Wie gehe ich vor wenn ich Kenntnis von Betrug der Krankenversicherung habe?

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  • Guten Tag


    Ich würde gern wissen, wie man vorgeht, wenn man Kenntnis von einem Betrug bei der Krankenkasse hat. Eigentlich handelt es sich ja bei einem Betrug um ein Offizialdelikt, also ein Delikt was auf jedem Fall angezeigt wird. Nun habe ich aber auch von internen Ermittlern der Krankenkasse erfahren, dass die Versicherungen lediglich ihr Geld von der Person zurück fordern welche den Betrug begangen hat und sich damit zufrieden geben. Mit einer Anzeige wird lediglich gedroht wenn das Geld nicht zurück bezahlt wird. Dieses Vorgehen der Krankenkassen öffnet ja Tür und Tor für jeden Betrüger. Ist es also möglich solch einen Betrug auch bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft zu melden auch wenn die Krankenkasse die Geschädigten sind…nur damit es auch strafrechtlich verfolgt wird?

  • So wie ich das sehe, müsste bei dieser Konstellation eine Strafanzeige durch Dritte absolut möglich sein, und die entgegennehmende Stelle wäre zumindest von der Theorie her verpflichtet, das Offizialdelikt zu verfolgen. Es ist wahrscheinlich davon auszugehen, dass die Polizei bzw. die Staatsanwaltschaft dann ein Minimum an Nachweisen oder zumindest konkreten Anhaltspunkten erwartet, insbesondere da je nach Situation eine solche Anzeige den Charakter einer Denunziation vermitteln kann. Die Handhabung durch die Versicherungen ist verständlich, denn wie man liest, gehören kleinere und grössere Versicherungsbetrügereien zum Alltag. Wollte man jeden Fall zur Anzeige bringen, bräuchte es dazu wohl Heerscharen von zusätzlichen Sachbearbeitern und Juristinnen. Sollte die Versicherung die Leistung zurückgefordert haben und der Betrag zurückerstattet worden sein, dann handelte es sich nur noch um einen versuchten Betrug, was sich mildernd auf die Strafe auswirken kann. Insgesamt massgebend ist nicht zuletzt auch der Grad an Arglist, den die betreffende Person an den Tag gelegt hat. Verschärfend wirkt sich etwa die Verbindung mit einer Urkundenfälschung aus.

  • Su89


    sirio hat hier eine kompetente Antwort geliefert.


    Bei ihrer Frage ist mir aber etwas ein Rätsel geblieben.


    Wie ist es einem Versicherten heute überhaupt noch möglich, bei einer Krankenkasse einen Betrug zu begehen? Im Prinzip sehe ich hier noch eine Möglichkeit. Das geht dann aber nicht ohne Urkundenfälschung.


    Sie haben zum Tathergang praktisch gar nichts geschrieben. Wie genau soll der (angebliche) Betrug stattgefunden haben?

  • @Transmitter


    Es ging mir auch nicht primär darum den Tathergang aufzuzeigen sondern wirklich um die Frage wie man am besten vorgehen kann. Es ist aber durchaus möglich die Krankenkasse zu betrügen indem der Arzt zB Leistungen in Rechnung stellt welche nicht erbracht worden sind oder der Kunde mit falschen Angaben über angeblichen Unfall Taggeld erschleicht. Im Internet finden sich hier zahlreiche Beispiele die verschiedene Kassen auflisten und wofür man extra interne Ermittler eingestellt hat um diese Sachen aufzuklären und das Geld zurück zu holen.

  • Gerade nach der Ferienzeit "beliebt" sind etwa fiktive Rechnungen für angebliche Notfälle im Ausland, die Ärzte gegen einen kleinen Zustupf ausstellen. Ob dies nebst dem Tatbestand des Betrugs auch den der Urkundenfälschung erfüllt, hängt von den Umständen ab, da Rechnungen nicht in jedem Fall als Urkunde gelten.

  • Su89 und @Sirio


    Danke für eure Antworten.


    Ihr habt recht.


    Wenn bei der ganzen Sache auch noch ein Arzt mitspielt, dann gibt es sicher noch eine ganze Palette von Betrugsmöglichkeiten.


