Beiträge von kernspannung

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    Eben habe ich eine weitere Absage dieser Art erhalten, ohne Angabe eines Grundes. Ich frage nach, woran es gelegen habe. Die Antwort ist eine Ausflucht, es würde mir an der Erfahrung mit den Anlagen im Betrieb fehlen. Der wahre Grund ist mein Alter (58), doch das wird niemand hinschreiben aus Angst vor einer Klage.


    Doch wie klagen, wenn vor Gericht nichts zu gewinnen ist? Es geht um eine moralische Sache. Moral, Sitte, das interessiert keinen. Dabei berufen sich alle auf die Staatsgrundlage: eine Moral. Ohne solche gäbe es keine Gesetze. So blind ist die Menschheit.


    Es wird noch schlimmer werden. Ich habe noch sieben oder sechs Jahre vor mir in der Sozialhilfescheisse, dann erlöst mich die AHV. Weisst du, ich muss auch jeden Monat acht Bewerbungen nachweisen, und oft bin ich froh, mit den Leuten in den angeschriebenen Firmen nichts zu tun haben zu müssen. Es gibt schon viel Borniertheit in unserem Land. Der grösste Hornochse war derjenige, der die verfassungwidrige Stufung der Pensionskassenbeiträge aufgestellt hat.

    Was heisst "sie"? mehr als eine Person? Wurden die Fotos angekündigt?

    Also eigentlich müsstest du sie mindestens aus den von dir gemieteten Räumen fernhalten können. Im weiteren brauchst du keine Fragen zu beantworten.



    Weiß ich alles. Es waren eine Frau und ein Mann. Sie fragten tatsächlich, ob sie fotografieren dürften. Ich fragte, was. Ihr Bett, das Ihrer Mitbewohnerin. Auch beim Kühlschrank fragten sie, verfahrenskorrekt. Mir war es egal, aber ich konnte nicht anders als dazu bitter lachen und den Kopf schütteln. Meine Vermieterin war auch dabei. Wir wollten uns kooperativ zeigen, wie ich schon schrieb. Bei der Frage, ob ich Ämtli habe, flippte ich aus und wurde laut. Ich fuhr die zwei auch an, daß ich keine Tagesstruktur benötige.

    Ich bin selbst auf der Suche nach einer Möglichkeit.



    Nach einer Möglichkeit, einen Anwalt zu bestellen. Das ist ja das Hinterhältige an der Situation: Man ist vom Staat finanziell abhängig, erhält die Grundbedürfnisse gedeckt. Man kann sich keinen Anwalt leisten, braucht jedoch einen, um gegen die Juristen beim Staat anzukommen. In meinem Fall verdrehen die Juristen Tatsachen, nun zum dritten Mal (siehe Thread Willkür à gogo), Tatsachen bei der Beurteilung meines Anliegens, eine selbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

    Ich verstehe deine Haltung ganz genau, wir teilen uns die Tatsache, daß man in den Grundrechten beschnitten wird, kaltlächelnd, hohnlachend. Du mußt selber abwiegen, was dir am wichtigsten ist. Ich habe begriffen, daß ich bei der geistigen Haltung in meinem Kanton eigentlich kein Glück haben werde. Die Behörde leistet sich aber solche Fehler, daß ich mir eine Chance ausrechne. Das ist meine Entscheidung, mit der ich hinausgehe.

    Ein kleiner Hinweis: Geistige Haltung ist nicht meine Erfindung, sondern geht in die 1930er Jahre zurück, als man begann, von einer geistigen Grundhaltung (in) der Schweiz zu sprechen. Artikel 5 der Verordnung zum Filmgesetz von 1962 redete von einer geistigen Grundhaltung der Schweiz. Was die sein soll, hat nie jemand ausgeführt. Geistige Haltung ist einer der wolkigen Begriffe in unserem öffentlichen Leben, hinter dem man schön versteckt das Geschütz in Stellung bringen kann.

    sturechaib, meine Sympathie hast du. Grundrechte verletzen ist in Mode gekommen, weil man sich gegenseitig deckt, weil die vierte Gewalt, die Verwaltung, stärker ist. Wir sind schwach, also trampelt man auf uns herum.

