Wo ist die Liebe? (Mutterliebe)

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  • 1962 ca. 14.00 Uhr wurde ich geboren, es war zugleich auch Muttertag. Eigentlich könnte sich eine Mutter kein schöneres Muttertagsgeschenk wünschen. Aber bei meiner Mutter war das nicht so, was sie genau gefühlt hat, kann ich natürlich nicht sagen, ich weiss nur, dass ich nicht willkommen war und mein Vater bei meiner Zeugung noch mit einer anderen Frau verheiratet war und auch schon mit dieser Frau eine Tochter hatte. Meine Grosseltern vor allem mein Grossvater mochten ihn nicht. Grossvater war auch vollkommen gegen diese Verbindung. Meine Mutter und mein Vater heirateten dann trotzdem. Meine Mutter sagte später mal zu mir, es sei eine Trotzhandlung gewesen und sie sei nie glücklich gewesen. Mein Vater hätte immer gelogen und Schulden gemacht.

    Ich kann mich nur an sehr wenig von meiner Frühkindheit erinnern und an das was ich mich erinnere sind eigentlich nur negative Erlebnisse. Eine Erinnerung ist, dass ich zusammengekauert auf meinem Bett lag und meine Mutter mit dem Kleiderbügel auf mich eindrosch. Eine andere ist, sie drohte mir, wenn ich mein Zimmer nicht in Ordnung halten kann, nähme sie mir alle Spielzeuge weg, was dann eines Tages auch passierte. Es war nichts mehr da, nur mein Bett, Kleiderschrank und sonst gar nichts mehr, alle Spielsachen waren weg. Liebevoll war meine Mutter nie, jedenfalls erinnere ich mich, dass mich meine Mutter mal getröstet hätte oder liebevoll in den Arm genommen hat, ich kann mich nur erinnern wie sie ungeduldig war und praktisch immer mit mir geschumpfen hatte. Noch eine Erinnerung die ich habe, ist, ich erwachte Nachts und spürte etwas zwischen meinen Beinen, es war der Finger von meinem Vater der mich dort anfasste, ich drehte mich weg, aber er machte weiter…ich weiss nicht ob es mehrere Male waren, heute erinnere ich mich nur an dies eine Mal und das hatte ich einfach verdrängt und mich erst Jahre später wieder daran erinnert.

    Mein Vater war unter anderem auch Musiker und spielte meist auf Hochzeiten oder so. Ich glaube er versuchte sich auch immer im Aussendienst. Auf jeden Fall ging er nie ohne Kravatte aus dem Haus.

    Wir hatten sehr viele Tiere bei uns, meine Mutter nahm die in Pflege oder Karantäne zu sich für verschiedene Zoo’s. Papageien, Schlangen, kleine Krokodile, Luchs, kleine Äffchen, Ozelot usw...

    Die Mutter meines Vaters wohnte ganz nah bei uns und ich war sehr gerne bei ihr, denn sie war sehr liebevoll zu mir und verwöhnte mich, meine Mutter sah es aber gar nicht gerne wenn ich zu ihr ging. Einmal war ich bei ihr und wollte nicht mehr nach Hause gehen, da holte mich meine Mutter, ich versteckte mich unter dem Tisch und wollte nicht mitgehen, wahrscheinlich hatte ich auch Angst vor meiner Mutter und nach Hause zu gehen. Ein anderes Mal, ich war zu Hause und wollte unbedingt zu Müetterli, da stellte mich meine Mutter nackt ins Treppenhaus und sagte: Dann geh doch, komm, geh jetzt, du brauchst gar nicht wieder zu kommen.....aber so wollte ich natürlich nicht gehen und sie liess mich dann nach einer Weile wieder in die Wohnung.

    Einmal waren wir in der Stadt und liefen nach Hause nach M. es war ziemlich weit, ich war glaub ich so drei oder vier Jahre alt und das war für mich eine sehr weite Strecke und so wurde ich, als ich immer müder wurde, auch immer quengliger und meine Mutter die natürlich eh nie viel Geduld hatte ging das auf die Nerven und sie schimpfte mit mir, was die Sache noch verschlimmerte und ich nur noch weinte und sie wiederum noch wütender machte.

    Eine Zeitlang führte meine Mutter ein Hotel in N. Wir hatten einen Hund, ich ging oft mit ihm spazieren, am Schluss war ich meist mit ihm hinter dem Hotel, wo man vom Küchenfenster hinsehen konnte. Einmal als der Hund sein Geschäft erledigt hatte, hing noch ein Haar raus, dass ich ihm dann rausgezogen hatte, für denn Küchenburschen musste es so ausgesehen haben, als hätte ich dem Hund was anderes rausgezogen und gegessen, auf jeden Fall erzählte er das so meiner Mutter, ich versuchte es dann, als sie mich zur Rede stellte, richtig zu stellen, aber sie glaubte dem Küchenburschen mehr als mir und so war es das ganze Leben bis jetzt, meine Mutter glaubte anderen immer mehr als mir!!! Für mich war das Schlimmste, dass meine Mutter wirklich von mir dachte, dass ich so etwas machen würde. Und natürlich, dass sie mich als Lügnerin hinstellte, wie so oft auch später in meinem Leben.

    Als ich ca. 5 Jahre alt war, liess sich meine Mutter scheiden....

    (mein Vater heiratete Jahre später eine Frau die durch einen Unfall beide Beine verloren hatte und durch das ziemlich viel Geld hatte. Mein Vater hat sich erhängt als ich ca. 32 Jahre alt war. Ich ging auch an die Beerdigung, am Leichenmahl, meine Halbschwester aus Vaters erster Ehe war auch da, haben uns einige gefragt, wer wir den seien, wir haben dann gesagt, dass wir seine Töchter wären, niemand wusste von uns ausser seine Frau....also haben wir für ihn gar nicht existiert....waren wir ein Fehler?? Hätte es uns gar nicht geben dürfen??)

    ......und kehrte zurück in das Bergdorf zu ihren Eltern die ein Hotel führten. Aber ganz zuerst ging sie glaub ich im Kanton Bern in ein Dorf zu ihrem Cousin und ihrer Tante, aber da habe ich nur noch ganz schwache Erinnerung. Der Cousin und seine Frau hatten zwei Töchter mit denen verstand ich mich glaub ziemlich gut mit denen. Ich erinnere mich daran, dass sie ihre Zimmer mit Poster von den Bay City Rollers tapeziert hatten. Und das wir oft miteinander spielten. Der Cousin meiner Mutter führte auch ein Restaurant. Und meine Mutter half dann in der Zeit wo wir da waren auch mit. Ich glaube das muss so zu der Weihnachtszeit gewesen sein, denn irgendwie erinnere ich mich, dass dann da noch Silvester war. Aber an mehr erinnere ich mich nicht. Wir gingen dann glaub ich ziemlich schnell in das Bergdorf zu ihren Eltern.

    Ich hatte es von Anfang an nicht leicht. Bei den anderen Kindern war ich stets eine Aussenseiterin und wurde täglich gehänselt und auch geschlagen. Das war damals noch sehr schlimm eine Scheidung und dann noch in einem Bergdorf und dass ich im Hotel wohnte, da ist es klar dass die verknorzten Bauern dort oben nichts ausliessen ihre Kinder gegen mich aufzuhetzen und ich litt sehr darunter, (einmal versammelten sie sich, ca. 6 - 8 Kinder und sagten sie wollten mich nach Hause begleiten, aber ich spürte, dass da etwas nicht stimmte und ich suchte nach einer Ausrede und sagte dass ich noch schnell zur Post müsste, sie sollten schon mal vorgehen ich käme dann nach. Ich ging in die Post und wartete eine Weile und schaute vorsichtig wo sie waren und sie waren schon ein gutes Stück weiter, ich sprang hinter die Post und machte einen Riesenumweg, damit sie mich sicher nicht entdeckten und lief zur Sesselliftstation und bat den Mann an der Kasse mich doch bitte nach Hause zu begleiten, weil mich ein paar Kinder zusammenschlagen wollten, er machte das dann auch und ich sie sah wie die Kinder bei der Hotel Traube auf mich warteten, aber als sie dann sahen, dass ich in Begleitung kam, liefen sie schnell nach Hause (solche Situationen gab es oft) auch meine Mutter gab mir nie Zuwendung, Liebe oder Trost. Sie nahm sich nie Zeit für mich, ausser wenn sie mit mir schimpfte. Wenn ich Angst hatte oder traurig war, sagte sie immer: Mach kein Theater und nimm dich zusammen.

    Wenn in der Schule Examen war oder sonst eine Aufführung, meine Mutter kam nie, es waren immer meine Grosseltern, vor allem meine Grossmutter, die soweit es ging, kamen, meine Grossmutter war auch der einzige Mensch bei dem ich mich einigermassen geliebt fühlte. Sie war auch diejenige die manchmal mit mir einen Ausflug machten, in Zoo, Flughafen, Bärengraben und so…..aber meine Mutter nie. Sie gab immer die Arbeit als Vorwand an. Aber für ihre Lovers hatte sie immer Zeit, oder um 4 Wochen im Jahr in der Karibik zu verbringen. Nie verbrachte sie freie Tage mit mir. Doch es gab da mal einen Sonntag wo sie mich mitnahm mit ihrem Freund einen Ausflug zu machen, aber sie kümmerte sich kaum um mich, schmuste mit ihm immer rum und als ich dann eifersüchtig reagierte, schimpfte sie nur und sagte sie nähme mich nie mehr mit. Aber meine Reaktion war doch eigentlich ganz normal, bei ihm lag sie in den Armen und umarmte und küsste ihn, und mich nahm sie nie in den Arm...

    Einmal war da sogar eine Woche Ferien im Tessin, aber da kam auch ein Lover von ihr mit und natürlich meine Grossmutter, damit meine Mutter wann immer es ihr passte abschieben konnte und mit ihm in Ausgang gehen konnte, denn meine Mutter hätte sicher nie alleine mit mir Ferien verbracht. Auch da erwischte ich sie schmusend mit ihm im Bett und ich fing an zu weinen (weil ich dachte, warum nimmt sie mich nie in den Arm), ich bekam lediglich eine Ohrfeige. Das war alles. Danach sprach sie kein Wort mehr mit mir den ganzen Nachmittag und ich glaub am nächsten Tag ist meine Grossmutter mit mir zurückgefahren und meine Mutter und ihr Lover blieben noch.

    Da war auch mal ein Erlebnis, ich hatte grosse Angst vor Gewittern. Also ich erwachte Nachts vom Gewitter und bekam grosse Angst, meine Mutter war am Arbeiten und ihr Freund war schon in ihrem Bett, ich fragte ihn ob ich zu ihm darf und er bejahte. Ein wenig später kam meine Mutter dazu und meinte nur, was machst du denn da, ich antwortete, dass ich Angst vor dem Gewitter hätte, sie schnauzte mich nur an und sagte: Mach kein Theater und geh sofort in dein Bett. Sie kam aber nicht mit mir mit um mich ins Bett zu bringen oder so, sie liess mich mit meiner Angst alleine. Der Sex und ihr Lover waren ihr wohl wichtiger!!

    Meine Grossmutter weilte für längere Zeit im Krankenhaus, sie hatte eine grössere Operation hinter sich. Wir besuchten sie und brachten ihr Geschenke mit, unter anderem brachten sie ihr eine Schale mit Erdbeeren mit, weil sie die so gerne mochte. Aber nach der Operation mochte sie praktisch noch nichts essen und weil sie wusste, dass ich die Erdbeeren auch sehr mag, hat sie gesagt, ich dürfe sie essen, bevor sie schlecht werden, sie möge in den nächsten Tagen nichts essen. So fing ich an die Erdbeeren zu essen. Meine Mutter schimpfte sofort mit mir, sie hätte diese für Grossmutti mitgebracht und nicht für mich. Grossmutter sagte daraufhin, dass sie diese im Moment eh nicht essen mag und statt sie dann schlecht werden zu lassen, solle sie mich doch die Erdbeeren essen lassen. In der Nacht musste ich dann stark erbrechen, weil es mir nicht reichte auf die Toilette zu gehen, erbrach ich mich auf dem Zwischenboden zwischen den Treppen, Grossvater erwachte von dem Lärm und kam um nachzuschauen und schlipfte auf meinem Erbrochenen aus und brach sich dabei den Zeigefinger. Meine Mutter kam auch hinzu und schimpfte sofort mit mir, obwohl es mir sehr schlecht ging. Sie sagt, siehst du jetzt was du wieder angerichtet hast, das kommt nur davon, weil du Grossmutti die Erdbeeren weggegessen hast, bist ganz selberschuld und jetzt putz das weg. Am anderen Tag kam dann heraus, dass ich Magengrippe hatte, denn ich musste den ganzen Tag erbrechen und der Arzt diagnoszierte dann eben Magen- Darmgrippe. Also waren nicht die Erdbeeren schuld daran. Ich ass dann aber sehr sehr lange keine Erdbeeren mehr, da ich, wie mir das Mutter ja eingeredet hatte, den Erdbeeren schuld gab und dachte, dass wenn ich jetzt wieder Erdbeeren esse, immer erbrechen musste.

