mir als absoluter Dumpingpreis noch bekannt ist, als sehr seltener Fall, sind 3,5 cent / kWh.

  • @oytenkratos


    Diese Überlegungen standen im Zusammenhang mit dem damals gescheiterten Staudammprojekt.


    Das Projekt sollte hauptsächlich der Regulation des Wasserhaushaltes in der Halbwüste dienen. Nicht der Gewinnung von Strom. Das wäre ev. noch ein Nebeneffekt gewesen.


    Das Projekt scheiterte an der "staatlichen" Korruption.


    In der Zwischenzeit ist die betroffene Region zur Wüste geworden.

  • oytenkratos


    Wie edel ist der Pumpspeicherstrom wirklich?


    Es berührt bei näherer Betrachtung eher eigenartig, wenn bezüglich Pumpspeicher-Wasserkraft versucht wird, grossen Optimismus zu verbreiten und grundsätzlich falsche Hoffnungen zu wecken. Ist der Pumpstrom nun wirklich die ökologisch saubere, nachhaltige Wasserkraft, wie von Wirtschaft und Presse oft behaupten wird, oder gar eine Irreführung?


    Wenn man dann noch den Satz im Leitartikel liest, so wirkt dieser Optimismus für einen Laien sicher ansteckend und zukunftsfähig. Dort steht bezüglich des geplanten Pumpspeicherwerkes von "Nant de Drance", Zitat: "Die gigantische Investition von 900 Mio. Franken steht einmal für den Wert der Wasserkraft. Der Entscheid wird auch weiteren Projekten neuen Schub verleihen, die eine ähnliche Stossrichtung verfolgen, nämlich die Veredelung und damit marktmässige Zusatzaufwertung der elektrischen Energie aus erneuerbarer, sauberer Wasserkraft." Ende Zitat. Und gerade diese Interpretation der Art von Energieerzeugung ist weitab jeglicher "erneuerbarer, sauberer Wasserkraft".


    Woher kommt denn der eingekaufte Strom zum Hochpumpen des Wassers? Mit Sicherheit nicht aus Wasserkraft. Oder man nennt den mit Uran oder Kohlenkraft erzeugten Wasserdampf, der die Dampfturbinen samt Stromgeneratoren in einem geplanten Kohlekraftwerk in deutschen Landen antreibt, im übertragenen Sinne auch Wasserkraft?


    In diesem Zusammenhang sei an ein Referat von Dr. Martin Carlen erinnert, wo er eine Tabelle zeigte, die die "reine" Wasserkraft ohne Pumpeinsatz mit einem Wirkungsgrad von 90% darstellte und diejenige aus Pumpspeicherwerken mit 70% bis 80%. Letztere ist insofern missverständlich, als der für den Pumpenbetrieb schon einmal produzierte Strom schlichtweg ausgeblendet wird. Pumpspeicherwerke sind wohl Stromveredelungs-Anlagen im wirtschaftlichen Sinne, die den mit solchen Werken erzeugtem Strom keinesfalls in irgendeiner Form ökologisch "veredeln", sondern mit ihm reine lukrative Aspekte zu Ungunsten der Ökologie verfolgten. Er wird wider besseres Wissen von den einschlägigen Interessentengruppen nebst den wirtschaftlichen Aspekten auch als "erneuerbare, saubere Wasserkraft" dargestellt. Weiter war unter anderem auch zu lesen von einem geplanten Hochpumpen des Rhonewassers in den Lac des Dix.


    Betrachten wir einmal den extremsten aber durchaus realistischen Zukunftsfall, dass der billige Pumpstrom von Kohlekraftwerken im Ausland importiert wird. In solchen thermischen Kraftwerksanlagen wird der Strom mit einem primären Wirkungsgrad von etwa 40% erzeugt. 60% gehen dort schon verloren. Diese 40% werden weiter über ein Pumpspeicherwerk mit einem mittleren Wirkungsgrad von 75% zu "veredeltem" Spitzenstrom transformiert. Dies würde in der Realität bedeuten, dass dieser so genannte Spitzenstrom in diesem Fall als eine der "schmutzigsten" und vor allem CO2-intensivsten Stromarten überhaupt bezeichnet werden muss. In solchen Fällen ist diese so gerühmte Pumpspeicher- Wasserkraft unter der hier beleuchteten umfassenden Betrachtungsweise ökologisch um einiges schlechter als der Kohlestrom selbst, der direkt der Endverwertung zugeführt wird, da er keiner verlustreichen "Zwischenveredelung" unterworfen ist. (noldi)

  • @noldi


    Danke für diesen Beitrag!