    Unser Sozialversicherungsberater hat umständlich zu erklären versucht, daß wir in unserem Land keine Verfassungsgerichtsbarkeit haben. Wozu er das anführt, ist mir nicht aufgegangen.

    Bei mir sind sie unangemeldet vor der Wohnungstür gestanden, mit einem Trick sind sie ins Haus gekommen. Als Untermieter hätte ich meine Vermieterin entscheiden lassen müssen, ob die Leute von der Sozialhilfe herein dürfen. Ich habe, da kenne ich meine Vermieterin gut genug, für beide entschieden Richtung Mitwirkung. Sie macht nicht gerne Stunk. Also waren sie in der Wohnung, haben idiotische und ungesetzliche Fragen gestellt, mein Bett mit der Digiknipse aufgenommen, ihr Bett, den Wäschekorb, in den Kühlschrank hinein geknipst.

    Wenn es ums Konkubinat geht, verbietet die Bundesverfassung unterschiedliche Behandlung nach Geschlecht, Alter, Religion, Beruf und sozialer Stellung. In der Schweiz wird dennoch tagtäglich ungleichgeschlechtliches Konkubinat anders betrachtet als gleichgeschlechtliches. Es wird rotzfrech über die Verfassung hinweggegangen und, was noch einschneidender ist, juristisch in der untersten Schublade gekramt. Man hat mir schwarz auf weiß von einfacher Gesellschaft geschrieben, in der ich mich mit meiner Vermieterin befände. Sie versuchen einfach alles, was ihnen gelegen kommt. Die einfache Gesellschaft steht als Vorstufe zu den Handelsgesellschaften zwischen Mietrecht und Handelsrecht im OR. Als ich das las, wußte ich nicht mehr, wie mir sein soll, so verquer geht es hierzulande ab.

    Wenn es irgend geht, bestelle einen Anwalt. Ich bin selbst auf der Suche nach einer Möglichkeit. Im Sozialwesen beginnt sich erst etwas zu Gunsten der Abhängigen zu bewegen, wenn Prozesse laufen und gewonnen werden.

    Vielleicht habe ich den Punkt zu wenig herausgestellt. Es geht darum, daß die HR-Person einen Termin festsetzt und den nicht einhält.

    Ich wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, nicht zum Treffen mit einem Ordner. Wer stellte sich nicht auf eine persönliche Begegnung ein?

    Hallo, Gemeinde

    Ich bin seit einem Jahr ohne Anstellung, seit November ‘14 bei der Sozialhilfe und konnte nun zum dritten Vorstellungsgespräch gehen. Der Termin wurde von der HR-Person der Firma festgesetzt, ich habe im Antwort-Mail geschrieben, daß ich der Einladung gerne Folge leisten werde.

    Letzte Woche also mit dem Auto eine Stunde und 35 Minuten da hin gefahren, alles bestens, sogar blauer Himmel. Das Gespräch war auf 11.00 Uhr angesetzt, NOTA BENE, nicht bloß 11 Uhr. Um 10.59 Uhr habe ich mich beim Empfang gemeldet. Die Empfangsperson machte telefonisch von meinem Erscheinen Anzeige und schickte mich über den Hof des Firmengeländes zu einem anderen Eingang. Kurz vor der Treppe dort schlug es Elf von einer Turmuhr des Gebäudes. Die nächste Empfangsperson führte mich in ein Besprechungszimmer, bot mir Sitzplatz an einem Tisch an und legte mir einen Ordner vor, den ich lesen möge.

