Demokratie heisst Meinungsstreit, Rede und Gegenrede, Mainstream und Opposition. Nur dann kommen halbwegs vernünftige Entscheidungen zustande.
Für eine Demokratie sind Rede, Gegenrede und Austausch von Argumenten bei jedem gesellschaftlichen Treffen, bei dem sich die Kontrahenten mit Themen auseinandersetzen, unabdingbar. Sich auf Argumente einzulassen ist der Sinn jedes Gesprächs.
Dialektik [griech. »Unterredungskunst«]: urspr. die Kunst, in Rede und Gegenrede durch
Aufdeckung der Widersprüche zur Wahrheit zu gelangen.
Vorreiter dieser Gesprächskultur war Platon. Unter einem dialektischen Gespräch (Dialog im engeren Sinne) ist bei Platon nicht jede beliebige Unterhaltung, sondern strenger Wechsel von Frage und Antwort zu verstehen.
Dabei wird vorher vereinbart, wer die Fragen stellt und wer antworten muss. Der Frager ist dabei im Vorteil, da er das Gespräch führt und der Antworter nur reagieren kann. Daher kann auch zwischendurch Rollentausch verabredet werden. Wie sich aus Platons Dialogen ablesen lässt, war dieses Verfahren ursprünglich in Sophistenkreisen entwickelt worden. Sie boten vor Publikum an, alle ihnen gestellten Fragen zu beantworten. Das gab ihnen Gelegenheit, ihr Wissen und ihre Gewandtheit im Argumentieren besonders effektvoll zu demonstrieren.
Daraus konnte ein regelrechter Wettkampf zwischen Frager und Antworter werden. Wenn alle Fragen beantwortet waren und dem Frager keine weiteren Fragen zum Thema einfielen, war der Antworter der Sieger und erhielt entsprechenden Beifall. Umgekehrt hatte der Frager die Chance, durch geschickte Fragen den Antworter in Widersprüche zu verwickeln und selbst als Sieger das Feld zu verlassen.
Doch das war bei geübten Sophisten nicht so einfach, denn sie hatten natürlich ihre Tricks und beantworteten z.B. unangenehme Fragen so ausführlich und umständlich, bis die Zuhörer die eigentliche Frage vergessen hatten. Der Frager konnte dem entgegenwirken, indem er möglichst Entscheidungsfragen stellte, die also mit ja oder nein beantwortet werden mussten. Der Frager konnte aber auch großzügig sein, wenn der Antworter zögerte oder eine Frage kritisierte. Er konnte dann auf die Antwort verzichten und eine neue Frage stellen. Er konnte auch anbieten, ein Zugeständnis zurückzunehmen. Das Ganze war ein Wettstreit, bei dem es nur scheinbar um die Klärung einer Sache ging, in Wirklichkeit jedoch allein darum, einen Sieger zu ermitteln.