@Tilia
der schmerzspezialist hat nicht unrecht, wahrscheinlich haben sie eine sogenannte low-dose-dependence entwickelt. 0.25mg lorazepam (temesta (CH) /tavor (DE)) ist in der schweiz gar nicht erhältich mit der dosierung. bei uns gibt es als kleinste dosis 1mg. daher nehme ich an, dass sie in deutschland beheimatet und ärztlich betreut sind? das ist relevant für den entzug.
aufgrund ihrer schilderungen haben sie tavor erhalten aufgrund von angstzuständen und so wie ich das sehe, haben sie diese immernoch, richtig?
es kann durch den gebrauch von benzodiazepinen passieren, dass sie genau dieselben symptome entwickeln, wie sie sie vorher gehabt haben. nur sind diese jetzt chemisch ausgelöst und nicht psychisch. was nicht heisst, dass ihre psychische grundtendenz zu ängsten verschwunden sein muss. aber es kann sein, dass die "abhängigkeit" sie mittlerweile mehr schwächt als ihre ursprünglichen ängste. das hängt aber etwas davon ab, mit welcher regelmässigkeit sie das medikament einnehmen und wie empfindlich sie auf das medikament reagieren. wenn sie mit 0.25mg schon eine wirkung spüren, dann würde ich sie eher als empfindlich, nicht im sinne von sensibel als mehr sensitiv einstufen.
für einen entzug gibt es mehrere optionen, die sie "ambulant" durchführen oder stationär machen können.
a) harter entzug: von 100 auf 0, nicht empfohlen weil sie mit ausschleichen schon probleme gehabt haben. hier wäre es spannend von ihnen zu erfahren, wie sie das genau gemacht haben?
b) gradueller entzug: hierbei nehmen sie 4x am tag eine dosis ein (wenn sie 0.5mg pro tag einnehmen, dann nehmen sie alle 6 stunden 0.125mg ein. dies ermöglicht ein möglichst gleichbleibender medikamentenspiegel und verhindert so, dass sie untertags in einen "entzug" kommen). bei dieser variante reduzieren sie dann die dosis über mehrere tage und wochen immer mehr, bis sie bei 0 angekommen sind. eine möglichkeit wäre die reduktion von 0.125mg auf 0.1mg und so weiter. stationär kann dies sehr gut mit infusionen gemacht werden, da wird die lösung dann über 24h verabreicht und somit erhalten sie die höchste konstanz an medikament, die man erreichen kann. in deutschland führt dr. rüdiger holzbach benzoentzüge mit dieser methode durch oder hat dies früher getan, also er hat es ohne infusion gemacht aber mit der mehrmaligen gabe über den tag verteilt. damit hat er leute von schweren abhängigkeiten (10mg temesta pro tag und mehr) innerhalb von 40 tagen clean bekommen. klar ging es nicht bei allen aber bei glaube ich 70% der fälle. ander benötigten etwas länger. aber reduzieren konnten alle.
c) substitution mit anderem benzodiazepin: bei dieser methode wechselt man auf ein andere benzodiazepin mit längerer halbwertszeit (wie valium bzw. diazepam) und ermöglicht so den körper sanfter daran zu gewöhnen. das kann man dann auch beim graduellen entzug so machen. bedingt allerdings, dass sie das andere benzo mindestens genau so gut vertragen wie das jetzige.
d) substitution mit einem neuroleptika oder stark sedierenden medikament wie gewisse trizyklische antidepressiva oder antihistaminika oder einem beta-blocker. hier nehmen sie ein medikament ein, zusätzlich zum temesta, während dem sie dies reduzieren. dadurch, dass das substitut auf anderen transmittersystemen aktiv ist, besteht die möglichkeit die entzugsymptome zu dämpfen. hierbei besteht das risiko, dass sie nachher beim absetzen des substituts probleme kriegen, wenn sie es zu lange nehmen, bzw. der absetzprozess zu lange dauert oder aufgrund der wirkung die entzugssymptome nicht wahrnehmen. für die wahl des medikaments müsste man über ihre symptome genauer bescheid wissen. wenn sie z.b. herzrasen haben, dann wäre eine betablocker indiziert, wenn sie agitiert sind, dann eher ein neuroleptikum.
als unterstützende massnahmen zu allen entzugsformen empfiehlt sich alles was die stresshormone positiv beeinflusst wie meditation, kalte bäder, sauna, entspannungstees etc.
meine frage wäre noch:
ob bei ihnen ursächlich geklärt worde, woher bei ihnen diese angstzustände kommen. denn es gibt auch körperliche ursachen wie schilddrüsenüberfunktion, blutzuckerschwankungen (diabetes o.ä.), vielleicht liegt es gar nicht am temesta, vielleicht haben sie eine zugrunde liegende geschichte. ein phäochromozytom z.B.?
können sie noch etwas zu ihrer "komplexen" schmerzproblematik sagen? um was für schmerzen, verursacht durch was, handelt es sich hier und wie sieht die therapie aus?
fazit:
entzüge sind möglich in verschiedenen formen. vor beginn sollten sie allfällige körperliche ursachen ausschliessen und dann den entzug planen (ambulant, stationär).
ich hoffe meine ausführungen waren etwas hilfreich für sie.