    Und ein Arzt muss hier nicht einmal wissentlich beteiligt sein. Es reicht, wenn er sich täuschen lässt.


    Bei meiner Frage und der theoretisch bestehenden Möglichkeit, welche mir da noch in den Sinn gekommen ist, hatte ich aber eine bewusste, oder unbewusste, Mitwirkung des Arztes ausgeklammert.


    Es ist aber durchaus bekannt, dass Versicherungsbetrug (nicht nur KK) offenbar recht häufig vorkommt. Und es immer noch als Kavaliersdelikt betrachtet wird. Obwohl es das eigentlich nicht ist.

  • sirio


    Und @Su89


    Ich habe noch eine Frage, auf die sie in ihrer Antwort nicht eingegangen sind.


    Jetzt einfach mal angenommen, dass ich tatsächlich fundierte Kenntnis einer Straftat ( Offizialsdelikt habe und das nicht zu Anzeige bringe, welche Konsequenzen könnte das dann für mich allenfalls nach sich ziehen?

  • Ohne ein konkretes Mitwirken im Sinn einer Beihilfe passiert da nichts. Mit der Kenntnis einer Straftat, selbst wenn es sich um ein Offizialdelikt handelt, ist - ausser natürlich für die Strafbehörde - keine allgemeine Anzeigepflicht verbunden. Eine solche besteht einzig aufgrund einer ausdrücklichen spezialgesetzlichen Grundlage. Beispiel: Der Arzt ist zur Anzeige verpflichtet, wenn ein Todesfall als aussergewöhnlich erscheint.

  • @Transmitter


    Eine Mittäterschaft setzt eine Tatbeteiligung voraus. Soll heissen, dass ein Mittäter einen Tatbeitrag geleistet hat. Dies würde auch eine strafrechtliche Konsequenz für den Mittäter nach sich ziehen. Einem Offizialdelikt muss zwingend seitens der Strafbehörden nachgegangen werden, sobald diese Kenntnis davon haben.

  • @Su89


    Mir geht es um die Frage, was im gerichtlichen Usus als eine "Beteiligung" betrachtet wird.

  • Im Fall des ausländischen Arztes etwa ist dieser beteiligt. Er ist zwar nicht der, der den Betrug vollendet, er könnte aber wegen Beihilfe dazu angeklagt werden. Die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe ist wohl fliessend. Würden Versicherter und Arzt die erschlichene Versicherungsleistung fifty-fifty untereinander aufteilen, käme der Arzt kaum mit der blossen Beihilfe davon. Ungestraft bleiben andererseits die Kumpanen des Betrügers, die von der Missetat Kenntnis haben, weil er am Stammtisch angeheitert damit geprahlt hat. Da besteht keine Anzeigepflicht, und strafbar ist das blosse mitwissen schon gar nicht.


    Meiner Meinung nach wäre es von Vorteil, wenn man Nachfragen und Antworten dazu nicht bloss als Kommentar festhalten würde. Der Überblick über die ganze Diskussion geht dadurch etwas verloren, was ich schade finde.

  • sirio


    Vielen Dank für ihre Antwort. Sie wissen vermutlich, dass ich Auslandschweizer bin. Su89 wusste es vermutlich nicht.


    In meiner Wahlheimat ist die Rechtsprechung doch recht anders, als in Europa und speziell in der Schweiz.


    Um es mal grob zu umreissen: In meiner Wahlheimat werde ich grundsätzlich als Mitwisser einer Straftat als Mittäter behandelt. Selbst wenn ich an der eigentlichen Tat nicht aktiv beteiligt war.


    Ich bin an meiner Frage deshalb etwas hängengeblieben, weil derzeit die Prozesse zur Terrorattacke in Paris (Bataclan) am Laufen sind. Dort muss nun die französische Justiz beim Prozess wohl abwägen, ob alleine das Wissen um einen geplanten Terroranschlag schon strafbar ist, selbst wenn der Mitwisser nicht aktiv an der Tat beteiligt war. Aber durch sein Schweigen die Tat erst möglich machte.