hallo @Filouchen
anhand ihrer beschreibungen ist es höchstwahrscheinlich, dass es sich um absetzsymptome handelt.
wie lange diese im einzelfall bestehen bleiben ist sehr unterschiedlich.
problematisch ist es, wenn sie zu lange andauern, können sie daran buchstäblich "verrückt" werden.
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zu dem thema "absetzen von psychopharmaka" habe ich extra deshalb einen beitrag eröffnet, weil es immer wieder ähnliche fragen im forum gibt. in den genannten referenzen finden sie erklärungen und anleitungen zum sicheren absetzen.
schauen sie sich unbedingt den "harm reduction guide" an.
https://www.beobachter.ch/fore…fklarung-literatur-e.html
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ist es richtig, dass sie die tabletten bzw. kapseln in der dosis von 37.5mg (kleinste erhältliche dosis venlafaxin in der schweiz) über den zeitraum von 2 wochen eingenommen haben und diese dann abgesetzt haben (von 100 auf 0)? oder haben sie die medikamente länger eingenommen?
in der regel sind absetzsymptome leicht bei personen mit kurzer einnahmedauer und niedriger dosis und eher schwerer mit zunehmender einnahmedauer (jahre) und höheren dosen. das heisst aber nicht, dass es deshalb bei ihnen keine absetzsymptome sind.
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in ihrem konkreten falle und wenn die symptome dermassen stark sind, bzw. sie kurz vor einer dekompensation stehen, haben sie folgende optionen:
a) abwarten bis die symptome von alleine verschwinden (es ist allerdings ungewiss wie lange das dauert)
b) venlafaxin wieder einnehmen (hier werden die symptome ziemlich sicher innert tagen weggehen)
c) kurzfristig ein medikament mit längerer halbwertszeit einnehmen z.b. sertralin, escitalopram oder fluoxetin. auch wenn es sich bei den genannten medikamenten um ssri's ohne starke noradrenalinwiederaufnahmehemmung handelt, dürften die symptome innerhalb kurzer zeit verschwinden. ausserdem können medikamente mit längerer halbwertszeit schonender abgesetzt werden als venlafaxin. escitalopram ist sogar als flüssigkeit erhältlich, was bedeutet, dass sie tropfen für tropfen reduzieren können um die symptome zu minimieren.
d) alternativ könnte man auch ein antihistaminikum, einen beta-blocker oder alpha-adrenozeptorantagonist ausprobieren um die symptome einzudämmen.
e) kurzfristig GABAerge medikamente wie pregabalin, gabapentin zur eindämmung der symptome verwenden
f) kurzfristig einen tranquilizer einsetzen (lorazepam) unter ärztlicher überwachung
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persönlich würde ich folgendes machen:
1. dosis venlafaxin (37.5mg) einnehmen und schauen ob die symptome besser werden. wenn sie das tun, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass ihre symptome davon kommen. natürlich kann es auch eine psychische komponente geben, wie von @Transmitter beschrieben. aber das können wir nie ausschliessen und auch schlecht beweisen. ausserdem sind die symptome welche sie nennen sehr bekannt und deshalb tippe ich eher auf ein absetzsyndrom.
2. entweder abwarten (option a) oder umstellen (option c) um sanfter reduzieren zu können.
und auf jeden fall einen arzt / ärztin suchen, der sie mit ihrem beschwerden ernst nimmt und nichts kategorisch verneint sondern mit wahrscheinlichkeiten argumentiert. das hilft ihnen auch persönlich im rahmen einer angsttherapie. idealerweise ein psychotherapeut, falls sie keinen haben, gibt es notfallzentren und ambulatorien.
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bezüglich der symptome die sie beschreiben gibt es verschiedene hypothesen, warum die "absetzsymptome" so lange anhalten können auch bei kurzzeitiger einnahme. serotonin wird in unserem ganzen körper verwendet und hat verschiedene funktionen. es steht auch im zusammenhang mit der insulinregulation welche den blutzucker reguliert. ausserdem hat es einen einfluss auf die blutgerinnung und kann das blut verdünnen. wenn man jetzt das medikament weglässt, muss der körper dies erst wieder kompensieren. das kann eine weile dauern (wochen). je nach person und stoffwechselflexibilität geschieht dies beim einen schneller, beim anderen weniger schnell.
allenfalls können sie durch ihre ernährung auch etwas abhilfe schaffen, indem sie viel kohlenhydrate (brot, reis, müsli, teigwaren) zu sich nehmen. die haben in der regel eine beruhigende wirkung, könnten auch für ihre panikattacken hilfreich sein.
bezüglich langzeitfolgen tendiere ich auch zu der aussage, dass dies eher unwahrscheinlich ist bei dieser medikamentenklasse. doch ausschliessen kann man es nie. dazu sind die menschen zu unterschiedlich. häufig ist es aber mit sicherheit nicht!
ich hoffe meine ausführungen waren etwas hilfreich für sie.