    Ich hatte nichts woran ich mich festhalten konnte nicht mal geregelte Essenszeiten, wäre da nicht meine Grossmutter gewesen hätte ich wahrscheinlich oft gar kein Abendessen bekommen weil man mich schlichtweg vergessen hatte und meine Mutter kümmerte sich sowieso nicht um mich. Frühstücken durfte ich meist mit meinen Grosseltern, dank meiner Grossmutter. Mittagessen in der Küche mal irgendwann zwischendurch, manchmal so knapp dass ich am Nachmittag zu spät in die Schule kam. Abendessen bekam ich meist nur dank meiner Grossmutter. Meistens war es aber schon 21.00 Uhr oder so. Mein Onkel schimpfte dann immer mit ihr, dass sie mir extra was machte, sie verteidigte sich dann mit dem Argument, dass ich doch auch mal ins Bett müsste, da ich ja am anderen Tag wieder in die Schule musste, aber das interessierte ihn nicht sonderlich. Um meine schulischen Leistungen kümmerte sich eigentlich auch niemand, ausser wenn sie schlecht waren, dann bekam ich Vorwürfe zu hören von meiner Mutter. Aber bei den Hausaufgaben hat sie mir nie geholfen und an den Schulexamen war sie auch nie dabei. Meine Grosseltern kamen fast immer.

    Wenn ihr jetzt denkt, da ich in einem Hotel aufgewachsen bin, hätte ich ein tolles Zimmer gehabt, da täuscht ihr euch gewaltig. Mein Zimmer lag neben der Wäscherei mit einer Verbindungstüre zum Bügel- und Nähzimmer. Auf die Toilette musste ich drei Treppen hochsteigen und sie mit Hotelgästen teilen, sie dadurch oft besetzt war und es mir oft nicht mehr reichte. So machte ich oft ins Lavabo in meinem Zimmer. Auch die Etagendusche teilte ich mit den Hotelgästen und dem Personal. Das ist ja eigentlich nicht schlimm, wenn man bedenkt, dass es Menschen gibt die gar keine Toilette oder eine Dusche haben. Nur die Dusche war meisten besetzt und die Toilette auch. So kam es mal, als ich ganz dringend musste, dass ich ein Stück weit weg von der Türe vom Bügelzimmer nach draussen mein Geschäft verrichtete und man mich natürlich erwischte und wieder beschimpft wurde, auf was für Ideen ich kommen würde und es ja logisch ist, dass mir nichts besseres einfalle als solchen Mist zu machen. Aber was sollte ich denn machen??? Hätte ich besser in die Hose gemacht? Hätten sie bestimmt auch geschumpfen und womöglich noch gesagt, dass ich nicht fähig bin auf die Toilette zu gehen.

    Eigentlich konnte ich machen was ich wollte, es wurde praktisch immer geschumpfen, gelobt wurde ich sehr selten und wenn, dann eigentlich nur von meiner Grossmutter.

    Ich kann mich auch an eine Begebenheit erinnern, es war Sonntag kurz vor Mittag und mein Onkel schickte mich in die Metzgerei Fleisch zu holen und versprach mir dafür ein kleines Sackgeld, was ich aber nie bekommen habe auch schickte er mich oft an den Kiosk den Blick kaufen zu gehen und versprach mir jedesmal -.50 Rappen, aber bekommen habe ich es nie. Es geht nicht darum dass man immer was bekommt wenn man einen Gefallen macht oder so, es geht darum dass das Versprechen nicht eingehalten wurden. Das tat weh und entäuschte mich immer wieder aufs Neue. An was konnte ich mich denn noch festhalten und was konnte ich glauben und was nicht?? Was konnte ich denn noch machen um ein wenig Liebe und Aufmerksamkeit zu bekommen??

    Vielleicht bin ich auch darum heute so misstrauisch und unfähig meine Gefühle zu zeigen, die Angst ist zu gross wieder aufs Neue entäuscht zu werden!? Denn ich wurde auch als ich erwachsen war, immer wieder von meinen Verwandten entäuscht und sie waren auch nie richtig für mich da, im Gegenteil, es wurde immer an mir rumgemäkelt und kritisiert. Auch fühlte mich nie ernstgenommen. Und das ist heute noch so. Ich merke auch, dass ich immer mehr zur Einzelgängerin werde, oder war ich das nicht schon immer irgendwie??

    Ab und zu war ich bei meiner Tante in W., sie hatte 2 Söhne die 4 und 6 Jahre jünger waren als ich, manchmal musste ich die auch hüten und war alleine mit ihnen, heute weiss ich dass ich damit überfordert war, ich war ja schliesslich auch erst ca. 9 oder 10 Jahre alt. Den Jüngeren hätte ich zum Gemüse essen zwingen müssen, aber es würgte ihn so, dass er mir leid tat und ich sagte, er solle es sein lassen. Glaub einmal gab ich dem einen eine Ohrfeige, warum weiss ich nicht mehr, er hat entweder so blöd getan oder war frech und ich denke die Reaktion war einfach weil ich überfordert war, natürlich schimpfte meine Tante mit mir, dass sie das nicht will, was ich heute auch verstehe, denn ich möchte das auch nicht, dass andere Leute meine Kinder schlagen würden. Aber ich war doch selber noch ein Kind.

    Meine Grossmutter hatte entfernte Verwandte in Deutschland, die kamen immer 1- 3 Mal pro Jahr zu uns zu Besuch und irgendwie ergab es sich, dass sie mich einluden, mal meine Ferien bei Ihnen zu verbringen. Das war der Onkel E., die Tante I. und ihre Tochter. Ihre Tochter war schon erwachsen. Ich glaube die beiden waren so um die 50 Jahre oder so. Also war ich 2 – 3 Mal bei ihnen in den Ferien. Grundsätzlich fühlte ich mich wohl bei Ihnen, aber….immer wenn ich badete war E. auch da und wusch mich mit dem Waschlappen und redete über meine Muschi und dass ich noch keine Haare hätte und so, so genau erinnere ich mich nicht mehr, er wusch mich auch dort, eigentlich war es ja normal, dass man sich dort auch wäscht, aber irgendwie spürte ich, dass da etwas nicht stimmte und vorallem fühlte ich mich nicht wohl dabei.

    Ich hatte immer noch grosse Angst vor Gewittern und kroch immer zu Ihnen ins Bett wenn es blitzte und donnerte. Wenn Irmgard wieder eingeschlafen war (vielleicht tat sie ja auch nur so), fing er mich an zu begrabschen und legte meine Hand an seinen Penis, ich sie aber erschrocken wieder wegzog, ich band mir auch mein Nachthemd zwischen meinen Beinen zu, damit er nicht mehr hingreifen konnte, aber er konnte es trotzdem noch. Ich erzählte niemandem etwas, aus Angst nicht mehr zu ihnen in die Ferien gehen zu können, so hatte er es mir auch gesagt, dass das unser Geheimnis ist und ich niemanden etwas sagen dürfte, weil ich mich eben sonst sehr wohl fühlte und ich nie soviel Aufmerksamkeit bekommen habe wie dort. Denn Tante I. backte mit mir zusammen Kuchen, Zöpfe und wir kochten zusammen. Das hatte ich vorher nie so erlebt, dass sich jemand soviel Zeit für mich nahm und mit mir zusammen bastelte usw. Als ich das dritte Mal da in den Ferien war, wurden seine Übergriffe fordernder und ich hatte auch schon, wenn auch minime äusserliche frauliche Entwicklungen. Das war dann das letzte Mal dass ich zu ihnen in die Ferien gefahren bin. Einerseits tat es sehr weh, weil ich die Zuwendung von Tante I. vermisste, aber anderseits hatte ich Angst vor Onkel E. und die Angst war grösser als die Sehnsucht nach Zuwendung. Heute denke ich, war das sicher gut so. Ich weiss ja nicht was sonst noch alles passiert wäre. Ich glaube ich hatte immer irgendwie einen guten Instinkt oder Bauchgefühl.

    Ich musste ja oft und viel mithelfen, im Hotel meines Onkels, manchmal durfte ich im oberen Restaurant auch servieren. Da kam dann eines Tages der Getränkehändler und trank am runden Schiefertisch noch etwas, nach dem abladen, mein Onkel sass ihm gegenüber, während ich ihm einschenkte griff er mir plötzlich unter den Rock zwischen die Beine, ich war so geschockt, dass ich nicht reagieren konnte, ich blieb wie gelähmt stehen und liess ihn gewähren, dann als mein Onkel aufstand, nahm er die Hand schnell wieder weg und schaute mich ganz böse an. Ich nahm das Tablett und lief schnell nach hinten und ging unter irgendeinem Vorwand in den Getränkekeller und weinte und wusste nicht was da eigentlich richtig passiert war. Wenn ich heute daran denke, wird mir schlecht und ich bekomme einen Hass und Wut und Entäuschung. Hat mein Onkel wirklich nichts bemerkt, oder wollte er es nicht bemerken??? Ich glaube damals war ich ca. 10 Jahre alt.

    Ich fühlte mich bei meinen Verwandten, d.h. Geschwister meiner Mutter auch als lästiges Anhängsel ungeliebt und als Niemand. Von einer Schwester meiner Mutter der Mann war mein Taufpate, ich war auch mal bei ihnen in den Ferien, ich fühlte mich nicht wohl und spürte, dass ich nicht willkommen war und nur da war, damit die Taufpatenpflichten erfüllt waren, darüber hinaus gab es gar nichts...auch keine Liebe…(sie sind sehr reich). Ich war manchmal bei der anderen Schwester meiner Mutter in den Ferien, da fühlte ich mich einigermassen geborgen, weil eigentlich sie und ihr Mann warmherzige Menschen waren und sie mir mehr Geborgenheit gaben in dieser Zeit als mir meine Mutter je gab. Sie war immer hart und kalt zu mir. Mein Onkel ihr Bruder, ich liebte ihn sehr, er nahm sich ab und wann auch mal Zeit um mit mir Ball zu spielen oder so, es war selten aber es kam vor. Wahrscheinlich liebte ich ihn darum, weil er sich ab und zu Zeit nahm, aber ansonsten liess er mich auch spüren dass ich nicht unbedingt willkommen und eher lästig war, was ich wahrscheinlich verdrängte, da die Sehnsucht nach Zuwendung sei sie auch noch so klein, grösser war. Eigentlich fühlte ich mich immer als Nichts und ich hörte auch immer von ihnen: Du bist nichts, du wirst nichts und du wirst auch niemals was sein. Dieser Satz steckt heute immer noch sehr tief. Als der Bruder meiner Mutter heiratete, ca. 2 Jahre später zog meine Mutter mit mir nach Bern, weil sie mit der Frau meines Onkels nicht auskam.

    Ich kann mich erinnern, bevor wir nach Bern fuhren, unternahm die Frau meines Onkels mal einen Ausflug mit dem Sessellift in die Alp und spazierten dann miteinander wieder ins Dorf. Auf dem Weg muss ich ihr wohl Fragen gestellt haben, woher die Babys kommen usw. sie klärte mich dann so weit es ging auf. So wie ich das in Erinnerung habe, machte sie das glaub ganz gut.

