Lieber damiens,
mir ging gerade durch den kopf, das wohl auch diese von ihren ärzten gefühlte hilflosigkeit mit ein grund war fuer die verschiedenen medikamentenversuche. da sieht man wie gut andere mit hilflosigkeit umgehen können. war fuer mich früher auch extrem schwierig, zeigt es einem doch ganz brutal die eigenen grenzen auf.
heute versuche ich, wenn ich das gefühl bei mir wahrnehme, nicht in diesen aktionismus abzurutschen. und besser zu verstehen, was es genau ist.
Ja, soweit habe ich nie gedacht, bzw. es mir vielleicht auch verboten, weil ich sämtliche Medizin und auch die Ärzte als absolute Bedrohung wahrgenommen hat. Das machts halt auch nicht einfacher. Sobald ich in diese Hilflosigkeit in meinem Kopf rutsche, in diesen Katastrophenzustandsstrudel, bin ich in diesem Zustand voller Angst. Und dann sass ich halt auch vor den Ärzten wie das von ihnen beschrieben Kätzchen. Ein Arzt meinte auch mal, ich sei wie das Kaninchen vor der Schlange, es geht nicht vor und nicht zurück.
Ich war gerade in meiner Selbsthilfegruppe und da ging es um Nüchternheit. Nicht in diesem "nassen" krankhaften Verhalten zu sein. Und was ist der Krankheitsgewinn für mich, wenn ich an diesem kranken Verhalten festhalte? Ich seh da für mich die Themen, keine Entscheidung treffen zu müssen.
Es ist äußerst interessant, vor 20 Jahren, als ich auch im Tavorentzug war, hatte ich genau dasgleiche kranke Denken. Diese Gedankenkreisel und schon damals habe ich in der Kunsttherapie eine Quetiapin-Pille in einem schwarzen Strudel gemalt.
Und als die ersten Nebenwirkungen mit der Einstellung des Medikaments vollbracht war, habe ich letztendlich so getan, als würde es mir gut gehen. Nur, damit nicht weiter an den Pillen geschraubt wird. Aber auch damals wurden zig Medikamente ausprobiert. Am Anfang habe ich unbefangen alles geschluckt, was sie mir gegeben haben. Dann hatte ich von dem ganzen Ab- und Angesetze Entzug bekommen und das hat alles noch schlimmer gemacht. Ich glaube fast, eigentlich ist meinem Problem oder meiner Störung nicht mit Medikamenten Herr zu werden. Das hätte schon damals mein Lerneffekt sein sollen. Zumal ich ja dann in den 20 Jahren danach bewiesen habe, "normal" zu sein.
Damals wurde auch der Glaubenssatz bei mir eingeprägt: Keiner kann mir helfen." Diesen Satz hat mir mein Vater damals unter die Nase gerieben (weil die Ärzte das zu meinen Eltern gesagt haben) und ich weiss gar nicht mehr, wie oft er diesen wirklich beschissenen Satz (trotz stetiger Ermahnung meinerseits) 20 Jahre später wieder aufs Tablett brachte. Was hat er davon, wenn er mich immer wieder in diese Hilflosigkeit reinstößt?! Kleinhalten? Kontrollieren? Den Frust an mir auslassen, dass ich nicht so funktioniere, wie ich soll? Ich kapiers bis jetzt nicht. Das ist schon sadistisch.
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bei ihnen mache ich mir oft gedanken, wie sie aus diesem strudel rauskommen können. und merke wie ich mich manchmal auch verliere in den zig problemen. die indirekte kommunikation via forum macht es dabei nicht einfacher.
Vielen Dank, das tut mir leid, dass ich sie auf den Trip in meine Gedankenwelt mitnehme. Ich frage mich auch oft, welche Person hinter den Nicknames steckt. Und wer sich da solche Mühe gibt, danke! Aber vielleicht ist dieses Verstricken und dieses Kreiseln wirklich eine Art Sucht - und letztendlich muss ich wie ein Alkoholiker lernen, mit dieser Sucht umzugehen. Weil es gibt sie, die nüchternen Momente. Abends, wenn sich durch das Quetiapin der Nebel lichtet, dann sehe ich vieles klarer. Doch Morgens und den ganzen Tag bis Abends fühle ich mich nass, entrückt, nicht nüchtern.
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gerade frage ich mich, wo diese hilflosigkeit ihren ursprung bei ihnen hat. und was sie so 'unsicher' sein lässt, dass sie 'keinen' entscheid fuer einen fortschritt treffen können. ich habe etwas das bild eines total verängstigten kätzchens vor meinem inneren auge, das vor lauter angst sich mit seinen pfötchen die augen verdeckt. dabei müsste sich dem verängstigten kätzchen jemand ganz wohlwollend und konsistent annähern und ihm das vertrauen ins eigene leben zurückgeben. so lange, bis es wieder freude am spielen kriegt und von alleine den ganzen tag rumtollt.
Das spannende dabei ist ja, dass ich vor dem ganzen Psychiatriewahnsinn sehr wohl Entscheidungen treffen konnte. Ich kann mir das echt nur erklären damit, dass mich das Erlebnis von 2020 retraumatisiert hat. Und ja, ich hätte mir in all den Kliniken einfach mal gewünscht, dass sich einer der Ärzte hinsetzt und sich wirklich Zeit nimmt, anstatt mir Pillen einzuschmeissen. Und auch jetzt suche ich schon irgendwie nach einem perfekten Psychiater, der mich an die Hand nimmt und durch den Absetzdschungel führt. Der mir die Hand hält und mich unterstützt.
Ich habe es so satt, immer nur allein dieses Leid zu erdulden. 
Transmitter
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Sie versuchen mit allen Mitteln an dem festzuhalten, von dem sie wissen, dass sie es loslassen müssen, um gesund zu werden.
Ich habe das mal nach damiens Ansage, warum ich nicht einfach ganz schnell das Zeug ausschleiche, festgemacht. Ich habe so oft missglückten Entzug erleben müssen, das macht mir Angst. Und Angst ist das, was zwischen mir und der Gesundheit steht.