    Zwanzig Minuten wartete ich auf Erscheinen meiner Gesprächspartner. Keine Silbe dazu, nein, breites Lachen. Ob ich Fragen hätte, ging es los. Ich verneinte. Der Rest des Gesprächs war nett und informativ, auch was den Lohn angeht. Am Ende der Texte im Ordner stand der Satz, man möge doch unaufgefordert seine Meinung dazu gleich zu Beginn des Gespräches abgegen, man wäre an einem Feedback interessiert. Das habe ich ganz bewußt nicht getan, weil in dem Ordner einfach nur hohle Managementsprüche standen, Zitate altgriechischer Philosophen, eine dilettantische Typografie und ein Haufen Rechtschreibefehler. Besonders eine Phrase über gegenseitigen Respekt und Pünktlichkeit verlor in der Situation ihren letzten Gehalt.

    Ich habe Mühe, über diese Respektlosigkeit hinwegzukommen. Hätte das HR-Management mir vorgängig mitgeteilt, daß man mich erst Unterlagen lesen lassen wolle, wäre eventuell alles anders verlaufen. Am nächsten Tag sagte ich per E-Mail ab.

    Jemand meinte eben, es bestehe immer ein Machtgefälle zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ja, muß es denn ausgespielt werden? Ich habe den Menschen dieser Firma nichts zu Leide getan. Durch die Glastüre des Besprechungszimmers hatte ich übrigens stets Sichtkontakt mit der Empfangsperson und die hatte Telefon. Ich hatte mein Handy selbstverständlich ausgeschaltet.

    Wie seht ihr das mit der Pünktlichkeit?

    Wie geschrieben bitte ich um Nachsicht, es war eine Vermutung.

    Wenn man von Sozialhilfe lebt und sich in dem Thema umtut, kommt man offensichtlich auf solche Gedanken.

    Beobachter-Redaktion, Sie wünschen mir viel Spaß in diesem Forum? Das ist krud.

    Mein Benutzername ist nicht Kernspaltung.

    sparrow, es fällt mir nicht leicht, das zu sagen, doch ich muß es tun: Ich vermute, daß es sich bei diesem Thread um einen vom Beobachter geführten handele. Aufbau, Stil und Fehlerverteilung der Beiträge kommen mir zu gut vor, als daß ich nicht jemand journalistisch Geübtes annehmen kann. Falls es wahr ist, bitte ich dich in aller Form um Entschuldigung für meine Unterstellung.

    Was mir auffällt: Kanton Zürich, namhafte Versicherung, Frau, Kind, helfender Papa, eine Konstellation, mit der viele Leser gerne Mitleid haben, die Geschichte mit dem Meer und das Geld. Daran stoße ich mich hauptsächlich, denn nach elf Jahren ist für Sozialhilfeabhängige nicht das Geld Hauptmotiv zur Freude, sondern die Tatsache, daß man gebraucht wird. Es schmeckt nach jüdischer Denkart, was hier aufgetischt wird. Sparrow, Spatz, ich weiß nicht . . .

    Jetzt kann mich alle Welt als Arschloch ansehen und als Antisemiten ächten.

    Die asoziale Zeit kommt vom marsialischen Uranus. Das klingt für viele selbstgestrickt-esoterisch. Uranus und die anderen Planeten haben einen Einfluß auf Lebewesen wie zum Beispiel der Mond. Daß viele Menschen gegen Vollmond hin einen leichteren Schlaf haben, stellt wohl niemand in Abrede. Die Erde prägt uns, die Sonne, die Plutoniden. So viel zum Egoismus, der eher eine Selbstständigkeit sein will. Eine Generation wird das mit sich tragen. Mein Vater und sein älterer Bruder, Jahrgänge 1931 und 1932, sind auch Uranus-Widder-Gestimmte, um es musikalisch auszudrücken. Das wiederholt sich alle 84 Jahre.

    Wenn Benimmregeln äußerlich abverlangt werden, provoziert man damit meistens, daß sie gerade mit Lust nicht eingehalten werden. Lehrerinnen und Lehrer, die es sich mit einer Klasse verscherzt haben, wissen davon. Wie sagte Jeremias Gotthelf: Im Hause muß beginnen, was leuchten soll im Vaterland. Das ist es, Eltern leben es ihren Kindern vor, was Anstand ist. Wenn sie es nicht tun, dann ist der Mist schon gfüert.