    Einmal habe ich das Wort bürsten aufgeschnappt und wusste nicht was heisst, ausser dass es sicher nichts mit Haaren kämen zu tun hat. Und als ich dann mal wieder in der Küche das Abendessen einnahm, ein Teil des Personals war auch dabei und auch die Musikband die am Abend dann für die Gäste spielte: da fragte ich so frei heraus, was denn bürsten ist, irgendwie merkte ich, dass es meinem Onkel sehr peinlich war und die anderen so komisch lachten, mein Onkel sagte dann eben, dass es Haare kämmen ist, ich sagte ihm, dass ich das nicht glaube....einen Tag später schimpfte meine Mutter ziemlich heftig mit mir und sagte dabei, was mir eigentlich einfalle, ich solle gefälligst zu ihr kommen mit solchen Fragen. Ja wie denn wenn sie ja eh nie Zeit hatte und wenn ich sie das gefragt hätte, wäre die Antwort sicher gewesen: habe jetzt keine Zeit oder frag nicht solche Sachen und ausserdem habe ich ja wirklich nicht gewusst um was es bei diesem Wort ging.

    In Bern wohnten wir beim Sohn ihrer Tante und meine Mutter arbeitete auch da….das war auch in einem Restaurant da hatten wir je ein Zimmer und zusammen eine Toilette und eine Dusche, war das schön, wenn es einem plötzlich immer reichte auf die Toilette zu gehen, da diese gleich neben meinem Zimmer war und wir die nur zu dritt teilen musste, denn der Küchenbursche wohnte auch dort oben, er war etwas älter und sehr nett. Er hatte einen krummen Rücken und wir verbrachten auch viel Zeit zusammen, ich mochte ihn sehr.

    Wir durften uns zwar ab und zu beim Cousin meiner Mutter und seiner Frau mit ihnen in der Wohnstube aufhalten, aber das ist natürlich nicht dasselbe, wie ein eigenes zu Hause, ja gut, ich kannte das eigentlich eh nicht, ein eigenes zu Hause, im Bergdorf hatte ich das in dem Sinn auch nicht, ausser ich war im Wohnzimmer meiner Grosseltern, ich glaub das war so in etwa der einzige Ort wo ich mich einigermassen zu Hause fühlte. Das Zimmer war auch ziemlich klein und vom Fenster sah ich direkt an die grosse Autostrassenkreuzung, ich glaube das war eine der grössten Kreuzungen in Bern, hinten raus war der Güterbahnhof, weit und breit kein Bach oder eine Wiese...das war schwer für mich von einem Bergdorf in eine Grossstadt und es tat sehr weh und ich weinte oft, wahrscheinlich vorallem weil ich so weit weg war von meiner Grossmutter...denn auch da war meine Mutter kalt und hatte nie Zeit und auch da hatte sie ihre Lovers und ich hörte nebenan das Gestöhne. Einmal sprach ich mit der Frau des Cousins meiner Mutter darüber und sie versuchte mir das dann irgendwie zu erklären. Kurz darauf kam meine Mutter mit mir auf das Thema zu sprechen, ich glaube sie muss ihr was gesagt haben, wahrscheinlich nicht, dass ich mit ihr darüber geredet hatte, aber irgendeine Bemerkung muss sie wohl gemacht haben. Meine Mutter fragte mich dann auch ein paar mal ob ich mit jemandem darüber gesprochen hätte, vor lauter Angst sagte ich natürlich nein und sie sagte, ich dürfe Käthi und Dews nie etwas sagen. da sagte ich, dass ich nichts erzählen werde. Hier lebte teilweise auch die Mutter vom Cousin meiner Mutter, meine Grosstante (Schwester meiner Grossmutter) und half oft aus, die andere Zeit war sie bei ihrem anderen Sohn, der auch ein Restaurant hatte im Nachbarort. So pendelte sie immer hin und her. Sie war nicht so herzlich wie meine Grossmutter, aber ich merkte, dass sie ein gutes Herz hatte (sie konnte es einfach nicht so zeigen wie meine Grossmutter) und liebte sie fast genauso wie meine Grossmutter.

    Auch hier habe ich oft mitgeholfen, was ich mehr oder weniger auch gerne tat. Aber es war eher eine Quartierbeiz und eigentlich nicht der richtige Ort für ein Kind, hatte auch jeden Abend Besoffene und war ziemlich verraucht und die Umgangssprache war ziemlich hart.

    Sie hatten hier auch einen Hund, war ein Mischling und ich ging oft mit ihm spazieren. Auch nahm mich Dews oft mit auf den Markt zum einkaufen.

    Einmal als ich auch wieder mit Filou spazieren ging, verlief ich mich, war ganz am Anfang und so kam ich viel später nach Hause als angenommen, alle schimpften mit mir, obwohl ich doch sonst schon fertig war, weil ich stundenlang umherirrte und müde und geschafft war, aber das interessierte niemanden. Ich versuchte ja auch zu erklären, dass ich mich verlaufen hatte. Aber sie hörten mir gar nicht richtig zu und so durfte ich nicht mehr mit Filou spazieren gehen.

    Irgendwann fing meine Mutter eine Beziehung mit E. an, das war einer vom Stammtisch, er trank viel Bier und rauchte sehr viel war aber sonst ganz ok, vorallem war das der erste Freund meiner Mutter der mich als Tochter seiner Freundin akzeptierte, auch unternahm er ab und zu etwas mit mir alleine und verhielt sich mir gegenüber immer korrekt und sauber.

    Er ging sogar mal eine Woche mit mir und meiner Mutter zusammen in das Bergdorf wo ich aufgewachsen bin, in eine Ferienwohnung in die Ferien, wir gingen oft wandern und hatten es eigentlich auch sehr lustig dank E.! Am Abend hockten wir meistens im Hotel meines Onkels und da wurde natürlich jeweils ziemlich viel getrunken. Aber es war trotzdem irgendwie schön.

    Er war es auch der uns dann zu einer kleinen 3 ½ Zi-Maisonette-Wohnung verhalf in einem Aussenquartier. Beim Umzug halfen einige von diesen Stammtischbrüdern unter anderen auch R. Ich musste ihm dann während des Umzuges zeigen wo der Keller ist, dort umarmte er mich plötzlich und steckte mir seine Zunge in den Hals, ich biss dann die Zähne ganz fest zusammen, damit er nicht mehr zu weit rein konnte, dann hob er mir das T-Shirt hoch und begrabschte meinen Busen (ich hatte noch keinen, war alles noch flach) und versuchte mich weiter mit der Zunge zu küssen, da kam jemand und er liess mich sofort los und sagte, ich dürfe niemandem was sagen. Ich war heilfroh das jemand gekommen ist, ich weiss nicht was sonst noch alles passiert wäre, ich will es auch gar nicht wissen. Meine Mutter lernte dann in diesem Block ziemlich schnell R. kennen die ihre Freundin wurde, die soff und rauchte noch mehr als meine Mutter, die Wohnung stank praktisch immer nach Rauch und Alkohol auch wenn viel gelüftet wurde. Meine Mutter trank fast jeden Tag Gin Tonic und Wein.

    Anfangs als Mutter noch bei ihrem Cousin arbeitete, nahm ich glaub ich am Mittag immer den Bus und konnte dort im Restaurant essen, aber da meine Mutter dann die Stelle wechselte, war ich von da an immer alleine am Mittag zu Hause.

    Ich musste auch sehr viel im Haushalt mithelfen, was mich aber eigentlich nicht störte. Sicher gab es Momente, wo ich es nicht so gerne machte und es mir gestunken hatte, aber grundsätzlich machte es mir nicht viel aus, mitzuhelfen. Im Gegenteil, ich hoffte vielleicht auch auf Anerkennung, aber ich kann mich nicht erinnern, dass meine Mutter mich mal richtig lobte. Obwohl ich denke, ich habe meine Sache gutgemacht.

    Eines Morgens fand ich auch einen anderen Mann in ihrem Bett obwohl sie noch mit E. zusammen war, für mich brach eine Welt zusammen, da war ein Mann der gut zu uns war und praktisch alles machte für uns und auch mich akzeptierte und sie betrog ihn, ich musste ihr Versprechen, dass ich ihm nie etwas sagen würde, ich weiss nicht ob er es sonst wie erfahren hatte, schliesslich war es eine Kollege von ihm (schöner Kollege) aber kurz darauf war Schluss. Sie arbeitete auch schon länger nicht mehr bei ihrem Cousin im Restaurant, sie arbeitete zwischendurch im in einem anderen Restaurant, dann wechselte sie zu einem Grossverteiler in die Charcuterie, mir sagte sie, dass sie es vorallem wegen mir machte, weil sie im Restaurant immer Abends bis 21.00 Uhr oder noch länger und am Wochenende arbeiten musste. Aber als sie nachher im Grossverteiler arbeitete und am Abend früher Feierabend hatte und am Wochenende frei, war sie trotzdem nicht mehr zu Hause als vorher, am Wochenende war sie praktisch immer in der Wochenendhütte mir ihren Saufffreunden. Und am Abend war meist Romy bei uns und sie besoffen sich. Auch hatte sie einen neuen Freund, ich weiss aber nur noch den Nachnamen. Dem war sie glaub sexuell hörig, für den hätte sie alles gemacht, sie hätte sogar einen Kredit für ihn aufgenommen aber davon konnte ich sie dann abhalten, denn er nutzte sie aus und wohnte ja noch mit einer anderen Frau zusammen und durch den Liebeskummer soff sie noch mehr, sie war fast jeden Abend besoffen und merkte nicht einmal wie sehr ich darunter litt. Auch verlangte sie von mir dass ich ihm nachspionierte, weil er ihr angeblich gesagt hatte, er hätte sich von der anderen getrennt und ich sollte nun rausfinden ob das stimme, sie hat sogar mit mir darüber gesprochen seine Treue zu testen, dass ich ihn zu verführen versuchen sollte, aber nicht zum Äussersten zu gehen müsse, nur um zu schauen ob er darauf eingehen würde. Ich war damals ca. 15 oder 16 Jahre alt und noch Jungfrau hätte wahrscheinlich nicht mal gewusst mich wie wehren wenn es denn dazugekommen wäre, aber sie sagte dann, spionieren reiche das andere solle ich doch nicht machen. Aber nur schon der Gedanke dass das eine Mutter von ihrem Kind verlangen kann. Ich habe heute selber 3 Kinder und bin sicher auch nicht die Mutter die ich sein sollte, aber ich würde nie so was von meinen Kindern verlangen. Auch bin ich für meine Kinder immer da, mehr als meine Mutter obwohl auch ich berufstätig bin. Und ich habe keine Mutter im Hintergrund die mich unterstützt, wie meine Mutter das gottseidank immer hatte, ich meistere alles alleine!!! Und darauf bin ich auch stolz.

    (Auf was ich weniger stolz bin ist, ich kann meine Kinder nicht in den Arm nehmen, obwohl ich sie über alles liebe, es ist da wie eine Mauer und dich kann ich einfach nicht durchbrechen. Und ich weiss doch wie sehr ein Kind das brauchen würde, wenn ich an meine Kindheit zurückdenke. Aber es geht einfach nicht, obwohl ich es so gerne machen würde!!)

    Nochmals auf die Wochenendhütte zurückzukommen, einmal ging ich mit, aber nur einmal das reichte mir, die besoffen sich da von Freitag Abend bis Sonntagabend bis sie jeweils halb bewusstlos ins Bett fielen, das war sehr schlimm für mich mit anzusehen, da war ich lieber alleine zu Hause, ich wars mir ja eh gewohnt alleine zu sein und dass niemand da war für mich. Denn richtige Freunde hatte ich immer noch nicht, ja ein paar Kollegen wo man sich gelegentlich traf, aber alles nur sehr oberflächlich. Auch da wurde ich oft gehänselt und geschlagen.