    Jetzt reden endlich mal etwas mehr die Experten mit.

  • @noldi


    Ich kann ihren Beitrag unteschreiben.


    Und ja. Es geht in die Kategorie Irreführung. Neutdeusch: Greenwashing.

  • noldi


    Auch von mir ein grosses „Chapeau“ für deinen aufschlussreichen Beitrag.

  • @noldi


    Die ganze "Philippika" ist grossartig. Der Satz ist aber besonders wichtig :
    "Pumpspeicherwerke sind wohl Stromveredelungs-Anlagen im wirtschaftlichen Sinne ..."

  • @oytenkratos


    @noldi hat hier ganz wunderbar so ziemlich alles zusammengefasst, was ich im Laufe der Zeit dazu noch schreiben wollte.


    Na, ja noldi hat hier halt einfach noch etwas mehr Erfahrung im Schreiben von Fachartikeln....


    Gestehe ich ihm neidlos, dafür ganz gerne, noch zu!


    Die "alte Garde" lässt grüssen.

  • @Transmitter


    Natürlich ist der Wasserhaushalt ein tragendes Element der Stromproduktion bzw. Stromwirtschaft. Die grössten Wasserspeicher sind zur Zeit immer noch die Gletscher, deren Bestand aufgrund der Klimaerwärmung höchst gefährdet ist, was auch die grundsätzliche Wasserversorgung der Flora und Fauna betrifft.


    Ein Bild über den Schwund sehr vieler Schweizer Gletscher der vergangenen Jahre ist auf "gletschervergleiche.ch" bestens ersichtlich.

  • noldi


    Selbstverständlich wurden die grossen und kleinen Stausseen in den Bergen wegen der Stromwirtschaft gebaut. Und war bisher auch der Hauptzweck. Das kann sich nun mit dem Klimawandel ändern. In der Schweiz vielleicht weniger drastisch, als in anderen Ländern. Aber dazu möchte ich keine Prognose machen.


    Es ist aber wohl schon so, dass die Gletscher die grössten Wasserspeicher waren. Und die immer weiter und auch schnell zurückgehen.

  • oytenkratos und noldi


    In Anlehnung an den Beitrag von noldi:


    Man muss sich mal den Systemwirkungsgrad bei Pumpspeicherwerken überlegen. Ich habe dazu keine genauen Zahlen. Auch hier ist es nur eine grobe Abschätzung der Dimensionen.


    Und hier gehe ich auch von einer reinen Annahme aus. Ich müsste hier zuerst mal genauer nachschauen wie die realen Verhältnisse sind.


    Aber bei Pumpspeicherwerken im Wallis liegt des nächste grosse Resorvoir doch einiges tiefer, als die Kraftwerke der betreffenden Stauseen. Es muss beim Pumpen eine deutlich grössere Fallhöhe überwunden werden, als im Kraftwerk genutzt wird. Und die Rohrreibung ist auch deutlich höher bei langen Leitungen. In einem frühere Beitrag hatte ich geschrieben, dass alleine durch Masdchinenwirkungsgrad und Rohrreibung beim Kraftwerk nur etwa 90% in Strom gewandelt werden kann. Und das wieder Hochpumpen gleich viel Energie kosten wie zuvor gewonnen. Unter der Voraussetzung dass Fallhöhe grösser und Leitungsweg länger ist, muss ich mindestens mit 20 % Verlust rechnen, oder gar mehr. Habe dann im Systemwirkungsgrad einen Teilwirkungsgrad von 0.8


    Produziere ich jetzt den Pumpstrom in einem Kohlekraftwerk mit Wirkungsgrad von 40% und Transportier diesen unter Verlust 6% = 0.94 zur Pumpe, welche dann mit 0.8 wieder hochpumpt wird, damit das Wasser wieder da ist, wo es zuvor war, dann erhalte ich einen Wert von: 0.3


    Also nur 30% der primär eingesetzten Energie landen wieder im Wasserspeicher als potentielle Energie. Und kann dann wiederum mit etwa einem Wirkungsgrad von 90% erneut genutzt werden. und mit erneutem Leitungsverlust etc an den Verbraucher abgeliefert werden kann. Das heisst, dass aus gepumptem Wasser hergestellter Strom nur noch ca. einen Viertel des zuvor dafür aufgewendeten Brennwerts an den Verbraucher geliefert werden kann.


    Macht das Sinn?