    Ich glaube, in allen Kulturen ist so etwas wie Respekt vor den Älteren Grundlage des Zusammenlebens. In Ehrfurcht erstarren kann es nicht sein, der Nachwuchs braucht nicht mehr als die Erfahrung des anderen. Schon Säuglinge rudern mit den Armen und schreien, um zu provozieren, um zu lernen, wie die Erwachsenen darauf reagieren. Das Schlimmste, was man Kindern antun kann, ist nicht vorhanden zu sein, finde ich. In der Pubertät wird man völlig in Frage gestellt, da heißt es einfach, seine Meinung kund zu tun und konsequent danach zu handeln. Wenn alles gut geht, wird es den Jungen dabei zu eng und sie ziehen aus, die natürlichste Sache der Welt.

    Im öffentlichen Zusammenleben findet man nur wieder, was im Privatleben gang und gäbe ist. Da zeigt sich auch, wer das Glück gehabt hatte, Kind sein zu dürfen, sich alleine mit etwas zu beschäftigen, mit Gleichaltrigen zusammen Eroberungen zu machen, und wer nach Gutdünken von Familie oder Vormund eine abstrakte Idee leben, einer Tradition genügen mußte. Statussymbole wie Autos, idiotische Kleider und chirurgische Schönheit erzählen von verinnerlichten Zwängen. Willi Ritschard fällt mir ein, jemand, der hinstehen und sagen konnte: Ich bin Heizungsmonteur. Er hatte keine Minderwertigkeitsgefühle wegen seines Berufes. Integrer Mann

    Judith Stamm fällt mir ein, eine kluge und aufrechte Frau. Ich hätte sie viel lieber im Bundesrat gesehen als andere, obwohl der Bundesrat ja eigentlich die ärmste Truppe im Land ist. Das sind die sieben Letzten, die nur unsere Sauereien hinter uns aufräumen müssen. Von daher sage man seinem Kind nichts von Politik. Es soll seinen Neigungen und Fähigkeiten nach einen Beruf erlernen. Wie ich mir mein Handwerk erwarb, fand ich tiefe Befriedigung und festen Halt ‒ in mir selbst.

    Sehr interessant, das mit dem Stil!

    Ich weiß, daß ich wohl den gleichen Beruf wie viele Kollegen erlernt, jedoch nicht den selben Werdegang habe. Ich stamme sozusagen nicht aus dem Milieu wie die anderen. Mein EFZ ist von 2011. Darum schreibe ich auch gleichen Beruf, nicht selben. Die anderen sollte ich auch nicht mit Kollegen bezeichnen, denn dieser Ausdruck ist ebenso akademisch, wie meine erste Lebenshälfte war.

    Was aus Personalbüros und von Stellenvermittlern so kommt, spottet jeder Beschreibung. Es zieht sich eine Haltung durch alles hindurch, die eines Gefälles. Es scheint ein Gefälle zum Stellensuchenden hinab geben zu müssen. Ganz selten, ja, es ist vorgekommen, habe ich eine anständige Absage erhalten. Manchmal habe ich sogar den Eindruck, daß man es mir mit Genuß heimzahlt, weil, nun, sie sagen es mir nicht. Wenn ich nachfrage, was denn wirklich der Absagegrund wäre, werden sie herablassend. Der Spruch mit Profil und nicht zusammenpassen ist ja völlig unnötig. Überflüssig finde ich auch das Wörtchen leider in einer Absage. Es gehört ja dazu, daß man mit einer Absage rechnen muß, es hat niemand ein Leid.

    Ich werde versuchen, ganz einfach zu schreiben:

    Sehr geehrte Damen und Herren

    Ich bewerbe mich um die Stelle als XXX.