    In der Schule hatte ich auch einen Lehrer der war gewalttätig zu den Schülern, den Knaben riss er die Ohrringe aus den Ohren und den Mädchen riss er Büschelweise Haare aus. Anfangs hatte ich grosse Mühe mit dem Französisch, da ich in Amden noch praktisch kein Französisch hatte aber in Bern waren sie da schon ziemlich weit fortgeschritten, wenn wir ein Traduction hatten mussten wir es immer pro Fehler einmal abschreiben, ich hatte Anfangs sehr viele Fehler, meist so zwischen 20 und 40, so schrieb ich dann immer bis tief in die Nacht. Einmal an einem Mittwoch wollte ich ein kleines Fest machen, da ich meinen 12. Geburtstag hatte und ich meine Schulkameraden einladen wollte, ich war ca. seit 4 Wochen in Bern, auch um vielleicht eher Freundschaft schliessen zu können, an diesem Tag hatte ich im Traduction auch viele Fehler und hätte das auf Donnerstag abschreiben müssen, ich fragte dann den Lehrer, ob ich es auf Freitag machen dürfe, da ich eben dieses Geburtstagsfest machen möchte, aber er blieb hart und verlangte dass ich es bis Donnerstag schreibe. Aber geholfen hätte mir dieser Lehrer nie, mit Nachhilfestunden oder so...als wir dann umgezogen sind in die Wohnung, durfte ich gottseidank die Schule wechseln. Ich hatte einen alten Lehrer, aber ich liebte ihn über alles als Lehrer, er war sehr streng aber auch sehr gerecht und nie unfair und vorallem nie gewalttätig. Seine Frau gab Handarbeitsunterricht, auch sie mochte ich sehr, ich war die einzige der Schülerinnen die sie mochte und ich glaube sie mochte mich irgendwie auch, ich denke sie merkte, dass ich es nicht leicht hatte, denn auch da wurde ich oft gehänselt und bedroht, aber geschlagen wurde ich gottseidank nicht mehr. Zu Hause änderte sich nichts.

    Als ich so 13 oder 14 Jahre alt war, stahl ich meiner Mutter schon länger immer etwas Geld aus ihrem Serviceportemonnaie. Gut fühlte ich mich nicht dabei, ich stand immer irgendwie unter Zwang, wenn ich das machte. In dem Jahr als ich 14 Jahre alt wurde ging ich in den Sommerferien für 3 Wochen ins Bergdorf zu meinem Grossmutti und meinem Onkel ins Hotel in die Ferien. Auch dort stahl ich weiter. Sogar meine geliebte Grossmutter, ich nahm ihr glaub ich 2 x 100.--, dann einem Kellner mal 100.--, einer Serviertochter 100.--, meinem Onkel aus der Abendkasse 100.--. Ich verbrachte dann noch ein paar Tage in Zürich bei der Schwiegermutter meines Onkels, und auch ihr stahl ich 100.--. Sie bemerkte es dann aber, weil sie genau wusste dass sie einiges mehr im Portemonnaie hatte und da nur sie und ich Zugang hatte und ich mir dauern teure Sachen kaufte (meist unnütze Dinge) war die Sache dann wohl klar. Ich gab es dann auch zu und sie fuhr sofort mit mir zurück. Mein Onkel regte sich zuerst ziemlich auf und wurde auch ziemlich laut. Seine Frau hat ihn dann beruhigt und setzte sich mit mir an den Tisch in der Wohnung meines Onkels und redete ganz ruhig mit mir, sie fragte dann unter anderem auch, wieso ich es gemacht hätte, ich konnte ihr keine Antwort geben, denn ich wusste selbst nicht warum, ich war aber irgendwie sehr erleichtert, dass ich erwischt wurde und ich alles zugeben konnte, der Zwang war von da an wie eine grosse Last abgefallen und heute weiss ich glaub auch warum ich es gemacht habe, ich wollte einfach Aufmerksamkeit erhaschen, ich denke zumindest, dass es wegen dem war.

    Meine Mutter wusste von alledem noch nichts, ich arbeitete den Rest der Ferien hart um das gestohlene Geld abzuarbeiten, denn ich bereute es sehr was ich gemacht hatte, vorallem dass ich meine geliebte Grossmutter auch bestohlen hatte. Meine Grosseltern gingen in der Zeit nach Bern um mit meiner Mutter zu reden, mir sagten sie zwar, sie führen sonst wo hin, aber ich spürte, dass sie zu meiner Mutter gefahren sind. Als sie dann zurückkamen, redete meine Grossmutter mit mir und sagte, sie seien in Bern bei meiner Mutter gewesen, sie hätten ihr aber nicht gesagt um was es genau ginge, dass müsse ich schon selber. Aber sie hat mit ihr geredet, sie solle dann wenn ich es ihr erzähle nicht allzufest schimpfen, sondern Verständnis haben.

    In dieser Situation schenkte mir meine Grossmutter das goldene Kreuz, dass sie einst von ihrer Grossmutter auch in einer besonderen Situation bekommen hatte und seit da trage ich das Kreuz praktisch immer um den Hals mit kleinen Ausnahmen.

    Als ich dann wieder nach Hause nach Bern kam, wartete eine Überraschung auf mich, eine kleine Katze, ich freute mich sehr und hoffte, meine Mutter frage nicht nach Dem was passiert ist. Das war dann auch einige Zeit so, aber irgendwann fing sie an zu bohren bis ich es ihr dann sagte. Sie rastete ziemlich aus und sprach dann auch gleich ihr Serviceportemonnaie an, das gab ich dann auch sofort zu. Sie fragte nie, warum und wieso, sie schrie nur: Ich kann mich ja dort oben nie mehr sehen lassen, was hast du mir nur angetan, wie konntest du nur, ich muss mich ja so schämen für dich......sie glaubte mir auch lange nicht, dass ich das bestimmt nicht wieder machen werde. Auch mein Onkel zündete noch oft darüber mit Bemerkungen, kann ich das liegen lassen, oder klaust du immer noch, auch noch Jahre später.....

    Ich machte meine Schule fertig und ging dann für ein Jahr in die französische Schweiz in ein Internat als Teilmenagère. Das wurde von Nonnen geführt. Am Anfang hatte ich es ziemlich schwer da, weil ich mich nicht gewohnt war an einen geregelten Ablauf und Strukturen ich kannte keine klaren Strukturen, wie auch, so war es sehr schwer für mich da anzupassen, die ersten drei Monate waren sehr schlimm, sie wollten mich schon nach Hause schicken, und von da an ging es plötzlich, wahrscheinlich weil ich nicht nach Hause wollte, denn irgendwie fühlte ich mich sehr wohl und geborgen da. Ich hatte sogar eine Lieblingsschwester, sie war sehr herzlich und nett, auch hatte ich da sowas wie eine Freundin (G.). Leider hatte ich nach dem Welschlandjahr keinen Kontakt mehr zu ihr. Nach dem Welschlandjahr machte ich die Hofa-Lehre im Hotel National in Bern, ich hatte da vorher glaub ich was mit dem Zeitpunkt durcheinander gebracht, denn, als ich in der Lehre war, war meine Mutter noch mit E. zusammen. Erst am Ende der Lehre ging das auseinander und sie kam mit S. zusammen. Irgendwann lernte sie dann A. aus dem Berneroberland kennen, ich glaube sie war da auf Skiurlaub mit ihrer Freundin R. zusammen, aber auch für den war ich immer nur ein lästiges nichtswertiges Anhängsel (was er heute immer noch sagt, wenn er besoffen ist, dass ich nichts wert bin und Besoffene sagen bekanntlich die Wahrheit), vor den Leuten zeigte er das natürlich nie, da spielte er immer eine heile Welt vor, indem war er sehr gut, aber mich liess er es immer spüren (ich verdrängte es und suchte Liebe und Aufmerksamkeit, aber bekam es nie), nur war mir das am Anfang nicht so bewusst. Und für meine Mutter zählte nur noch A. und ich noch weniger als vorher, ihre Freunde und Kollegen kamen sowieso immer vor mir, ich war halt eben immer noch das lästige Anhängsel. Bei der Lehrstellte fühlte ich mich auch nicht so wohl, da wurde man als Lehrling für schwere Arbeiten ausgenutzt. Eigentlich hätte ich ja alle Bereiche kennenlernen müssen, aber Anfangs war ich nur am Zimmerputzen, also das erste Halbjahr und noch länger, das hiess auch schwere Lasten tragen usw...ich schrieb das dann auch so in das Arbeitsheft der Berufsschule und das musste ich ja vom Lehrmeister unterschreiben lassen, bevor ich wieder in die Berufsschule ging, er hat sich dann glaub geweigert das zu unterschreiben und ich erzählte das auch so in der Berufsschule, sie glaubten mir und es wurde endlich etwas unternommen. Man redete mit meinem Lehrmeister, es besserte dann auch aber hielt nicht lange an und ich biss mich halt die 2 Jahre durch.

    Eigentlich wollte ich diese Lehre gar nicht machen, aber meine Mutter meinte, da die ganze Familie im Gastgewerbe ist, müsste ich das auch. Ich hätte lieber die Dolmetscherschule oder was mit Tieren gemacht.

    Meine Lehrmeister hatten 6 Töchter, drei davon arbeiteten auch im Betrieb, die Jüngste ging noch zur Schule. Esther die 2. Jüngste war eigentlich meine Unterstiftin, liess sich aber von mir nichts sagen oder zeigen und liess mich spüren, dass sie die Tochter des Chefs war...sie hatte einen Freund, er ist Argentinier und baggerte jede Frau an und liess nichts anbrennen und lebte auf ihre und deren Eltern Kosten. Einmal als ich ein Zimmer putze kam er rein und nahm seinen Penis raus und kam auf mich zu und sagte, er wolle mich so richtig..........ich schrie ihn an und lief davon. Ich war völlig durcheinander, da ich ihm ja nie denn Anlass dazu gab, da ich mich immer ganz normal ihm gegenüber verhielt so wie zu den anderen auch. Am nächsten Tag entschuldigte er sich bei mir, wohl mehr aus Angst ich könnte etwas erzählen. Dass hätte ich sowieso nicht getan, denn, wer hätte mir schon geglaubt??? Und zudem schämte ich mich. Aber er liess mich danach wenigstens in Ruhe.

    Ansonsten hatte ich grundsätzlich ein gutes Arbeitsverhältnis zu meinen Arbeitskollegen. War Multikulti, aus Spanien, Portugal, Italien, Marokko, Frankreich... usw...aber das wars ja, was es ja auch sehr interessant machte. Meine zwei Lieblingskollegen waren Fernando (ein Kellner) und Piero (Hausbursche) mit ihnen konnte man gut reden, scherzen aber auch ernst sein...und vorallem sie behandelten mich als vollwertige Person, was ich mich nicht gewohnt war und gaben mir allen Respekt, denn Menschen einander geben sollten......am Buffet arbeitete ein älterer Mann, glaub auch Italiener....praktisch niemand kam mit ihm aus, da es ein Griesgram war, aber ich konnte es eigentlich noch ganz gut mit ihm...man musste nur wissen wie man ihn zu nehmen hatte. Mit Fernando las ich auch oft zusammen eine spanische Zeitung, ich las ihm vor und er korrigierte mich und übersetzte auf Deutsch....ich liebte fremde Sprachen und lernte sie auch schnell, viele sagten auch, das sich ein Sprachtalent sei. Mit Piero hatte ich ein besonders lustiges Erlebnis...ich hatte Zimmerputzdienst und war grade im kleinen Raum um die Putzmittel zu holen, da hörte ich plötzlich wie jemand ziemlich heftig fluchte, es klang mir ganz nach Piero und ich ging und schaute nach....er war kurz vorher auf der Leiter um eine Glühbirne auszuwechseln, in der Zwischenzeit stellte das andere Zimmermädchen einen Putzeimer mit Wasser gleich bei der Leiter ab und als Piero von der Leiter runtersteigen wollte, geriet er natürlich mit dem einen Fuss in den Eimer mit Wasser, das gefiel ihm scheinbar nicht sonderlich und er beschimpfte das Zimmermädchen ziemlich heftig, als ich das dann so sah, musste ich laut lachen und am Schluss haben wir alle drei zusammen gelacht....wenn ich jetzt an dieses Erlebnis zurückdenke, muss ich wieder lachen....ich seh es vor mir, als wäre es gestern passiert....

    Mit den zwei Damen in der Wäscherei kam ich auch sehr gut aus, ich weiss denn Namen nur noch von der Einen, Regina hiess sie, es waren beide Portugiesinnen und sehr nett, wir hatten es schön zusammen und oft auch sehr lustig...meine Lehrmeisterin erlaubte mir aus Reststoff, zwei Deckenbezüge nähen zu dürfen und Regina zeigte mir genau wie das ging. Die zwei Deckenbezüge habe ich heute noch.

    Während des ersten Lehrjahres verliebte ich mich in R. den Kochlehrling, er drängte immer zu mehr als ich eigentlich nicht wollte....ich erinnere mich noch, als ich im Herbst für fünf Wochen in die Berufsschule nach Zermatt musste, weinte ich bitterlich am Bahnhof weil mir der Abschied so schwer viel von ihm, er drückte mir noch einen Brief in die Hand, blaues Papier und sagte: „take it easy“ ich warte auf dich.....

