Hallo
Ich arbeite im Einzelhandel (grosse Kette) als Verkaufsberater und sehe mich massiv der wirklich hirnlosen Problematik ausgeliefert, das eigentlich fast jeder 2. Satz, fast
jede 2. Handlung, fast jede 2. Arbeitsanweisung eigentlich recht eindeutig als dummes Mobbing einzustufen ist. Aus ganz verschiedenen Gründen:
1. Es ist aktiv gewollt, das sich Mitarbeiter und Führungskräfte gegenseitig "motivieren". Ich hab schon Whiteboards im Schulungsraum gesehen, wo Mitarbeiter typisiert worden sind (Typ A , B...) um Schwachstellen und "Angriffspunkte" zu benennen (Reagiert besonders auf....) oder Sätze wie "Mitarbeiter müssen Angst haben, damit sie schneller arbeiten" gehört.
2. Mobbing wird bewusst nicht thematisiert, damit man Mitarbeiter in jeder Situation zurechtstutzen kann. Es wird z.B. massiv ungleich behandelt: Mitarbeiter A ( mehr als nur Freundin der Führungskraft) hat für eine konkrete Aufgabe über 1 Woche Zeit, ein anderer MA wird für die selbe Aufgabe nach 2 Stunden zurechtgestutzt: "Gib mal Gas, wir haben hier noch mehr zu tun)
3. Führungskräften fehlt die Kompetenz, um Arbeitsleistungen der MA überhaupt ansatzweise einschätzen zu können und sind daher gezwungen wahllos Mitarbeiter zu diffamieren. Da gibt es ganze Regale die zum Teil monatelang nicht verkaufsfähig sind, weil das niemandem auffällt und keinen wirklich stört, aber hinterher wird einfach irgend jemand aus irgend einem Grund zur Rechenschaft gezogen.
4. Es gibt Mitarbeiter, die Führungskräfte mit bewusst gestreuten Lügen im Sinne von " also ich verstehe nicht, warum Person xy da heute für diese Aufgabe so lange braucht. Das ging ja sonst immer viiiel schneller" aktiv manipulieren und die Führungskräfte merken das nicht einmal ansatzweise, weil sie eben tatsächlich überhaupt kein Gefühl für den Zeitbedarf der real notwendigen Tätigkeiten haben.
5. Es gibt (sooo doooof) bewusst keine Arbeitsteilung. Es hat eigentlich immer genug Mitarbeiter um sagen zu können: heute kümmert sich Person A um den Bereich und Person B um den
anderen Bereich. Aber das ist bei uns streng verboten. Es heißt jeder soll alles machen. Das ist doch völlig logisch, das dann die Mitarbeiter sich gegenseitig unterstellen, das der Andere zu wenig machen würde. Die für mich einzige logische Erklärung dafür ist einfach, das man genau das eigentlich aktiv erreichen möchte.
6. Wir hatten schon Teamsitzungen auf Anweisung "von Oben" wegen schlechtem Arbeitsklima und die Situation war wirklich lächerlich: Diejenigen die am meisten mobben, haben dem gesamtem Team fehlenden Teamgeist unterstellt. Die MA, die am langsamsten Arbeiten, haben fehlende Unterstützung des Teams beklagt....usw.... und die Abteilungsleitung meinte nur lapidar: Ich hab das Problem erkannt. Es liegt an der ungenügenden Kommunikation untereinander.
7. Führungskräfte mobben oft, damit sie vor ihren Vorgesetzten gut aussehen: Da gab es Fälle, wo Kunden unter mehrfacher Vortäuschung einer fremden Identität Ware bestellt hatten (klare Straftat wo der Verkäufer keine Chance hatte) aber der Mitarbeiter ist dann wegen frei erfundener "Verfahrensfehler" zur Rechenschaft gezogen worden. Als er das Gesprächsprotokoll nicht akzeptieren wollte, wurde das Protokoll dann auch noch schnell gefälscht um das als "klaren Fall" zu den Akten legen zu können. Und das nur, damit nicht auffällt, das die wenig fähigen Führungskräfte trotz mehrfacher Warnung vom Personal hier nicht erkannt haben, das das eine strafrechtlich relevante Tat war.
Ich könnte hier jetzt noch ewig weiter schreiben.... Der Punkt ist: Mobbing wird offensichtlich bewusst tot geschwiegen weil man sonst sehen würde, das vieles was hier abläuft eigentlich nicht ehrlich oder fair ist und weil man sich seiner eigenen Werkzeuge zur "Mitarbeiter-Motivation" nicht berauben möchte. Meine Meinung...
Meine Frage: Da ich aus anderen Betrieben schon ähnliches gehört habe, frage ich mich ob das einfach nun einmal die normale Arbeitswelt ist, weil man akzeptieren muss, das Mitarbeiter
und Führungskräfte mit allen Mitteln kämpfen oder sollte man das in irgend einer Weise thematisieren bzw. sich wirklich einmal ernsthaft überlegen, wie ich damit weiter umgehen möchte?