    Kann sofort anfangen

    Freundliche Grüsse

    Beilagen

    Viele Stellenanzeigen verdienen auch nicht mehr als knappste Reaktion. Rechtschreibefehler türmen sich auf, das Wesentliche fehlt, es wird gefischt für den Pool, man lobt sich selbst in den Himmel und schwafelt gleichzeitig von Philosophie und Mitarbeiterwerten, man setzt geschützte Berufe und irgendwelche Bezeichungen nebeneinander, es geht recht unprofessionell zu und her. Sie müssen sich auch mit Human Resources herausputzen, Stellendienst hat weniger Klang. Wie lautet noch die Kurzform des Käuflichen: Kapital, Areal, Arsenal, Material, Personal.

    Kunde, das Hauptwort neben dem Zeitwort künden, hat mit übermitteln, vermitteln, verkünden zu tun. Jemand dagegen?

    Etwas ankünden, ankündigen. Kundschaft ist, wenn man von jemandem etwas vernimmt. Einverstanden?

    Mehr ist da nicht. Kunden gehören, ich schränke dem Frieden zuliebe ein, gehören für mich eben in die unpersönliche Handelswelt. Auf dem Basar in Marokko und in der Bar in Zürich wird gehandelt, auf dem Basar wird um den Preis gefeilscht, in der Schweiz sind die Preise weitestgehend fest.

    Ist es nicht klar, dass die Bindung zwischen Arbeitsamt und Bürger eine andere ist als die zwischen Händlern? Wie ich schon schrieb, muss ich beim Sozialamt sehr persönliche Dinge offenlegen, was beim Kauf eines Getränks an der Bar nicht der Fall ist. Wenn man also beim Sozialamt von Klienten spricht, dann kann es sich nur um einen Begriff aus einer anderen Sphäre handeln. Anwälte sprechen von Klienten. Ich bin jedoch im Gespräch mit der Sozialarbeiterin oder -beraterin, übrigens auch ein missbrauchtes Wort, nicht Klient oder Kunde, sondern ich selbst. Es gibt keinen Gegenstand, über den verhandelt wird, sondern als deutlicher Unterschied von Sachgeschäften mich als Person. Es kommt sehr auf meine Person an, denn mein Alter, mein Beruf, mein Lebensplan, meine familiäre Umgebung und noch anderes mehr sind nicht verhandelbar. Jemand nicht einverstanden?

    Begriffe, Worte sind mir wichtig. Man kann zum Beispiel nicht jemanden beraten. Das ist unsinnig. Menschen beraten etwas. Es wird Rat geschlagen. Den Brauch mit den Handschlägen kennen wir kaum mehr. Der Bundesrat berät ein Geschäft, das liest man noch. Im Ständerat wird über dies und das beraten. Wenn man jemandem etwas rät, dann geht der Sinn schon einen anderen Weg. Ich hoffe, ihr folgt mir noch.

    Jemandem danken; auch Dativ. Jemanden grüssen; Akkusativ. Da sind grundverschiedene Verhältnisse zwischen Menschen. Jemanden sehen, jemandes gedenken, jemandem vertrauen.

    Sozialversicherungsberater. Man kann mit Vertretern von Sozialversicherungen etwas beraten, nicht die Versicherung beraten. Das klingt in meinen Ohren wie braten. Man kann eine Wurst in der Pfanne braten. Haltet mich für verschroben oder rückwärtsgewandt, es macht mir nichts aus. Wer meine Beiträge aufmerksam liest, stellt fest, dass ich praktisch fehlerfrei schreibe und ein feines Gespür für Sinn und Unsinn habe.