    Aber in der Zeit wo ich in der Berufsschule war, fing er dann etwas mit der anderen Unterstiftin an....tja....das wars dann wohl....

    Meine Mutter hatte immer mal wieder Partys bei uns zu Hause am Wochenende, sie sagte dem zwar Spagettiessen, aber für mich waren es einfach Sauforgien, da wurde in der Wohnung gesoffen und geschlotet, ah ja gegessen wurde auch, hätte ich fast vergessen. Es drehte sich auf jeden Fall immer ums Saufen, ohne Alkohol ging gar nichts. Es war für mich sehr abstossend, ich liess es mir nicht anmerken. Nach dem Saufgelage schliefen die meisten bei uns im Wohnzimmer auf dem Boden. Wenn ich am Morgen aufstand und ich das dann sah wie die da lagen und nach Alkohol und Rauch stanken. Manchmal ging ich dann einfach raus und spazierte ziellos umher nur um dem Anblick zu entgehen. Ich glaube meine Mutter merkte nie wie es mir dabei erging, oder vielleicht wollte Sie es ja auch nicht wissen, weil sie ja dann etwas hätte ändern müssen, und das wollte sie sicherlich nicht!! Sie dachte immer nur an sich und ihre Saufkumpanen, aber es interessierte sie nie, was ich fühlte und wie es mir ging. Sie unterstützte mich auch nie, moralisch mein ich jetzt, so was Schule oder Bildung anbetrifft, ich glaube ich habe auch darum nie so einen richtigen Ehrgeiz entwickeln können. Lob gab es eigentlich nie, nur Tadel und Vorwürfe.

    Im Frühling und im November war am Bollwerk immer Chilbi, mit diesen Leuten die da arbeiteten verstand ich mich sehr gut, die akzeptierten mich auch so wie ich war mit allen Schwächen und Stärken. Da lernte ich auch K. kennen, die zu dieser Zeit eine ziemlich gute Freundin wurde, wir unternahmen viel zusammen. Einmal pro Chilbi haben die Chilbileute und wir an der Aare immer gebrätelt, das war immer schön, es gab auch Alkohol aber nie ein Saufgelage. Da lernte ich auch den Mann kennen mit dem ich das erste Mal erlebte (A.). ich war knapp 18 und er glaub so 36 Jahre alt. Es war auch nach einer Brätelte, da nahm ich allen Mut zusammen und fragte ihn ob ich bei ihm im Wohnwagen schlafen dürfe, er sagte nach kuzem Zögern ja. Da trank ich mir auch Mut an, war schon ein bisschen viel Alkohol (leider), so passierte es dann, da erste Mal, gross kann ich mich nicht mehr erinnern, aber es tat sehr weh und ich blutete danach sehr stark. Es tat dann auch noch ein oder zwei Tage weh und so nach 3 Tagen wollten wir noch einmal zusammen miteinander schlafen, aber es tat noch zu weh und wir liessen es beim streicheln, wobei ich mich da ziemlich dumm anstellte in meiner Unerfahrenheit, was er mir dann auch ziemlich zu spüren gab....

    Dann war die Chilbizeit wieder vorbei und er zog weiter, für ihn war ich nur ein Abenteuer von vielen, er war für mich weit mehr, aber ich kann dieses Gefühl nicht mehr so richtig beschreiben (wahrscheinlich ist das so nach dem ersten Mal, ist ja auch nichts Alltägliches und da sind die Gefühle sicher speziell und intensiv und ausserdem war ich einem Menschen noch nie so nah). Es ging einfach sehr tief und ich litt sehr darunter dass er weg war und ich einsehen musste dass ich nur ein Abenteuer für ihn war, ah ja ich schenkte ihm weil er zu diesem Zeitpunkt Geburtstag hatte eine Langspielplatte von Shakin Stevens, er war Fan von dem. K. und ich lernten eine Klicke kennen die praktisch jedes Wochenende in Thun auf dem Inseli waren, wir schlossen uns denen an. K. konnte meist mit denen gleich am Freitag schon mitfahren. da ich meist nie ein ganzes Wochenende frei hatte kam ich nach und das immer mit Autostopp. Glaub einmal ging ich mit dem Zug, aber sonst immer per Autostopp. Ich hatte wahrscheinlich grosses Glück dass mir nie was passiert ist, ja gut ich stieg schon nicht bei jedem ein, wenn ich ein ungutes Gefühl hatte, sagte ich einfach ich hätte es mir anders überlegt und ich zog mich auch nie provokativ an, ich trug immer Jeans, T-Shirt und eine Jeansjacke, ich glaube das macht schon auch noch viel aus, wie man sich beim stöpplen anzieht und wie man sich benimmt. So entkam ich den Saufgelagen zu Hause oder sonst war meine Mutter eh in der Wochenendhütte. Und als meine Mutter A. kennenlernte, war sie praktisch jedes Wochenende bei ihm. Ich war auch ein paar mal da, aber wohl fühlte ich mich bis heute nie in der Nähe von ihm. So war ich froh, hatte ich meine Clique in Thun hatte, wo ich mich praktisch jedes Wochenende hinfloh. Ab und zu rauchten wir einen Joint und snieften so etwas was eigentlich fürs Schreibmaschinenputzen gewesen wäre. Einer hatte immer eine Gitarre dabei und er sang meist Lieder von Mani Matter auch sangen wir andere bekannte Lieder, wir machten auch immer ein Feuer und brätelten, ich fühlte mich so richtig wohl da. Wir schliefen in Schlafsäcken. Am Morgen ärgerten sich einige Leute wenn sie da spazieren gingen, obwohl wir nie eine Sauerei machten, sie störten sich einfach daran, dass wir hier waren. Eines Morgens kam dann die Polizei, der eine war ok, der andere war ein Griesgram, na ja wir mussten einfach unsere Ausweise zeigen und versprechen dass wir nicht mehr da übernachten werden, der Polizist der ok war, sagte dann noch leise zu uns, dass wenn wir hier doch wieder übernachten werden, sollten wir halt am Morgen bevor die ersten Spaziergänger kommen, die Schlafsäcke wegräumen. Das machten wir dann auch immer so, denn wohin hätten wir denn gehen sollen, ins Hotel? zu teuer...auf den Campingplatz?? zu weit weg....und kostete auch, viel Geld hatten wir ja nicht...

    Meine Lehre ging zu Ende und ich machte die Abschlussprüfung mit Note 4.6. Trotzdem ich beim Personalwesen praktisch nichts wusste, weil da als dieses Thema durchgenommen wurde ich 3 Wochen****** krank war, ja gut ich schrieb das halt auch auf das Prüfungsblatt, aber ich weiss nicht ob es dann auch berücksichtigt wurde. Egal, ich hatte eine 4.6 und das war ok so. Ich hatte endlich mal was geschafft. Grosses Lob kam nicht von meiner Mutter nur dass ich eigentlich besser hätte abschliessen sollen...

    Kaum hatte ich die Lehre grad so richtig fertig zog meine Mutter gleich zu A. ins Berneroberland und liess mich schon wieder alleine (ja gut alleine war ich ja eigentlich auch, wenn sie da war). Sie dachte immer noch nur an sich!! Ich ging dann manchmal am Wochenende zu ihnen, aber fühlte mich nie wohl da, ich hatte nie das Gefühl, dass ich wirklich willkommen war. Meistens musste A. in irgendeinem Restaurant Schwiiizerörgeli spielen, da floss natürlich auch immer Alkohol auch wenn wir zu Hause blieben, keine Malzeit ohne Alkohol, ah doch das Frühstück. Ich war immer froh wenn ich am Wochenende arbeiten musste und somit eine Ausrede hatte um nicht in die Lenk gehen zu müssen. Ah ja A. und Mutter heirateten, bei der Trauung selber durfte ich als Tochter nicht dabei sein. Wahrscheinlich wäre ich nur lästig gewesen. Es tat sehr weh...Ihre und seine Eltern und die Trauzeugen...als ich fragte warum ich nicht dabei sein durfte, wich sie aus und gab mir keine richtige Antwort. Manchmal frage ich mich, wieso mich meine Mutter nicht zur Adoption gegeben hat oder mich meiner Taufpatin überlassen hat, sie hätte mich sehr gerne zu sich genommen, aber was Vatersseite Verwandtschaft war, war für sie ja eh nur schlecht und sie hat da auch immer den Umgang verboten.

    Das mit Thun bröselte auch auseinander, einige gingen ins Ausland oder sonst weiter weg und mit Kerstin war ich zerstritten, ich weiss heute nicht mehr warum...so war ich wieder mal alleine. Also Kollegen hatte ich schon, wo man am Wochenende miteinander was unternahm, aber es war nur oberflächlich. Ich hatte auch ständig wechselnde Liebschaften....heute weiss ich wieso das immer nur kurz war....eigentlich suchte ich Liebe, aber es war dann nur Sex, eigentlich wollte ich schon mehr, aber wahrscheinlich geriet ich meist an die falschen Männer. Und wenn es dann mal einer ernst mit mir meinte und bei mir Gefühle entstanden, war ich es, die floh und die Sache schnell wieder beendete, wahrscheinlich hatte ich Angst vor Schmerz, Enttäuschung und zurückgestossen und im Stich gelassen zu werden. So war ich immer eher die Einzelgängerin (und bin es heute auch wieder).

    Ich hatte auch kein Durchhaltevermögen und wechselte oft die Stelle, gut manches Mal hatte ich auch Pech und geriet an Wirte die primitiv und gemein waren oder sogar sexuelle Anspielungen machten und zum Teil wurde ich sogar begrabscht auch von den Gästen. Meine erste Stelle nach der Lehre war am Büffet im Quartierrestaurant gleich vis a vis von der Wohnung wo ich wohnte, eigentlich gefiel es mir nicht schlecht, aber es war sehr schlecht bezahlt und zudem hat mich der Chef einmal begrabscht in der Garderobe aber ich sagte ihm dass ich das nicht wollte, er sagte nur, entweder ich spure oder ich könne gehen, so ging ich halt. Meiner Mutter wurden andere Gründe erzählt und natürlich glaubte sie den anderen und nicht mir, das war viel einfacher für sie, wie immer. Aber es war immer noch die Zeit wo ich alles versuchte um ein bisschen Liebe von meiner Mutter zu bekommen, aber leider immer vergeblich.

    Da ich grosse Sehnsucht hatte nach meiner Grossmutter, ging ich zurück ins Bergdorf und arbeitete bei meinem Onkel im Hotel wo auch seine Eltern meine Grosseltern wohnten, mein Onkel war schon seit längerem geschieden. Ich bekam einen minimalen Lohn ein altes Zimmer, was aber genau neben dem meiner Grosseltern lag (das war viel besser als ein schönes Zimmer). Das Essen, tja...es gab zwar immer was zu essen, aber halt wirklich immer das billigste vom billigen aber nicht nur für mich sondern für das ganze Personal, ich wollte keine Sonderrechte, die hätte er mir auch nie gegeben, aber nicht aus Gerechtigkeit, sondern eher aus Geiz....ich finde nämlich, auch das Personal darf mal etwas Besonderes essen. Er verlangt alles von einem aber gibt nur das Minimale, ist einfach unfair, aber leider ist das ja heute noch meistens der Fall. Also ich arbeitete da und ich denke ich arbeitete gut, was er auch ein- oder zweimal sagte und das Wichtigste, ich sah meine Grossmutter jeden Tag, das war das Schönste für mich. Ich arbeitete meistens vorne im Service und manchmal auch an der hinteren Bar, da ich sehr zuvorkommend zu den Gästen war machte ich immer gutes Trinkgeld. Wenn nichts lief, war ich auch nicht die, die nur herumsass, ich putzte die Regale, die Kühlschubladen usw. mein Onkel sah das auch und sagte auch mal, dass er mich nie faul rum sitzen sehe, aber mehr Lohn oder so bekam ich nie. Meinen 20. Geburtstag feierte ich dann auch da, ich lud meinen Taufpaten mit Frau, meine Mutter mit A. und natürlich meine Grosseltern, und dann spielte da noch ein Trio Schwiiizerörgeli (ich kann heute keine Schweizer Folklore mehr hören), aber so richtig glücklich war ich nicht dabei bei diesem Fest. Ich merkte einfach wieder, dass ich irgendwie gar nicht dazugehörte, obwohl es mein Fest war. Sie liessen mich einfach immer alle spüren das ich nur ein lästiges Anhängsel war, ausser meiner Grossmutter. Das Geschenk meiner Tante war, dass sie uns gratis bediene und mein Onkel gab mir das Essen billiger, wooow wie grosszügig. Das Bedienen gehört ja dazu wenn man ein Fest oder ein Bankett macht, also für mich kam es in diesem Sinne nicht billiger, sondern eher für meinen Onkel, na ja....meine Verwandtschaft war schon immer geizig mir gegenüber, allgemein gegenüber denen die nicht viel hatten, gegenüber denen die reich waren, waren sie sehr grosszügig. Mein Taufpate ist ja sehr reich, aber ich bemerkte nie etwas davon. Er unternahm ja auch nie etwas mit mir. Ich frage mich wieso er eigentlich meinen Taufpaten machte, er unternahm nie etwas mit mir....

    Mit meinem Onkel hatte ich manchmal grossen Krach während dieser Zeit als ich bei ihm arbeitete. Er ist sehr impulsiv und oft stauchte er mich grundlos zusammen oder wegen Bagatellen. Ich kündigte dann oder er mir, ich weiss es nicht mehr so ganz genau. Meine Grossmutter half mir bei der Stellensuche, wir fanden dann etwas in Zürich in einem Einkaufszentrum.

    Meine Grossmutter ist, kurz bevor ich ging, gestorben, im Juli 1982. Da brach eine Welt für mich zusammen, der einzige Mensch der mich wirklich geliebt hatte ist für immer gegangen. Ich glaube ich habe nie vorher und auch danach nie mehr so geweint und gelitten wie da. Natürlich gab mir die Ehefrau meines Taupaten die Schuld am Tod meiner Grossmutter. Dabei ist sie in der Nacht einfach ganz friedlich eingeschlafen und in der Nacht gestorben. Ich glaube ich spürte das irgendwie in dieser Nacht etwas anders war als sonst, aber hatte in diesem Moment natürlich noch keine Erklärung dafür, als ich schlafen gehen wollte, bekam ich irgendwie, so was wie Panik, Todesangst, kann es auch nicht genau erklären, dann hatte ich die ganze Nacht alle drei Lampen an und legte mich umgekehrt ins Bett als sonst und machte eigentlich die ganze Nacht kein Auge zu. Ich konnte mir natürlich erst danach erklären wieso das alles so war, weil meine Grossmutter gestorben war in dieser Nacht. Als ich dann am Morgen zur Toilette wollte, kam grad mein Grossvater und bat mich ins Schlafzimmer zu kommen, er glaube s’Mutti sei gestorben. Ich ging mit ihm mit. Als ich sie da so friedlich liegen sah wusste ich im Unterbewusstsein sofort was los war, aber ich wollte es nicht wahrhaben und wollte meine Grossmutter wach schütteln und schrie, wach auf, bitte wach auf, bis mich dann mein Grossvater wegzog und sagte, ich solle aufhören, sie wache nie mehr auf. Da fiel ich zusammen und bekam einen Heulkrampf. Ich hatte einen unbeschreiblichen Schmerz im Herzen, so stark, das kann man gar nicht beschreiben. Ich ging dann zur Wohnung meines Onkels und polterte an seine Türe und schrie, komm, komm wach auf, komm sofort, Grossmutti ist gestorben. Er kam dann und wir gingen zusammen in ihr Zimmer. Im Moment war er ganz ruhig und gefasst. Aber als sie dann aufgebahrt war in seiner Wohnung fielen wir uns in die Arme und weinten bitterlich, das war das einzige Mal wo ich meinem Onkel, den ich doch so abgöttisch geliebt hatte, so nah war, aber es war nur in diesem Moment und nachher nie mehr. Ich glaube das war einfach die gemeinsame Trauer. Meine Mutter und alle anderen Kinder meiner Grossmutter sind dann auch gekommen, wegen Trauerkarten, Beerdigung usw. organisieren. Natürlich hatten alle wieder einen Grund sich zu besaufen. Das war das erste Mal wo es mir so richtig bewusst wurde dass meine Mutter wahrscheinlich Alkoholikerin war. Das war ein Schock für mich. Ich hatte zu dieser Zeit auch einen Freund, aber erst ganz kurze Zeit und er mietete dann ein Einzelzimmer und obwohl mich meine Mutter gebeten hatte bei ihr zu schlafen, schlief ich bei ihm, nicht mit ihm, bei ihm, er nahm mich einfach ganz fest in den Arm, was mir sehr gut getan hat. Natürlich stauchte mich meine Mutter am nächsten Tag zusammen, warum ich nicht bei ihr geschlafen hätte und sie einfach allein gelassen hätte. Dann war die Beerdigung. Es kamen sehr viele Leute, meine Grossmutter war eine sehr beliebte Frau gewesen, da kamen ehemalige Hotelgäste die schon seit Jahren nicht mehr da waren um ihr die letzte Ehre zu erweisen, auch beim Leichenmahl waren sehr viele Leute anwesend, aber gegen Schluss (viele waren schon gegangen) als der Alkoholpegel schon wieder sehr hoch war, fingen sie plötzlich an Witze zu erzählen, da platzte mir der Kragen und ich schrie, ob sie sich eigentlich bewusst seien, wo sie sich befinden und lief davon, ich ertrug es einfach nicht und empfand es als eine Beleidigung gegenüber meinem Grossmutti die ich doch über alles geliebt hatte. Der einzige Mensch der mich wirklich geliebt hatte und es mir auch zeigte, gibt es nicht mehr und kommt auch nie mehr, ich dachte es zerreisse mich und der Schmerz höre nicht mehr auf...

    An der Beerdigung luden mich Tante I. und Onkel E. ein, ein paar Tage zu Ihnen zu kommen, wo ich sofort zusagte und wir sofort eine Zugverbindung raussuchten und den Tag und die Zeit gleich vereinbarten. Denn Missbrauch von damals hatte ich in diesem Moment einfach verdrängt. Einen Tag nach der Beerdigung bekam ich so starke Blutungen, dass ich Angst hatte zu verbluten, ich ging zum Arzt der mich sofort ins Spital überwies. Ich denke das war psychosomatisch bedingt und die Reaktion meines Körpers auf den Verlust meiner Grossmutter. Ich musste über eine Woche im Krankenhaus bleiben. Ich bat meinen Onkel, Tante I. anzurufen und ihr mitzuteilen, dass ich im Spital war und leider nicht kommen könne. Er versprach mir es zu erledigen, tat es aber nicht. Wieder einmal konnte ich mich nicht darauf verlassen. Als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, rief ich Tante I. kurz an und erklärte ihr die Situation und erfuhr dann, dass sie vergebens auf dem Bahnhof auf mich gewartet hätte und niemand kam und auch kein Anruf. Mein Onkel meinte dann nur so lakonisch, sei ja nicht so schlimm, er hätte es halt vergessen. Logisch, wenn es mich betrifft, ist und war es nie schlimm oder wichtig, wie immer. Ich war es mir ja nicht anders gewohnt und wieso sollte sich das geändert haben??? (Es hat sich bis heute nicht geändert 2006) Heute denke ich, musste auch das mit dem Krankenhaus sein, dass ich nicht zu Tante I. und Onkel E. fahren konnte, wer weiss was passiert wäre, wenn ich hätte fahren können!?

    Ein Jahr nach dem Tod meiner Grossmutter weilte ich mit einer Kollegin in Griechenland, erstes Mal geflogen und erstes Mal am Meer...eigentlich ist es ja üblich, dass man ein Jahr nach dem Todestag in die Kirche geht zum Gedenken. Dass ich nicht da war, wurde mir natürlich von meiner Verwandtschaft vorgehalten. Dass ich meine Grossmutter aber schnell vergessen hätte....wurde mir gesagt...aber natürlich hintenrum...Aber ich denke, ich war meiner Grossmutter mit meinem Herzen in Griechenland näher als die anderen in der Kirche. Es kommt nicht auf den Ort an, sondern auf den Gedanken und was man fühlt und für das braucht man nicht ein Gebäude oder einen bestimmten Ort...am 1. Todestag meiner Grossmutter ging ich alleine an den Strand ganz früh Morgens, setzte mich in den Sand und dachte an meine Grossmutter, natürlich liefen die Tränen, da es immer noch sehr weh tat und sie mir immer noch sehr fehlte, mehr denn je. Heute 22 Jahre später fehlt sie mir immer noch sehr.....und ich denke täglich an sie....

    ***** Es war in Interlaken im Schulhotel, im ersten Lehrjahr waren wir 2x fünf Wochen im Schulhotel Gornergrat, im 2. Lehrjahr waren wir dann in Interlaken. Im Herbst beim zweiten Mal lief die ersten 2 Wochen alles tip top, ausser dass dauernd Halsschmerzen hatte, in der dritten Woche wurde es dann so schlimm, dass sie einen Arzt riefen und ich das Bett hüten musste. Die Schmerzen wurden so stark, dass ich mich kaum getraute den eigenen Speichel zu schlucken. Ich erhielt auch sehr starke Schmerzmittel, die Schulleiterin war ursprünglich gelernte Krankenschwester und behauptete immer ich sei ein Simulant, das könne doch gar nicht so schlimm sein und so starke Schmerzen gäbe es gar nicht. War glaub besser, dass sie nicht mehr als Krankenschwester arbeitete. Am vorletzten Tag dieser fünf Wochen (es ging mir nicht wirklich besser) wollte sie mich dazu zwingen den Schlussputz mitzumachen. Ich mühte mich schon aus dem Bett, da kam der Geschäftskundenlehrer grade vorbei und schimpfte gehörig mit der Schulleiterin, ob sie eigentlich nicht sehe wie schlecht es mir gehe und dass ich doch starke Schmerzen hätte....er packte meine Sachen zusammen und packte mich in sein Auto und fuhr mich nach Hause nach Bern. Meine Mutter war nicht da, die war wieder irgendwo unterwegs und unerreichbar. So rief der Lehrer bei mir zu Hause den Hausarzt an und sagte, er solle sofort kommen, er wartete auch bis der Arzt kam. Der Arzt stellte einen Eiterabszess in meinem Hals fest und rief den Krankenwagen, der mich mit Blaulicht ins Krankenhaus fuhr. Dort wurde ich sofort operiert, denn der Abszess war kurz vor dem Platzen. Wenn ich heute so bedenke, habe ich wahrscheinlich mein Leben diesem Geschäftskundenlehrer zu verdanken. Denn hätte es länger gedauert, wäre dieser Abszess geplatzt und ich wäre an den Folgen gestorben. Meine Mutter kam mich nicht mal besuchen im Krankenhaus und abholen schon gar nicht. Eigentlich würde ich mich heute gerne bei diesem Lehrer bedanken, aber leider weiss ich nicht mal mehr seinen Namen....................................

    .........das hatte mich nun so stark beschäftigt, dass ich angefangen habe zu recherchieren

    ....ich habe dem Verband für Hotelfachschulen in Bern angerufen...also das Schulhotel existiert immer noch und sie riet mir am Telefon dort anzurufen und anzufragen, sie selber könne nach so vielen Jahren nichts rausfinden. Also rief ich dort an und erzählte kurz diese Geschichte, die Dame am Telefon sagte mir dann, dass da sogar noch ein Lehrer unterrichte aus dieser Zeit und damals Gschäftskundenlehrer war, aber dieses Fach gibt es heute so nicht mehr. Und als sie dann denn Namen nannte: T.R.....da wusste ich sofort, dass er das ist. Er unterrichtet immer noch dort. Er war leider nicht im Hause und sie wollte mir seine Privattelefonnummer partout nicht geben. So habe ich halt im TwixTel nachgeschaut und ihn auch gefunden und habe ihm angerufen. Wir haben ziemlich lange telefoniert miteinander. Er ist inzwischen auch verheiratet und hat Kinder und es geht ihm gut. Was mich sehr freut. Natürlich haben wir auch über damals geredet und dass ich ihm sehr dankbar für sein Handeln damals bin und er mir wahrscheinlich das Leben gerettet habe.