    Ja, ich bin frustriert von den Verhältnissen bei der Sozialhilfe, ich fühle mich erniedrigt. Ein ständiger Bevormundungsversuch huscht umher, das Amt will bis zum letzten Franken wissen, wie ich ihn im Portemonnaie umdrehe und wie ich alle meine Franken ausgebe. Das ist dermassen entwürdigend, dass ich nie darüber hinwegkommen werde, auch nicht will. Beim Arbeitsamt und beim Sozialamt habe ich so viel Unfähigkeit angetroffen, schon bei den einfachsten Sachen, dass ich diese Möglichkeit, mich auszudrücken, nutze. Ich finde, es kann gar nicht scharf genug gegen die Angriffe auf Selbstbestimmung und Würde vorgegangen werden. Für die meisten Bürger ist der Begriff Menschenwürde in der Verfassung wohl etwas Nebliges. Wenn man aber selber vom ersten Tag an im Kontakt mit dem Sozialamt Erpressung erleben muss, aus allen Ritzen quellendes Misstrauen und destruktive Forderungen, dann spürt man sogleich, was Würde ist. Oder wäre. Man hat mir Unterzeichnung einer Vollmacht abverlangt, damit die Krankenkassenbeiträge vom Amt für Sozialbeiträge ans Sozialamt übernommen werden können. Man hat mich nicht um mein Einverständnis gebeten, man hat nicht gefragt. Man hat gesagt: Das machen mir mit allen so. Versteht ihr mich?

    Das mit Demokratie und Rechtsstaat zieht bei mir nicht. Demokratie, das nur nebenbei, ist eine Staatsform und hat mit dem Verhältnis Staat-Bürger im Einzelfall nichts zu tun. Bleibt der Rechtsstaat. Genau, das sollten wir haben, doch seine Rechte und Pflichten kann nicht jeder wahrnehmen. Richtig, es ist manchmal so, dass man seinen Pflichten nicht nachkommen kann, auch wenn man will. Schadenminderungspflicht ist für mich Thema, doch mich eine neue Selbständigkeit aufnehmen lassen, um von der Sozialhilfe wegzukommen — man ist grundlos dagegen. Mein Recht? Wie soll ich einen Anwalt beauftragen ohne das nötige Geld? Ob mir ein Anwalt vom Staat kostenlos gestellt wird, liegt in der Gunst, die ich bei Unbekannt finden mag. Das ist eines Rechtsstaats nicht würdig, Sozialversicherungsberater. Wenn jemand existenziell vom Staate abhängt, dann darf das Verfassen eines Rekurses gegen einschneidende Verfügungen doch nicht zu Ungunsten des Abhängigen aufs Spiel gesetzt werden. Ohne juristische Kenntnisse bin ich mehr oder weniger chancenlos dem Apparat gegenüber. Mit einem Rekurs begebe ich mich in die Verwaltungsrechtspflege, ein Minenfeld. Vom Militär her kenne ich mich zufällig bei Personen- und Panzerminen aus. Es werden Auslösedrähte gespannt, die Springmine zum Beispiel, sie heisst so, weil sie bei Auslösung auf Hüfthöhe springt, zerfetzt dich zu Hack. Beschwerderecht, das überlebt man nur mit stärkster Panzerung. Ist je ein Sozialhilfeklient schon auf dem Beschwerdeweg vollumfänglich zu seinem Recht gekommen? Ich wage es zu bezweifeln.

    Wie kann man als Sozialversicherungsmensch von Kunden reden?

    Kundschaft ist ein Begriff aus dem Handel, wo es um Sachgeschäfte geht.

    Sozialversicherungen hingegen haben mit Existenz, Familie, Kindern, Gesundheit, Berufen und Fähigkeiten zu tun.

    Man ist als Mensch am Verhandeln, beim Sozialamt fast nackt und rechtlos.

    Kunden können anonym auftreten. Beim Kauf von Frikadellen braucht man seinen Namen nicht zu sagen.

    Ich muss dieser respektlosen Benennung etwas entgegenhalten. Wenn ich beim Sozialamt Kunde sein soll, dann sind die Leute vom Sozialamt für mich Verkäufer.

    Mit den Stellenvermittlern habe ich auch meine Mühe. Randstad hat mich schon eineinhalb Stunden Eisenbahn fahren lassen, um mir bei der Vorstellung zu eröffnen, die Stelle wäre vergeben. Ich habe später erfahren, dass man das bereits am Vortag wusste. Manpower kaum besser

    Bei diesen Firmen werden Leute beschäftigt, die kaum ihre Namen richtig schreiben können. Was ich an Stellenanzeigen so lese, spottet jeder Beschreibung, das strotzt manchmal nur so von Rechtschreibfehlern. Es tröstet leider auch nicht, auf Webseiten von Firmen orthografische Unfälle anzutreffen. Dann die E-Mails, auf der Grenze zur Unbrauchbarkeit.