    Es war 1992 als mein Sohn geboren wurde. Im Frühling erzählte mir meine Mutter, dass sie ein Miom (gutartig) im Bauch hat und das eine grössere Operation zur Folge hätte. Aber es sei nichts schlimmes und Routine. Einfach dass sie über Wochen nichts schweres heben darf und sie wisse noch nicht wie sie das mit der Wäscherei bewerkstelligen solle. Sie fragt mich zwar nie direkt ob ich ihr helfen komme, Aber sie jammerte immer mehr, bis ich sagte ich komme zu ihr und helfe ihr dann. Sie bedank

  • @Luna

    ziemlich schwere Kost, Ihr Beitrag. Offensichtlich mussten Sie Nähe immer mit einem bitteren Beigeschmack erfahren. Dass dies zu einer gewissen Blockade führen kann ist verständlich und erklärbar. Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie bald schon Ihre Kinder ohne Angstgefühle umarmen können. Ihre Kinder wünschen es sich genau so sehnlich, wie Sie selbst. Sie können dabei nichts Falsches machen – ausser Sie umarmen sie nicht. Vielleicht mag es Ihnen helfen, wenn sie zu Anfang den Teddy Ihrer Tochter in ihre Arme schliessen und sich dabei vorstellen, dass es Ihre Tochter sei. Für ein paar mal darf diese Ersatzhandlung genügen. Bald aber sollten sie versuchen, mit leisen Berührungen Ihren Kindern Ihre Nähe und Liebe zeigen zu können. Ein liebevoller Blick, eine sachte Berührung, übers Haar streicheln oder nur kurz mal die Hände berühren. Auch Ihre Kinder müssen diese Berührungen erst lernen. Schon bald darf es eine innige Umarmung sein, die Mutter und Kind gleichermassen mit Geborgenheit und Liebe erfüllt.

    Lassen Sie für einmal Ihrem innersten Wunsche freien Lauf und tun Sie das, was Sie für richtig halten. Ihr Leben und Ihre Liebe zu Ihren Kindern geben ihnen das Recht dazu.

    Ich wünsche Ihnen von Herzen alles Gute

    veritim

  • Liebe Brigitte

    Ja ich weiss, es ist auch ein langer Beitrag,ich dachte auch nie, dass alles Platz hat hier.

    Danke für die virtuelle Umarmung!

    Ja ich habe auch schon Selbsthilfegruppen gesucht in meiner Nähe, aber leider nicht so einfach.

    Eine Selbsthilfegruppe nur für den Sexuellen Missbrauch wäre nicht das richtige für mich.

    Ich denke es gibt sicher viele, die die gleichen oder ähnlichen Erfahrungen machen mussten. Und nur diese können verstehen was ich fühle, weil sie dasselbe fühlen und ähnliche Probleme im Leben entstehen dadurch.

    Jeder hat andere Stärken und Schwächen und packt es im Leben anders an. Und das ist genau das, wo man sich austauschen kann und sich Tipps geben kann, wie es am Besten zu meistern ist.

    Ja ich war auch schon in einer Therapie, wir haben da vorallem die Probleme in der Gegenwart besprochen und die Therapeutin hat mir zum Teil auch viel Hilfe leisten können. Aber die Kindheit aufarbeiten, dazu ist es leider nicht gekommen...wahrscheinlich war ich damals noch nicht bereit dazu, oder es war für dies nicht die richtige Therapeutin.

    Ich suche jetzt auch schon seit Wochen nach dem/der geeigneten Therapeuten, aber wie ich einsehen musste, ist auch das nicht so einfach. Bei denjenigen wo die Chemie stimmt, die haben eine lange Warteliste, weil sie so voll sind und ich kann ja auch nicht endlos, einen Therapeuten nach dem anderen abkabbern. Zum Teil hat mich auch schon wieder der Mut verlassen und ich denke dann manchmal, dass es vielleicht doch nicht sein muss...dann packt es mich wieder und ich sage mir, da muss ich jetzt durch, damit ich das Leben für meine Kindern und mich lebenswert gestalten kann.

    Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag

    LG Luna

  • Lieber veritim

    Vielen Dank für Deine Worte die vollkommen richtig sind.

    Es ist nicht so, dass ich meine Kinder nicht berühren kann. Mal eine kosende Geste das bring ich schon hin, wie kurz über den Kopf, Rücken Backe streicheln. Wahrscheinlich geht das auch relativ gut, weil da dann trotzdem ein Abstand vorhanden ist.

    Das mit dem innersten Wunsch freien Lauf zu lassen, das ist das, was sich für mich eben als sehr schwierig gestalten. Der Wunsch ist zwar da, aber die Mauer leider auch und ich kann sie einfach nicht durchbrechen.

    Ich rede aber auch mit meinen Kindern offen darüber, auch wissen sie Teile von meiner Kindheit, natürlich nich so detailliert wie ich es hier niedergeschrieben habe...

    Nochmals vielen Dank

    LG Luna

  • Lieber chryso

    Nein ich glaube nicht, dass ich im Depressionsforum an der richtigen Stelle wäre, denn unter Depressionen in dem Sinne leide ich nicht.

    Ja das ist so, diese Worte bis jetzt haben mir sehr gutgetan.

    Einzig fehlt, dass sich niemand bis jetzt gemeldet hat, dem ähnliches wiederfahren ist und dadurch die ähnlichen Probleme hat wie ich.

    Ja therapeutische Erfahrung hatte ich bereits.

    Und analysieren ist glaub eine grosse Stärke von mir, nicht nur in Bezug an mir Selbst. Das bekomme ich auch oft zu hören.

    Und ja wie recht Du hast, alleine geht es nie!!

    LG Luna

  • Lieber chryso

    Weisst Du das erstaunliche daran ist, dass ich mich sogar sehr wohl fühle wenn ich alleine bin, viel wohler als wenn ich unter Menschen bin.

    Sicher wie schon geschrieben, früher war das anders.

    Vielleicht ist es auch so, weil ich irgendetwas an mir habe, das den Mitmenschen nicht passt, ich kann Dir nicht sagen was es ist, ich weiss es selber nicht so genau. Obwohl ich eigentlich offen, sehr tolerant bin, ich denke es könnte meine sehr direkte und ehrliche Art sein, ich sage am liebsten was ich denke, aber nie ohne den Respekt dem Anderen gegenüber zu verlieren.

    Die meisten Menschen möchten nur gutes und schönes hören und haben Mühe mit der Wahrheit umzugehen.

    Sicher manchmal kann ich meine Klappe schon halten, dann wenn es einfach sein muss weil zu viel auf dem Spiel steht, aber im privaten Bereich ist das schon eher selten der Fall, da finde ich, soll man sagen können, was man denkt, aber eben, natürlich immer den Respekt behalten.

    Ich wünsche Dir noch einen schönen Abend

    LG Luna

  • ah ja, Menschen suchen mit ähnlichen Problemen...

    das habe ich glaub ich ziemlich deutlich geschrieben, eben vorallem dass ich Mühe habe mit Nähe. sogar mit Nähe zu meinen Kindern und das ist auch das was mich unendlich traurig und wütend macht auf mich selbst, auf meine Mutter usw...

    Ich kann mich auch überhaupt nicht fallenlassen, vielleicht weil ich Angst habe, den Boden unter meinen Füssen zu verlieren oder den Halt.

    Und natürlich dass ich heute Mühe habe neue Menschen kennenzulernen, nein, kennenzulernen macht mir keine Probleme, aber sie an mich ranzulassen, das ist es...und so reagiere ich darum vielfach ziemlich unwirsch...

    Und darum würde ich gerne Menschen kennenlernen denen ähnliches oder gleiches passiert ist, denn nur die können nachfühlen und verstehen...

  • Liebe Brigitte

    Gerne würde ich mich mit Dir weiterhin unterhalten, aber nicht hier öffentlich.

    Ich möchte aber meine Email nicht unbedingt hier öffentlich bekanntgeben, gibt es eine Möglichkeit, dass irgendwie über Beobachter oder so zu machen?

    Liebe Grüsse und einen guten Wochenstart

    Luna

  • Hallo chryso

    Ich glaube, Du hast was völlig missverstanden, oder ich habe mich komplett falsch ausgedrückt....

    Natürlich nicht...ich reagiere wahrscheinlich unwirsch, als Schutz für mich selbst, um die Menschen gar nicht zu nahe an mich ranzulassen.

    Wenn es Menschen sind mit gleichen oder ähnlichen Erlebnissen, würde ich, denke ich anders reagieren, weil ich weiss, dass diese Menschen mich verstehen weil sie den gleichen seelischen und körperlichen Schmerz erlebt habt und somit genau wissen, was und wie ich fühle.

    Ich merke auch, dass wenn ich Menschen begegne denen es schlecht geht, sei das nun körperlich oder seelisch, reagiere ich ganz anders....nämlich...sehr einfühlsam und herzlich und versuche zu helfen, sofern das möglich ist.

    LG Luna

  • Liebe Lea

    Herzlichen Dank für Deine Worte!

    Und du brauchst sicher nicht beschämt zu sein darüber.

    Ich denke das ist hier auch nur gegangen, weil ich hier anonym sein kann. Zudem kann sich nicht jeder gleich gut äussern und da ist ja nicht beschämendes dabei, das ist zumindest meine Meinung.

    Ich wünsche Dir einen guten Tag

    LG Luna

  • Sehr geehrte Frau Schneider

    wenden Sie sich an info@beobachter.ch

    Wichtig ist, dass sich alle Beteiligten melden und deklarieren, welche Benutzer sie gerne kontaktieren möchten sowie welche Nutzer die Adresse erhalten sollen. Wir tauschen nur dann Adressen aus, wenn von beiden Seiten das Einverständnis vorhanden ist.

    Freundliche Grüsse

    Ihre Online-Redaktion

  • Liebe Luna

    Deine Geschichte klingt für mich sehr vertraut. Auch die Auswirkungung auf Dein späteres Leben kenne ich gut. Ich glaube nicht, dass Du depressiv bist, oder einen Therapeuten brauchst. Denn zwischen Deinen Zeilen spürt man auch eine grosse Stärke. Du wärst heute nicht, was Du bist. Und schau mal genau hin: Du bist kein schlechter Mensch. Ganz im Gegenteil. Du hast Tiefgang und Kraft. Das findet man heute nicht oft bei Menschen.

    Du fragst Dich: warum kann mich meine Mutter nicht lieben? Egal wie alt Du auch mal wirst, die Antwort darauf wirst Du nie finden. Denn es gibt keinen Grund, sein Kind nicht zu lieben.

    Als meine Mutter im Sterben lag, bin ich spontan ins Auto gesessen und ins Berneroberland (siehst Du auch ich) gefahren. Sie war erstaunt mich zu sehen und meinte: "Dass von allen meinen Kindern ausgerechnet Du da bist! Ich habe Dich nie gewollt und wünschte mir in der Schwangerschaft, dass Du stirbst." Meine Antwort war: "Ich weiss". Sie meinte dann: "aber warum bist Du gekommen?" "Weil Du jetzt sterben wirst und ich stärker bin als Du". Am nächsten Tag war sie tod. Bei der Beerdigung habe ich dann bitter geweint, weil mir dieser Mensch mit seiner Kälte unendlich leid getan hat.

    Dieses Gespräch am Sterbebett meiner Mutter hat mir geholfen, mich von ihr frei zu machen. Es spielt nicht mehr so eine grosse Rolle, ob meine Mutter mich geliebt hat oder nicht. Viel wichtiger ist mir, dass ich mich selber lieben kann. Ich denke, dass ist auch ein Ansatz für Dich. Lerne Dich zu lieben und ein Stück weit zu akzeptieren wie Du bist und auch Deine Vergangenheit.

    Wenn Du das Alleinsein zu Hause geniesst, dann tu das. Du spürst ganz gut, was Du brauchst. Ich bin überzeugt, dass Deine Kinder spüren, dass Du sie liebst. Sie erfahren von Dir Anteilnahme und Interesse. Du könntest auch gar nicht anders. Umarmungen werden von Pubertierenden sowieso nicht mehr so geschätzt und als Babys konntest Du sie ja liebkosen. Das bleibt in den Kindern tief verwurzelt.

    Liebe Luna, Du bist nicht allein mit Deinem Schicksal. Vielleicht haben wir ja rein zufällig einen ähnlichen Nick, vielleicht aber auch nicht.

    Herzliche Grüsse

    Luana

  • Liebe Luana

    Vielen Dank für Deine Antwort. :o)

    Ja da ist viel Ähnlichkeit...der Nick....Berneroberland und natürlich die Geschichte selbst.

    Zufall oder Schicksal...

    Irgendwie weiss ich schon auch was mir am meisten helfen würde und zwar, dass ich meiner Mutter mal ins Gesicht sagen könne, was sie mir angetan hat und was sie eben nicht getan hatte.

    Dass sie nie zu mir oder hinter mir gestanden hat.

    Dass sie auch zu Ihren Enkelkinder meine Kinder keine Oma ist, so wie man sich halt eben eine Oma vorstellt und das nur, weil sie immer alles andere wichtig fand und findet als ihr eigen Fleisch und Blut. Weil ihr ihre Saufkollegen immer wichtiger waren und sie das auch immer ganz deutlich gezeigt hat.

    Ich weiss nicht ob ich die Stärke hätte wie Du und an ihr Sterbebett könnte. Denn ich hatte mir eigentlich vorgenommen nicht mal an ihre Beerdigung zu gehen, wenn sie mal stirbt. Ich habe Angst, dass ich die Kraft nicht habe und zusammenbrechen könnte.

    Vorallem möchte ich ihrem Mann nie mehr begegnen und das wäre ja dann gezwungenermassen der Fall. Ich weiss nicht was passieren würde, wen ich ihm gegenüber stehen würde. Ich glaube nicht, dass ich mich zurückhalten könnte.

    Liebe Luana nun eine ganz andere Frage...in welcher Gegend wohnst Du? Wer weiss vielleicht bist Du meine Nachbarin oder zumindest fast. ;o)

    Ich wünsche Dir eine gute Woche und sende Dir liebe Grüsse

    Luna

  • Hallo Luna

    Mittlerweile wohne ich in der Stadt Zürich "zmitts im Chueche" und bin eine richtige Stadtpflanze geworden.

    An das Landleben habe ich nur beengende Erinnerungen. Da nützt es Dir herzlich wenig, wenn Du täglich Eiger, Mönch und Jungfrau vor Augen hast, klare Luft um Dich und doch kaum atmen kannst. Nein, nein: wiit vom Gschütz git alti Chrieger!

    Bist Du selber noch im Kanton Bern?

    Äs liebs Grüessli

    Luana

  • Hallo Luana

    Aha...dann wohnst du nicht allzuweit von mir weg :o)

    ich wohne in Mostindien, wenn Du weisst wo das ist!?

    Nein ich wohne schon über 20 Jahre nicht mehr in Bern und meine Mutter hat früher auch in der Ostschweiz gewohnt und ist mit mir als ich 12 war nach Bern gezogen.

    Aber ich denke, warum es mich immer wieder weiter in die Ostschweiz gezogen hat, ist, dass ich möglichst weit weg von meiner Mutter sein will.

    Ich wohne in einem kleinen Dorf mit meinen Kindern, habe aber vier verschiedene kleine Städte rund um mich herum, die ich mit dem Auto oder dem Zug innerhalb von 10 - 25 Minuten erreiche...

    Ich könnte nicht in der Stadt leben, gehe aber ab und zu sehr gerne in die Stadt.

    Aber den Eiger Mönch und die Jungfrau sehe ich trotzdem nicht ;o)

    en liebe Gruess

    Luna

  • LunaPiena

    Ihr Schicksal ist, wie Luana's Beitrag zeigt, in irgendeiner Form - vor allem bei jener Generationen - vorhanden. Dies mag wenig trösten. Die Einsicht aber, dass alle Generationen einer Art Zeitzwang unterliegen, kann die Kraft für Vergebung stärken. Vergebung ist m.E. ihr einziger Weg, den sie beschreiten können. Dies erfordert viel Kraft und Überwindung – ich weiss. Aber das Resultat wird ihr Seelenfrieden und die Bereinigung mit sich selber sein. Sie werden sich wieder stark und frei fühlen und Ihren Gefühlen folgend, ein schönes Leben geniessen können.

    Die Möglichkeiten, mit welcher Hilfe sie dieses schöne Ziel erreichen können, sind vielfältig und möchte Ihnen in dieser Hinsicht keine Ratschläge erteilen. Wenn Sie aber einen Weg finden, Ihr Schicksal nicht mehr nur in Abhängigkeit Ihrer Jugend zu sehen und die vielen Vorwürfe an verschiedene Personen innerlich fallen lassen können, haben Sie einen riesengrossen Schritt in die richtige Richtung getan.

    Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie meine Worte richtig verstehen und daraus für sich etwas entnehmen können.

    veritim

  • Liebe Brigitte

    Bei mir war es auch die Sterbesituation der Mutter, die mir half abzuschliessen. Es war weniger ein Verzeihen sondern viel mehr ein Akzeptieren der Vergangenheit.

    Meine Kindheit war halt so wie sie war und nichts auf der Welt kann das je ändern. So lange man sich an seiner Trauer und seinem Schmerz und der Frage nach dem Warum festhält kommt man keinen Schritt weiter. Erst wenn man ganz tief im Innern abschliessen und nach vorne blicken kann, überwindet man auch die Trauer.

    Es passiert zwar immer wieder einmal, dass sie einem unerwartet einholt. Plötzlich aus dem Hinterhalt anspringt. Dann zünde ich eine Kerze an, höre Musik, trinke einen Tee oder auch mal ein Glas Wein und begrüsse meine Trauer wie einen alten Freund. Lasse den Tränen freien Lauf und akzeptiere diese Gefühle als ein Teil von mir.

    Mir hilfts und es geht mir nachher besser. Es muss wohl jeder für sich heraus finden, wie er mit seiner Vergangenheit am besten fertig wird.

    Herzlichst

    Luana

  • @Brigitte,

    Das Verzeihen, von dem ich spreche hat nichts zu tun mit der Vergebung zu Gunsten des Täters. Nein - der Täter bleibt seiner Tat schuldig – damit muss er leben oder seine Vergebung auf anderem Wege finden. Wenn ich mich einer Tat schuldig fühle, kann mir kaum ein Mensch diese Last durch Vergebung nehmen.

    Das Verzeihen, das ich meine hat auch nichts mit Resignation oder mit Situationszwang zu tun. Es soll die Verzeihung gegenüber dem Menschen, nun nicht als Täter gesehen (!), sein. So kann die Mutter als Täter noch schuldig bleiben; als Mensch sollte Sie wieder Eingang in das Herz ihrer Tochter finden können. Ohne das dies der Mutter mitgeteilt werden müsste. Es geht hier einzig um den inneren Frieden des Opfers. Das war meine Botschaft.

    Dass genau dieser Weg sehr schwierig ist, bin ich mir bewusst. Er hat nichts zu tun mit dem Finden einer Entschuldigung für die Tat. Vielleicht ein Verstehen der Situation, der Zwänge, der Reaktionen. Das hat aber wenig mit Entschuldigen zu tun. Ich kann z.B. die tat eines Diebes sehr gut verstehen - dass er der Versuchung nicht widerstehen konnte; dass er hunger hatte, usw. Seine Tat aber, kann man damit nicht entschuldigen.

    Zitat:".. Aber grundsätzlich ist eben eine "Tat" am Ende noch immer eine "Tat", die nicht richtig war, und für die es KEIN Verständnis und schon gar kein Verzeihen braucht...." (Brigitte)

    Da muss ich Ihnen teilweise widersprechen. Wie oben beschrieben liegen - für mich wenigstens - zwischen Verständnis und Verzeihung (Vergebung) Welten. Verstehen ja, Verzeihung eher nein.

    Es würde wohl die Möglichkeit des Forums sprengen hier eine tiefgründigere Diskussion zu führen. Aber soviel zum Verzeihen: Verzeihen kann man nur sich selber – wenn Sie so wollen – mit Gottes Hilfe. Dass es zeitnotorisch ist, für alles eine Entschuldigung zu suchen, hat mit unserer Unfähigkeit und Unmündigkeit zu tun.

    veritim

  • @Brigitte,

    "...wofür das Opfer dann auch "nur" einen materiellen Schaden hat...." (Brigitte)

    Hier liegt bereits ein markanter (verallgemeinerter) Überlegungsfehler: der Bestohlene leidet vielfach ob der Ungerechtigkeit und Unehrlichkeit mehr, als ob dem erlittenen materiellen Schaden. Nehmen Sie sich das Beispiel des Tricktäters: der immense soziale Schaden ist kaum gut zu machen.

    Missbräuche sind schlimm, oft sehr schlimm. Sie gehören zu unserem Alltag wie der Schatten zum Licht. Fragen Sie Ihre Freunde: wie viele können nicht über irgendwelche Missbräuche in der Kindheit berichten? Gewalttaten, ausrastende Eltern, etwas zu liebe Onkels, der schmuddlige Nachbar usw.. Das Kind hat aber im Algemeinen eine grosse, naturgegebene Begabung, solche Gegebenheiten schadlos zu überleben. Zu oft wird dem Kinde der wirkliche Schaden erst durch Gerichtsverfahren, Voyeurismus, Zwistigkeiten und "Seilziehen" etc. zugefügt.

    Dem Opfer sollte in erster Linie geholfen werden, Rachegefühle abbauen zu können. Diese bereiten oft den grössten Schmerz weil sie völlig unzulänglich sind. Vielfach werden Rachegefühle auch durch Einreden erst initialisiert. Keine Tat kann durch Rache gemildert werden. Genugtuung ist kein natürliches Bedürfnis.

    "...Der Täter kommt so am Ende also doch wieder völlig "harmlos" und "ungestraft" davon!..." (Brigitte)

    Da gehe ich mit ihnen absolut einig: das darf es nicht geben und trotzdem kommt es immer häufiger vor. Darum auch unsere immenses Vertrauen in die Justiz!

    Sobald wir Beweise sammeln, wollen wir Anklagen. Die Anklage aber mildert weder die Tat noch deren Folgen. Daher gibt es m.E. nur die von mir beschrieben Möglichkeit, nämlich zu versuchen, den Menschen und den Täter getrennt zu sehen. In diesem Sinne kann der Täter (im Leben des Opfers) in eine Anonymität abgleiten und die Enttäuschung über den Menschen, in dem er innewohnte, kann dadurch gemildert werden. Ganz klar, dass dieser neugewordene Mensch in meinem Herzen nicht mehr den gleichen Stellenwert einnehmen kann. Aber die Möglichkeit wird gegeben, diesem Menschen wieder (schadlos) zu begegnen. Der Täter bleibt in diesem Moment ausgeschlossen.

    Die Sterbesituation Ihrer Mutter gab Ihnen die Möglichkeit, sie nicht mehr anklagen zu "müssen". Hätten Sie zu Lebzeiten Ihrer Mutter einen Weg gefunden, den Täter sterben lassen zu können, hätten Sie Ihre "Mutter" wieder für sich gehabt. Ihre Seele wäre von einer grossen Last befreit worden wie es wohl am Sterbebett geschah.

    Die Ohnmacht des Opfers gegenüber dem Täter und dem oft verständnislosen Umfeld ist das fast grösste Problem. Warum sonst kann mit Verständnisvollen Gesprächen oft sehr viel erreicht werden? Aber diese Ohnmacht hat auch etwas mit unserer Erziehung und Weltanschauung zu tun. Und so wird es Opfer geben, die besser damit umgehen können und solche die mehr Mühe damit haben.

    "...Im Alleingang aber, während der Andere überhaupt nicht mit einbezogen wird, ... ist es praktisch ein Ding der Unmöglichkeit...." (Brigitte)

    Genau da bin ich anderer Meinung. Die Konfrontation KANN die Genesung hemmen. Ein "Alleingang" kann sehr bereinigend sein und vor allem ungestört ablaufen. Das Opfer kann diesen Prozess zu jeder Zeit abrufen und fortsetzen. Wenn dadurch die Kräfte mobilisiert werden konnten, kann man an ein Miteinander denken. Oftmals ist/wäre aber auch das Miteinander von Anfang an die richtige Therapie. Das miteinander bedingt Kooperation. Der Alleingang nicht. Daher kann er als Selbsthilfe durchaus tauglich sein.

    Leider ist dies noch lange keine Anleitung, wie man das alles erreichen kann.

    veritim