    Mein Lebenslauf wird nicht gelesen. Wenn jemand liest, dann oberflächlich. Nur wenige Menschen in der Branche bringen die Energie auf, in Ruhe sich einen Reim auf meine Angaben zu machen. Ich kann ja nicht hinschreiben: Seit November 2014 werde ich von der Sozialhilfe unterstützt, doch das braucht Sie nicht zu kümmern, ich bin immer noch gleich gut im Beruf wie davor.

    Heute ist etwas Eigenartiges geschehen. Jemand von einer Stellenvermittlung ruft mich aufs Handy an und bittet mich, die Webseite einer Firma anzuschauen und ihm in einem E-Mail meinen Eindruck davon zu schildern. Eigentlich gehört so etwas ja zu seinen Aufgaben, doch ich habe die Möglichkeit wahrgenommen, ein Mal etwas in die andere Richtung fliessen zu lassen. Die Offenheit schätze ich trotz der Gefahr.

    Ich habe die Tempibuden, wie wir damals sagten, in den 1980er Jahren erlebt. Bei der Ideal Job zum Beispiel, die gibt es nicht mehr, war Frau Sommer. Bei ihr konnte ich am Vormittag vorbeigehen, sie hat mich und viele andere gekannt, und beim Hereinschauen hat sie entweder den Kopf geschüttelt, sie war die meiste Zeit am Telefon, oder einen hereingewinkt. Dann ging es meistens am nächsten Montag ab irgendwo hin, wo man sich bis Mittwochmittag entschied, ob man noch länger bleiben wolle oder nicht. Bis dann konntest du anrufen und durchgeben, dass am Freitag Schluss sei, die Kündigungsfrist beträgt ja zwei Tage. Ich habe quer durch alle Branchen temperiert, auf Banken, die konnten nicht genug Leute bekommen, in der Industrie, was weiss ich noch.

    Die Schweiz ist ein Geldland. Wer kein Geld hat, wird verhöhnt. Das macht mir am meisten zu schaffen, die Schäbigkeit und asoziale Haltung aller, vom Kollegen über den ersten Vorgesetzten bis ganz hinauf zu Leuten, die es nicht nötig haben, auf andere zu spucken, aber alle in etwas stärkerer Position tun es. Bei den Behörden wird’s besonders eklig. Als Sozialhilfeempfänger bist du die schwächere Partei. Das nutzt man kalt aus. Es ist sogar so, dass es den Leitern der Sozialbehörden furzschnurzpiepegal ist, was „unten herum“ vor sich geht. In dem Kanton, wo ich wohne, ist Borniertheit chic.

    Die Diskussionen um 1:12, Mindestlohn oder Grundeinkommen werden zwar geführt, sind aber völlig chancenlos im aktuellen politischen Klima des Landes.



    Ich bin der Meinung, die Schweiz habe keine Politik. Sie ist ein Geldland, das Geldland par excellence. Es geht nur um Geld, die Politik ist Folklore wie alles andere, das diesen internationalen Tresor etwas cachiert. Die Kreditanstalt beispielsweise, heute Crédit Suisse, war ja für den Aufbau der Eisenbahn eingerichtet worden. Mit dem Bankgesetz von 1934 sind die letzten Nägel in den Sarg geschlagen worden, seither sind die Banken und das Geld in der Schweiz geheiligt.

    Es verwundert mich nicht, geht mir aber dennoch an die Substanz, wie ich beim RAV behandelt werde.

    Nach der Anmeldung, dort gleich ein Ton, den ich auf dem Spielplatz höre, wenn Fremde mit Kleinkindern sprechen, schickt man mir eine Einladung zum ersten Beratungsgespräch zu, die verbindlich ist, wie auf dem Amtspapier steht. Man schreibt nicht mehr Vorladung. Ich erscheine fünf Minuten vor Termin und melde mich mit Knopfdruck an. Man lässt mich grundlos und ohne im Gespräch ein Wort darüber zu verlieren, zehn Minuten warten. Auf dem Stuhle sitzend wieder der Kindergartensound. Es steht schlecht ums RAV, das bestätige ich.

    Als Stellenloser gehört man zu den Schwachen. Ich bin 52, habe einen Beruf mit EFZ, einen anderen ungeschützten Beruf und einige Fähigkeiten, von denen ich immer deutlicher feststellen muss, dass sie im Berufsalltag nicht erwünscht sind, ja richtig stören. So war es auch zum Konflikt mit dem direkten Vorgesetzten und letztlich mit den Produktionsleiter gekommen. Es durfte nicht sein, dass der Frischling Fehler findet, auf Mängel aufmerksam macht, Probleme anspricht und sogar bessere Berufsarbeit leistet als die Altgedienten. Abgesehen davon, dass aus Behältern in der Maschinenhalle krebserregendes Benzol verdunstet, nicht Benzin, wie jemand von der Geschäftsleitung meinte, habe ich fachlich nicht bloss Schwaches, sondern schlicht Falsches gefunden. Ringsum haben sich Kollegen und Vorgesetzte den Kopf darüber zerbrochen, warum etwas nicht so läuft, wie es sollte, und gleichzeitig alle meine Verbesserungsvorschläge in den Wind geschlagen. Ich produzierte stundenlang Ausschuss, rief auf Grund totaler Bevormundung natürlich erst den Gruppenleiter, wie es da heisst, und erhielt die Anweisung, einfach weiter zu machen, so gut es gehe. Dass man ohne Ausschuss und erst noch schneller produzieren könnte, wollten sie nicht hören. So viel Borniertheit in einer Firma habe ich noch nie angetroffen.

    Ich habe Verständnis für bestimmte Dinge bei den Arbeitsämtern. Es gibt Missbrauch, es gibt Stellenlose, die keinen Antrieb haben. Bei mir scheint es so zu sein, und ich will gewiss nicht überheblich wirken, dass ich zu gut (ausgebildet) bin für dieses Land. Damit kann man beim RAV überhaupt nichts anfangen, mit denen, die das System ausspuckt, mit eigenverantwortlichen, selbständig denkenden, schnellen und aufmerksamen Arbeitern. Die schweizerische Hölle der Arbeitswelt funktioniert mit Lügen. Es ist durch und durch verlogen. Teamfähig zum Beispiel bedeutet gehorsam. Es kann nicht anders sein, wenn in Stellenanzeigen nebeneinander die Begriffe Selbständigkeit und Teamfähigkeit stehen. Die Human-Resources-Leute sind allesamt unaufrichtig. Die Stelle, aus der man mich nach zwei Monaten herauskatapultierte, wäre exakt umschrieben mit: Gesucht ein Dummkopf, der gerade genug Fachkenntnisse mitbringt, 40 Stunden in der Woche zu produzieren, sich schweigsam unterordnet und auftretende Schwierigkeiten wegzaubert. So ist mir der Produktionsleiter anfänglich als dynamischer Typ vorgekommen, als handelndes Bindeglied zwischen Geschäftsleitung und Arbeitern. Mit der Zeit hat sich allerdings die Wahrheit gezeigt, und zwar dass da ein chaotischer Aktivist dauernd seine Runden dreht.

    Jetzt sind es schon so viele Zeilen geworden. Nur noch dieses: Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken. Ich kenne den Chef des Arbeitsamtes in meinem Kanton. Der würde sich nie auch nur eine halbe Stunde mit einem Arbeitslosen an einen Tisch setzen. Die Verachtung für die vielen Dummköpfe, die den Apparat am Laufen halten, kommt von denjenigen, die gerne im weissen Hemd umhergockeln und sich sicher nie die Hände schmutzig machen. Dazu gehören immer mehr. Sie streifen ihre Schuhe an uns ab, wo sie nur können. Sie können eben nichts anderes.